PRESSEKONFEFENZ MIT DEM HEILIGEN VATER
AUF DEM RÜCKFLUG NACH ROM
Dienstag, 2. Dezember 2025
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Matteo Bruni
Guten Morgen, Heiligkeit, guten Morgen allerseits!
Vielen Dank, dass Sie für eine Begegnung mit Ihnen hier nach hinten gekommen sind. Vielen Dank für diese Tage, in denen wir Ihre Reise durch die beiden Länder, die Sie besucht haben, verfolgen durften. Zu diesem letztgenannten Land, dem Libanon, gibt es einige Fragen von Journalisten, aber zuvor möchte ich noch etwas sagen. Es gibt eine Journalistin, die viele Jahre lang über den Heiligen Stuhl, den Vatikan und den Papst berichtet hat und die im Dezember in den Ruhestand geht: Cindy Wooden, die für CNS arbeitet. Die Zusammenarbeit war all die Jahre über wertvoll und freundschaftlich.
Was nun die Fragen angeht, so kommt die erste von einem libanesischen Journalisten, wenn Sie nicht vorher ein paar Worte sagen möchten...
Papst Leo XIV.
Nur ein Wort. Guten Tag allerseits! Zunächst einmal möchte ich Ihnen allen danken, die Sie hart gearbeitet haben, und ich möchte Sie bitten, diesen Dank auch an die anderen Journalisten in der Türkei und im Libanon weiterzugeben, an die vielen, die daran gearbeitet haben, die wichtigen Botschaften dieser Reise zu vermitteln. Also, vielen Dank, auch Sie alle verdienen einen großen Applaus für Ihre Arbeit. Danke, danke!
Matteo Bruni
Die erste Frage kommt von Joseph Farchakh vom libanesischen öffentlichen Fernsehen (LBC International).
Joseph Farchakh – Libanesisches öffentliches Fernsehen (LBC International)
Zunächst einmal vielen Dank, dass Sie uns als einzigem libanesischen Medienunternehmen die Gelegenheit gegeben haben, Sie auf Ihrer ersten Auslandsreise zu begleiten. Bevor ich meine Frage stelle, möchte ich Ihnen ein Geschenk der LBCI-Familie überreichen. Es wurde live im Fernsehen gezeichnet, während Sie von einer Station zur nächsten gereist sind. Das sind Sie, und das sind die verschiedenen Stationen. Sie sehen die Muttergottes vom Libanon, den heiligen Charbel, den Hafen von Beirut, jede Station, jede bemerkenswerte Station.
Wir danken Ihnen wirklich sehr, dass Sie uns diese Gelegenheit geschenkt haben. Auf der Rückseite finden Sie eine herzliche Danksagung unseres Vorstandsvorsitzenden und seiner Frau – Pierre und Randa Daher. Sie sind wirklich dankbar für diese Gelegenheit. Es wurde live im Fernsehen gemalt, während Sie von einer Station zur nächsten fuhren.
Zurück zu meiner Frage, Eure Heiligkeit. Sie sind ein amerikanischer Papst, der einen Friedensprozess anführt; Sie sind auf einer Friedensmission in der Region. Meine Frage lautet: Werden Sie Ihre Verbindungen zu Präsident Donald Trump und Premierminister Benjamin Netanjahu nutzen, und Sie haben zuvor im Flugzeug gesagt, dass der Vatikan auch ein Freund Israels ist? Werden Sie die Notwendigkeit ansprechen, die israelischen Aggressionen gegen den Libanon zu beenden? Ist ein nachhaltiger Frieden in der Region erreichbar?
Papst Leo XIV.
Zunächst einmal glaube ich, dass nachhaltiger Frieden erreichbar ist. Ich denke, wenn wir über Hoffnung und Frieden sprechen und in die Zukunft blicken, tun wir dies, weil ich glaube, dass es möglich ist, dass wieder Frieden in die Region und in Ihr Land, den Libanon, einkehrt. Tatsächlich habe ich bereits in sehr geringem Umfang ein paar Gespräche mit einigen der Spitzenpolitiker der von Ihnen erwähnten Länder aufgenommen, und ich beabsichtige, dies persönlich oder über den Heiligen Stuhl fortzusetzen; denn Tatsache ist, dass wir mit den meisten Ländern der Region diplomatische Beziehungen unterhalten, und es wäre sicherlich unsere Hoffnung, den Aufruf zum Frieden, von dem ich am Ende der heutigen Messe gesprochen habe, weiter zu erheben.
Matteo Bruni
Vielen Dank, Eure Heiligkeit. Die nächste Frage kommt von Imad Atrach von Sky News Arabia.
Imad Atrach – Sky News Arabia
Eure Heiligkeit, ich bin Libanese und spreche daher auf Italienisch, wenn Sie gestatten. Eure Heiligkeit, in Ihrer letzten Rede, die ich für sehr wichtig halte, gab es eine klare Botschaft an die libanesischen Politiker, zu verhandeln. Also zu verhandeln, in den Dialog zu treten, aufzubauen. Wird der Vatikan in dieser Hinsicht etwas Konkretes unternehmen? Gestern Abend haben Sie dann auch einen schiitischen Vertreter getroffen. Vor Ihrer Reise hatte die Hisbollah Ihnen eine Botschaft geschickt: Ich weiß nicht, ob Sie diese erhalten und gelesen haben, und was Sie uns dazu sagen können. Ich danke Ihnen vielmals für Ihren Besuch im Libanon, der für uns ein Traum war.
Papst Leo XIV.
Gut, danke. Das ist ein Aspekt dieser Reise, der, sagen wir, nicht der Hauptgrund war, denn die Reise selbst entstand aus ökumenischen Überlegungen heraus, mit dem Thema von Nizäa, dem Treffen mit den katholischen und orthodoxen Patriarchen und der Suche nach Einheit in der Kirche. Aber tatsächlich hatte ich während dieser Reise auch persönliche Treffen mit Vertretern verschiedener Gruppen, die in Wirklichkeit politische Autoritäten repräsentieren, Personen oder Gruppen, die auch etwas mit den internen oder sogar internationalen Konflikten in der Region zu tun haben. Unsere Arbeit ist in erster Linie keine öffentliche Angelegenheit, die wir auf der Straße verkünden, sondern sie findet eher „hinter den Kulissen“ statt. Es ist etwas, das wir bereits getan haben und auch weiterhin tun werden, um sozusagen die Parteien davon zu überzeugen, die Waffen niederzulegen, die Gewalt zu beenden und sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Wir suchen nach Antworten und Lösungen, die nicht gewalttätig sind, aber wirksamer und besser für die Menschen sein können.
Imad Atrach – Sky News Arabia
Haben Sie die Botschaft der Hisbollah gesehen?
Papst Leo XIV.
Ja, ich habe sie gesehen. Natürlich gibt es seitens der Kirche das Anliegen, dass sie die Waffen niederlegen und wir den Dialog suchen. Aber mehr möchte ich dazu in diesem Zusammenhang nicht sagen.
Matteo Bruni
Danke, Eure Heiligkeit. Die nächste Frage kommt von Cindy Wooden von CNS (Catholic News Service)
Cindy Wooden – CNS
Heiliger Vater, Sie sagten vor einigen Monaten, dass es eine Lernkurve gibt, um Papst zu sein. Als Sie gestern in Harissa ankamen und so herzlich empfangen wurden, sah es so aus, als hätten Sie „Wow“ gesagt. Können Sie uns sagen, was Sie lernen? Was ist für Sie das Schwierigste daran, Papst zu sein? Und Sie haben uns auch noch nichts darüber erzählt, wie es sich im Konklave angefühlt hat, als klar wurde, was passieren würde. Können Sie uns ein wenig darüber erzählen?
Papst Leo XIV.
Nun, meine erste Bemerkung wäre, dass auch ich vor ein oder zwei Jahren darüber nachgedacht habe, mich eines Tages zur Ruhe zu setzen. Sie haben dieses Geschenk offenbar erhalten. Einige von uns werden weiterarbeiten.
Was das Konklave selbst angeht, so halte ich mich strikt an die Geheimhaltungspflicht, auch wenn ich weiß, dass es öffentliche Interviews gab, in denen einige Dinge preisgegeben wurden. Am Tag vor meiner Wahl sagte ich zu einer Reporterin, die mich auf der Straße angesprochen hatte, als ich gerade zum Mittagessen zu den Augustinern gegenüber gehen wollte: „Was denken Sie? Sie sind einer der Kandidaten geworden!“ Und ich antwortete einfach: „Alles liegt in Gottes Hand.“ Und daran glaube ich fest. Einer von Ihnen – es ist ein deutscher Journalist hier, der neulich zu mir sagte: Nennen Sie mir ein Buch, abgesehen von Augustinus, das wir lesen könnten, um zu verstehen, wer Prevost ist. Mir sind mehrere eingefallen, aber eines davon ist ein Buch mit dem Titel »Die Übung, in Gottes Gegenwart zu sein». Es ist ein sehr einfaches Buch, geschrieben von jemandem, der nicht einmal seinen Nachnamen angibt, Bruder Lorenz. Ich habe es vor vielen Jahren gelesen.
Aber es beschreibt, wenn man so will, eine Art von Gebet und Spiritualität, bei der man einfach sein Leben dem Herrn übergibt und sich vom Herrn führen lässt. Wenn Sie etwas über mich wissen möchten, dann ist das seit vielen Jahren meine Spiritualität. Inmitten großer Herausforderungen, während ich in Peru in Jahren des Terrorismus lebte und an Orten zu dienen berufen wurde, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich dort einmal hinberufen würde. Ich vertraue auf Gott, und diese Botschaft teile ich mit allen Menschen. Wie war es also? Ich habe mich mit der Situation abgefunden, als ich sah, wie sich die Dinge entwickelten, und ich sagte mir, dass dies Wirklichkeit werden könnte. Ich holte tief Luft und sagte: „Los geht’s, Herr, du hast das Sagen, und du weist mir den Weg.“
Cindy Wooden wiederholt den ersten Teil ihrer Frage.
Papst Leo XIV.
Ich weiß nicht, ob ich gestern Abend „Wow“ gesagt habe. In dem Sinne, dass mein Gesicht sehr ausdrucksstark ist – aber ich finde es oft amüsant, wie Journalisten mein Gesicht interpretieren. Im Ernst, ich finde das interessant. Manchmal bekomme ich wirklich großartige Ideen von euch allen, weil ihr glaubt, meine Gedanken oder mein Gesicht lesen zu können. Aber das ist nicht der Fall – ihr habt nicht immer recht.
Ich war beim Jubiläum der Jugend, wo über eine Million junge Menschen waren. Gestern Abend war es eine kleine Menschenmenge. Für mich ist das immer wieder wunderbar. Ich denke mir, dass diese Menschen hier sind, weil sie den Papst sehen wollen, aber ich sage mir, dass sie hier sind, weil sie Jesus Christus sehen wollen, und sie wollen einen Botschafter des Friedens sehen, in diesem Fall ganz besonders. Ihrer Begeisterung zuzuhören und ihre Reaktion auf diese Botschaft zu hören, ist etwas, das ich für beeindruckend halte – diese Begeisterung ist ehrfurchtgebietend. Ich hoffe nur, dass ich nie müde werde, all das zu wertschätzen, was diese jungen Menschen zeigen.
Matteo Bruni
Danke, Eure Heiligkeit. Die nächste Frage stammt von Gian Guido Vecchi, Corriere della Sera
Gian Guido Vecchi – Corriere della Sera
Es sind Stunden großer Spannung zwischen der NATO und Russland, man spricht von einem hybriden Krieg, der Aussicht auf Cyberangriffe und ähnlichen Dingen. Sehen Sie die Gefahr einer Eskalation, d. h. eines Konflikts, der mit neuen Mitteln geführt wird, wie von der NATO-Führung angeprangert? Und kann es in diesem Klima Verhandlungen für einen gerechten Frieden geben, ohne Europa, das in den letzten Monaten systematisch von der amerikanischen Regierung ausgeschlossen wurde?
Papst Leo XIV.
Dies ist offensichtlich ein wichtiges Thema für den Weltfrieden, aber der Heilige Stuhl ist nicht direkt daran beteiligt, da wir kein Mitglied der NATO sind und bisher an keinen Gesprächen teilgenommen haben. Auch wenn wir oft zu einem Waffenstillstand, zu Gesprächen statt zu Krieg aufgerufen haben. Es ist nun ein Krieg mit vielen Aspekten, auch der Zunahme an Waffen, der ganzen Produktion, die erfolgt, der Cyberangriffe, der Energie. Jetzt, wo der Winter kommt, gibt es dort auch ein sehr ernstes Thema. Es ist offensichtlich, dass der Präsident der Vereinigten Staaten einerseits glaubt, einen Friedensplan vorantreiben zu können, den er umsetzen möchte und der zumindest zunächst ohne Europa zustande gekommen ist. Aber die Präsenz Europas ist in Wirklichkeit wichtig, und dieser erste Vorschlag wurde auch aufgrund dessen geändert, was Europa zu sagen hatte. Ich denke insbesondere, dass die Rolle Italiens sehr wichtig sein könnte. Genauer gesagt, in kultureller und historischer Hinsicht aufgrund der Fähigkeit Italiens, in einem Konflikt zwischen verschiedenen Parteien als Vermittler zu fungieren. Dazu gehören natürlich die Ukraine, Russland, die Vereinigten Staaten... In diesem Sinne könnte ich vorschlagen, dass der Heilige Stuhl diese Art der Vermittlung ebenfalls unterstützt und dass wir gemeinsam nach einer Lösung suchen, die wirklich Frieden bringen könnte, einen gerechten Frieden, in diesem Fall in der Ukraine. Danke!
Matteo Bruni
Danke, Eure Heiligkeit! Die nächste Frage kommt von Elisabetta Piqué von La Nación, die ebenfalls hier vorne sitzt.
Elisabetta Piqué – La Nación
Vielen Dank, Heiliger Vater, vor allem für diese erste Auslandsreise. Nun, die Flagge des Libanon hat dieselben Farben wie die Flagge Perus: Ist das ein Zeichen dafür, dass Sie diese Reise nach Lateinamerika unternehmen werden, theoretisch in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres, zusammen mit Argentinien und Uruguay, die noch ausstehen? Spaß beiseite, wir wollten Sie fragen, welche Reisen Sie tatsächlich für das nächste Jahr planen. Und dann, wenn wir von Lateinamerika sprechen, gibt es größte Besorgnis, es herrscht sehr große Spannung wegen der Ereignisse in Venezuela. Präsident Trump hat Maduro ein Ultimatum gestellt, damit er geht, damit er die Macht abgibt, und er droht, ihn mit einer Militäroperation zu stürzen. Wir wollten Sie fragen, was Sie darüber denken? Danke.
Papst Leo XIV.
Was die Reisen angeht, so ist noch nichts sicher. Ich hoffe, eine Reise nach Afrika zu unternehmen. Das wäre möglicherweise die nächste Reise.
Elisabetta Piqué
Wohin?
Papst Leo XIV.
Afrika, Afrika. Ich persönlich hoffe, nach Algerien zu reisen, um die Stätten des Lebens des heiligen Augustinus zu besuchen, aber auch, um den Dialog fortzusetzen und Brücken zwischen der christlichen und der muslimischen Welt zu bauen. Bereits in der Vergangenheit hatte ich in einer anderen Funktion die Gelegenheit, genau über dieses Thema zu sprechen. Es ist interessant: Die Figur des heiligen Augustinus ist dabei sehr hilfreich, da er in Algerien als Sohn des Vaterlandes sehr respektiert wird. Das ist eines. Wir arbeiten noch an einigen anderen Ländern. Natürlich würde ich sehr gerne Lateinamerika besuchen, Argentinien und Uruguay, die auf den Besuch des Papstes warten. Peru... ich denke, dass sie mich auch empfangen werden! Und wenn ich dann nach Peru reise, auch in viele Nachbarländer... Aber das Projekt, das Projekt ist noch nicht endgültig festgelegt...
Elisabetta Piqué
26 oder 27?
Papst Leo XIV.
26 oder 27, wir werden sehen.
Elisabetta Piqué
Danke.
Papst Leo XIV.
Was Venezuela betrifft, suchen wir auf Ebene der Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Nuntius nach Wegen, um die Lage zu beruhigen und vor allem das Wohl des Volkes zu verfolgen, denn oft ist es die Bevölkerung, die unter solchen Situationen leidet, nicht die Obrigkeit. Die Stimmen aus den Vereinigten Staaten ändern sich, und manchmal muss man abwarten. Einerseits scheint es ein Telefongespräch zwischen den beiden Präsidenten gegeben zu haben. Andererseits besteht die Gefahr, dass es zu Aktivitäten, ja sogar zu einer Invasion des venezolanischen Territoriums kommen könnte. Ich weiß nicht mehr, ich glaube erneut, dass es besser ist, Wege zum Dialog zu suchen, vielleicht Druck auszuüben, sogar wirtschaftlichen Druck; aber nach einem anderen Weg zu suchen, um eine Veränderung zu erreichen, wenn es das ist, was die Vereinigten Staaten tun wollen.
Matteo Bruni
Danke, Elisabetta. Heiligkeit, die nächste Frage kommt von Mikael Corre von La Croix.
Mikael Corre – La Croix
Guten Tag, Eure Heiligkeit. Vielen Dank für diese sehr interessante Reise. Sie haben gerade davon gesprochen, weiterhin Brücken zwischen verschiedenen Welten zu bauen, und ich möchte Sie dazu etwas fragen. Einige Katholiken in Europa glauben, dass der Islam eine Bedrohung für die christliche Identität des Westens darstellt. Haben sie Recht, und was würden Sie ihnen antworten?
Papst Leo XIV.
Alle Gespräche, die ich während meiner Zeit sowohl in der Türkei als auch im Libanon geführt habe, darunter auch mit vielen Muslimen, konzentrierten sich genau auf das Thema Frieden und Respekt für Menschen unterschiedlicher Religionen. Ich weiß, dass dies in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Ich weiß, dass es in Europa oft Ängste gibt, die jedoch häufig von Menschen geschürt werden, die gegen Einwanderung sind und versuchen, Menschen aus anderen Ländern, anderen Religionen und anderen Ethnien fernzuhalten. In diesem Sinne würde ich sagen, dass wir alle zusammenarbeiten müssen. Einer der Werte dieser Reise besteht gerade darin, die Welt darauf aufmerksam zu machen, dass Dialog und Freundschaft zwischen Muslimen und Christen möglich sind. Ich denke, eine der großen Lektionen, die der Libanon der Welt erteilen kann, besteht gerade darin, ein Land zu zeigen, in dem sowohl der Islam als auch das Christentum präsent sind und respektiert werden und in dem es möglich ist, zusammenzuleben und Freunde zu sein. Geschichten, Berichte und Zeugnisse, die wir gerade in den letzten zwei Tagen gehört haben, von Menschen, die sich gegenseitig helfen. Christen und Muslime, deren beider Dörfer zerstört worden waren, sagten zum Beispiel, dass wir zusammenkommen und zusammenarbeiten können. Ich denke, das sind Lektionen, die auch in Europa oder Nordamerika wichtig wären. Dass wir vielleicht etwas weniger ängstlich sein und nach Wegen suchen sollten, um einen authentischen Dialog und Respekt zu fördern.
Matteo Bruni
Die nächste Frage kommt von der ARD-Radiojournalistin Anna Giordano.
Anna Giordano – ARD Radio
Die Kirche im Libanon wird auch von der deutschen Kirche unterstützt. Es gibt zum Beispiel einige deutsche Hilfsorganisationen, die im Libanon sehr aktiv sind. Aus dieser Perspektive ist es wichtig, dass die deutsche Kirche stark ist. Sie wissen wahrscheinlich, dass es diesen Synodalen Weg gibt, einen Prozess des Wandels in der deutschen Kirche. Glauben Sie, dass dieser Prozess ein Weg sein kann, um die Kirche in Deutschland zu stärken? Oder ist es genau umgekehrt? Und warum?
Papst Leo XIV.
Der Synodale Weg ist kein Alleinstellungsmerkmal Deutschlands, sondern die gesamte Kirche hat in den letzten Jahren eine Synode abgehalten und Synodalität praktiziert. Es gibt einige bedeutende Gemeinsamkeiten, aber auch einige markante Unterschiede zwischen der Weise, wie der Synodale Weg in Deutschland vorangebracht wurde, und der Art, wie er in der Weltkirche wohl fortgesetzt werden wird. Einerseits würde ich sagen, dass es sicherlich Raum für Respekt vor der Inkulturation gibt. Die Tatsache, dass Synodalität an einem Ort auf eine bestimmte Weise gelebt wird und an einem anderen Ort anders, bedeutet nicht, dass es zu einem Bruch oder einer Spaltung kommt. Ich halte es für sehr wichtig, sich daran zu erinnern. Zugleich bin ich mir bewusst, dass viele Katholiken in Deutschland der Meinung sind, dass bestimmte Aspekte des Synodalen Weges, der bisher in Deutschland gegangen wurde, nicht ihre eigene Hoffnung für die Kirche oder ihre eigene Art, die Kirche zu leben, widerspiegeln. Es besteht also Bedarf an weiterem Dialog und Zuhören innerhalb Deutschlands selbst, damit niemandes Stimme ausgeschlossen wird, damit die Stimme der Mächtigeren nicht die Stimme derjenigen übertönt oder erstickt, die vielleicht ebenfalls sehr zahlreich sind, aber keinen Ort haben, an dem sie sich zu Wort melden und ihren eigenen Stimmen und Ausdrucksformen der kirchlichen Teilhabe Gehör verschaffen können. Gleichzeitig hat sich, wie Sie sicher wissen, die Gruppe der deutschen Bischöfe in den letzten Jahren mit einer Gruppe von Kardinälen aus der Römischen Kurie getroffen. Auch dort gibt es einen andauernden Prozess, um zu versuchen und sicherzustellen, dass der deutsche Synodale Weg sich nicht, wenn Sie so wollen, von dem losreißt, was als Weg der universalen Kirche angesehen werden muss. Ich bin sicher, dass dies fortgesetzt wird. Ich vermute, dass es auf beiden Seiten innerhalb Deutschlands einige Anpassungen geben wird, aber ich bin auf jeden Fall zuversichtlich, dass sich die Dinge positiv entwickeln werden.
Matteo Bruni
Danke, Eure Heiligkeit, danke, Anna. Und die letzte Frage, Eure Heiligkeit, kommt von Rita El-Mounayer (Sat-7 International), einer weiteren Journalistin aus dem Libanon.
Rita El-Mounayer – Sat-7 International
Wir sind vier verschiedene christliche Sender, die im Nahen Osten und in Nordafrika ausstrahlen, zwei auf Arabisch, einer auf Farsi und einer auf Türkisch. Zunächst einmal möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie sich Zeit für das libanesische Volk genommen haben. Ich bin selbst ein Kind des Krieges und weiß, wie viel es bedeutet, von Eurer Heiligkeit umarmt zu werden, ein Schulterklopfen zu erhalten und mit den Worten „Alles wird gut“ getröstet zu werden. Was mich beeindruckt hat, ist Ihr Motto, Eure Heiligkeit: „In jenem einen sind wir eins“. Dieses Motto spricht davon, Brücken zwischen verschiedenen christlichen Konfessionen, zwischen Religionen und auch zwischen Nachbarn zu bauen, was manchmal etwas schwierig sein kann.
Meine Frage lautet daher: Welche einzigartige Gabe kann die Kirche im Nahen Osten – mit all ihren Tränen, Wunden, Herausforderungen und ihrer Vergangenheit – aus Ihrer Sicht der Kirche im Westen und der Welt bieten?
Papst Leo XIV.
Lassen Sie mich meiner Antwort vorausschicken, dass Menschen, die in einer sehr individualistischen Gesellschaft aufgewachsen sind – junge Menschen, die aufgrund von COVID einen Großteil ihrer Zeit während der Pandemie zu Hause verbracht haben und deren persönliche Beziehungen oft sehr eingeschränkt sind, da sie nur über Computerbildschirme oder Smartphones gepflegt werden –, manchmal fragen: „Warum sollten wir eins sein wollen? Ich bin ein Individuum und andere interessieren mich nicht.“ Und ich denke, dass es hier eine sehr wichtige Botschaft an alle Menschen gibt, nämlich dass Einheit, Freundschaft, menschliche Beziehungen und Gemeinschaft äußerst wichtig und wertvoll sind. Allein schon das von Ihnen erwähnte Beispiel einer Person, die einen Krieg erlebt hat oder gelitten hat und unter Schmerzen leidet, zeigt, was eine Umarmung für sie bedeuten kann. Was diese sehr menschliche, echte und gesunde Form der Fürsorge bewirken kann, um das Herz eines anderen Menschen zu heilen. Auf persönlicher Ebene kann das, wenn man so will, zu einer gemeinsamen Ebene werden, einer Gemeinschaftsebene, die uns alle verbindet und uns hilft zu verstehen, dass gegenseitiger Respekt weit über „Du hältst Abstand, ich bleibe hier, und du bleibst dort, und wir interagieren nicht miteinander“ hinausgeht. Es bedeutet vielmehr, Beziehungen aufzubauen, die alle Menschen bereichern. Mit dieser Botschaft lautet mein Motto natürlich in erster Linie wegen Christus „in illo“ – „in Christus, der eins ist, sind wir alle eins“. Aber es ist nicht nur auf Christen beschränkt, könnte man sagen. Tatsächlich ist es eine Einladung an uns alle und an andere zu sagen: je mehr wir echte Einheit und Verständnis, Respekt und menschliche Beziehungen der Freundschaft und des Dialogs in der Welt fördern können, desto größer ist die Möglichkeit, dass wir die Waffen des Krieges beiseitelegen, dass wir das Misstrauen, den Hass und die Feindseligkeit, die so oft aufgebaut wurden, hinter uns lassen und dass wir Wege finden, zusammenzukommen und echten Frieden und Gerechtigkeit in der ganzen Welt zu fördern.
Matteo Bruni
Danke, Eure Heiligkeit, danke für diese Antwort und für Ihre Antworten. Danke für Ihre Verfügbarkeit während dieser Reise.
Papst Leo XIV.
Allen eine gute Reise und danke an euch!
Matteo Bruni
Danke!
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