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APOSTOLISCHES SCHREIBEN
IN FORM EINES «MOTU PROPRIO»

DES HEILIGEN VATERS
FRANZISKUS

MITIS IUDEX DOMINUS IESUS - DER MILDE RICHTER HERR JESUS
 

ÜBER DIE REFORM DES KANONISCHEN VERFAHRENS FÜR EHENICHTIGKEITSERKLÄRUNGEN IM CODEX DES KANONISCHEN RECHTES (15. AUGUST 2015)

 

 

Der milde Richter Herr Jesus, Hirte unserer Seelen, hat dem Apostel Petrus und seinen Nachfolgern die Schlüsselgewalt anvertraut, um in der Kirche das Werk der Gerechtigkeit und der Wahrheit erfüllen zu können; diese höchste und universale Gewalt, hier auf Erden zu binden und zu lösen, sichert, stärkt und verteidigt jene der Hirten in den Teilkirchen, kraft derer sie das heilige Recht und vor dem Herrn die Pflicht haben, für ihre Untergebenen Urteile zu fällen.[1]

Im Laufe der Jahrhunderte hat die Kirche hinsichtlich der Ehe ein klareres Bewusstsein der Worte Christi erlangt, und so die Lehre der Unauflöslichkeit des heiligen Ehebandes tiefer verstanden und dargelegt sowie das System der Nichtigkeiten des Ehekonsenses entwickelt und den diesbezüglichen Gerichtsprozess angemessener geregelt, damit die kirchliche Disziplin immer mehr mit der Wahrheit des bekannten Glaubens übereinstimme.

Dies alles wurde immer unter Beachtung des obersten Gesetzes des Heiles der Seelen durchgeführt,[2] weil die Kirche ein göttlicher Plan der Dreifaltigkeit ist, wie der selige Papst Paul VI. weise lehrte, weshalb alle ihre Institutionen – auch wenn sie immer verbesserbar bleiben – dem Ziel zustreben müssen, die göttliche Gnade zu vermitteln und gemäß den Gaben und der Sendung eines jeden das Wohl der Gläubigen beständig zu fördern; dies ist nämlich wesentliches Ziel der Kirche.[3]

Dessen eingedenk haben Wir angeordnet, die Reform der Ehenichtigkeitsverfahren in Angriff zu nehmen. Zu diesem Zweck haben Wir einen Kreis von Personen zusammengeführt, die sich durch die Kenntnis des Rechts, pastorale Klugheit und gerichtliche Praxis auszeichnen und die unter Anleitung Seiner Exzellenz, des Dekans der Rota Romana, unter sicherer Wahrung des Prinzips der Unauflöslichkeit des Ehebandes ein Reformprojekt entwerfen sollten. Nach eifriger Arbeit hat dieser Kreis in kurzer Zeit den Entwurf eines derartigen neuen Prozessrechtes erarbeitet, das nach ausgewogener Beurteilung und unter Zuhilfenahme weiterer Experten im vorliegenden Schreiben bekannt gemacht wird.

Die Sorge um das Seelenheil, die – heute wie gestern – das oberste Ziel der Institutionen, der Gesetze und des Rechts bleibt, bewegt den Bischof von Rom, den Bischöfen dieses Reformdokument vorzulegen. Sie haben ja mit ihm an der Aufgabe der Kirche teil,nämlich die Einheit im Glauben und in der Disziplin im Hinblick auf die Ehe zu schützen, die Angelpunkt und Ursprung der christlichen Familie ist.Die Dringlichkeit der Reform wird genährt von der sehr großen Zahl von Gläubigen, die wegen physischer oder moralischer Ferne zu oft von den juridischen Strukturen der Kirche abgehalten werden, obwohl sie wünschen, dem eigenen Gewissen zu folgen; die Liebe und die Barmherzigkeit machen es daher erforderlich, dass die Kirche selbst sich als Mutter in die Nähe jener Kinder begibt, die sich als getrennt betrachten.

In diese Richtung gingen auch die Voten der Mehrheit Unserer Brüder im Bischofsamt, die in der jüngsten außerordentlichen Synode vereint waren und schnellere sowie leichter zugängliche Prozesse eingefordert haben.[4] In vollkommener Übereinstimmung mit diesen Wünschen haben Wir entschieden, mit diesem Schreiben Bestimmungen zu erlassen, durch die keinesfalls die Nichtigkeit der Ehen befördert werden soll, sondern die Geschwindigkeit der Prozesse und nicht minder eine gerechte Einfachheit, damit nicht wegen der verspäteten Urteilsfindung das Herz der Gläubigen, welche die Klärung des eigenen Standes erwarten, lange von den Dunkeln des Zweifels bedrückt werden.

Wir tun dies, indem Wir den Spuren Unserer Vorgänger folgen,die gewollt haben, dass die Ehenichtigkeitsverfahrenauf dem Gerichtsweg und nicht auf dem Verwaltungsweg durchgeführt werden sollen. Nicht, weil dies von der Natur der Sache her erforderlich wäre, sondern vielmehr weil die Notwendigkeit des größtmöglichen Schutzes der Wahrheit des heiligen Bandes dies fordert: und genau das wird durch die Garantien der Gerichtsordnung sichergestellt.

Einige fundamentale Kriterien, welche das Reformwerk geleitet haben, sind hervorzuheben.

I. – Ein einziges, rechtskräftiges Urteil hinsichtlich der Nichtigkeit. – Zunächst wird festgelegt, dass für die Ehenichtigkeit nicht mehr länger eine doppelte, übereinstimmende Entscheidung erforderlich ist, damit die Parteien zu einer neuen kirchlichen Eheschließung zugelassen werden, sondern dass dafür die vom ersten Richter gemäß Rechtsnorm erreichte moralische Gewissheit genügt.

II. – Der Einzelrichter unter der Verantwortung des Bischofs. – Die Einsetzung des Einzelrichters, der in jedem Falle Kleriker ist, wird für die erste Instanz der Verantwortung des Bischofs übertragen, der bei der pastoralen Ausübung der eigenen richterlichen Gewalt sicherstellen muss, dass man in keinerlei Laxismus verfalle.

III. – Der Bischof selbst ist Richter. – Damit in diesem Aufgabenfeld mit großer Bedeutung endlich die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils in die Praxis umgesetzt werden kann, wird mit Klarheit festgestellt, dass der Bischof selbst in seiner Kirche, für die er zum Hirten und zum Haupt bestellt ist, Richter der ihm anvertrauten Gläubigen ist. Es wird deshalb gewünscht, dass in den großen und kleinen Diözesen der Bischof selbst ein Zeichen für die Neuausrichtung der kirchlichen Strukturen sei[5]und er die richterliche Funktion auf dem Gebiet der Ehen nicht einfachhin den von ihm delegierten Ämtern der Kurie überlässt. Dies möge besonders im kürzeren Prozess Geltung finden, der eingeführt wird, um die eindeutigeren Nichtigkeitsfälle zu lösen.

IV. – Der kürzere Prozess. – Über den nunmehr wieder agileren Ablauf des Eheprozesses hinaus hat man eine kürzere Prozessform entworfen – zusätzlich zu jenem Dokumentenverfahren, wie es derzeit in Geltung ist –, welche  in den Fällen anzuwenden ist, in denen die behauptete Ehenichtigkeit von besonders offenkundigen Argumenten gestützt wird.

Es ist Uns allerdings nicht entgangen, wie sehr ein abgekürztes Verfahren das Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe gefährden könnte; genau deshalb haben Wir gewollt, dass in diesem Prozess der Bischof selbst als Richter tätig werde, der kraft seines Hirtenamtes mit Petrus in besonderer Weise Garant der katholischen Einheit im Glauben und in der Disziplin ist.

V. – Die Berufung beim Sitz des Metropoliten. – Es geziemt sich, dass die Berufung beim Metropolitansitz wieder aufgenommen werde, weil dieses Amt des Hauptes der Kirchenprovinz - feste Einrichtung über Jahrhunderte - ein erkennbares Zeichen der Synodalität in der Kirche ist.

VI. – Die den Bischofskonferenzen eigene Aufgabe. – Die Bischofskonferenzen, die vor allem von der apostolischen Sorge angetrieben sein müssen, die verstreuten Gläubigen zu erreichen, sollen sich deutlich bewusst sein, dass sie die vorgenannte Neuausrichtung zu teilen und das Recht der Bischöfe uneingeschränkt zu respektieren haben, in der eigenen Teilkirche die richterliche Gewalt zu ordnen.

Die Wiederherstellung der Nähe zwischen dem Richter und den Gläubigen wird tatsächlich keinen Erfolg zeitigen,wenn nicht der Ansporn und damit verbunden die Hilfestellung von den Bischofskonferenzen an die einzelnen Bischöfe ergehen würde, um die Reform des Eheprozesses in die Praxis umzusetzen.

Zusammen mit dem Ziel der Nähe des Richters mögen die Bischofskonferenzen unter Wahrung der gerechten und würdigen Vergütung der Gerichtsmitarbeiter so weit wie möglich dafür sorgen, dass die Kostenfreiheit der Verfahren sichergestellt werde und die Kirche als erkennbar großzügige Mutter gegenüber den Gläubigen in einer mit dem Seelenheil derart eng verbundenen Materie die unentgeltliche Liebe Christi sichtbar macht, durch die wir alle erlöst worden sind.

VII. – Die Berufung beim Apostolischen Stuhl. – Die Berufung beim ordentlichen Gericht des Apostolischen Stuhles, d.h. der Rota Romana, soll jedenfalls im Blick auf das älteste Recht beibehalten werden, damit das Band zwischen dem Stuhl des Petrus und den Teilkirchen gestärkt werde. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass bei der Durchführung derselben Berufung jeglicher Rechtsmissbrauch vermieden werde und das Heil der Seelen dadurch keinen Schaden erleidet.

Das Eigenrecht der Rota Romana wird so rasch wie möglich und soweit wie nötig den Regeln des reformierten Prozesses angepasst.

VIII. – Vorkehrungen für die Orientalischen Kirchen. – Schließlich haben Wir unter Berücksichtigung der eigenen charakteristischen Kirchenordnung und Disziplin der Orientalischen Kirchen bestimmt, am selben Tag entsprechende eigenständige Vorschriften zur Erneuerung der Eheprozessordnung für den Codex der Canones der Orientalischen Kirchen herauszugeben.

Nachdem Wir dies alles ausreichend erwogen haben, bestimmen und beschließen Wir, dass das Buch VII des Codex des Kanonischen Rechtes, Teil III, Titel I, Kapitel I über die Ehenichtigkeitsverfahren (cann. 1671 – 1691), ab dem 8. Dezember 2015 wie folgt vollständig ersetzt werde:

Art. 1 – Der zuständige Gerichtshof und die Gerichte

Can. 1671 § 1. Ehesachen der Getauften sind kraft eigenen Rechtes Sache des kirchlichen Richters.

§ 2. Streitfragen hinsichtlich der rein bürgerlichen Wirkungen einer Ehe gehören in die Zuständigkeit der weltlichen Behörde, außer das Partikularrecht bestimmt, dass diese Sachen vom kirchlichen Richter untersucht und entschieden werden können, falls sie auf dem Weg eines Zwischenstreites und neben der Hauptklage zur Behandlung stehen.

Can. 1672. Für Ehenichtigkeitsprozesse, die dem Apostolischen Stuhl nicht vorbehalten sind, sind zuständig:

1° das Gericht des Eheschließungsortes;

2° das Gericht des Wohnsitzes oder des Nebenwohnsitzes einer oder beider Parteien;

3° das Gericht des Ortes, an dem die meisten Beweise tatsächlich zu erheben sind.

Can. 1673 § 1. In jeder Diözese ist Richter der ersten Instanz für alle vom Recht nicht ausdrücklich ausgenommenen Ehenichtigkeitsverfahren der Diözesanbischof, der die richterliche Gewalt gemäß Rechtsvorschrift persönlich oder durch andere ausüben kann.

§ 2. Der Bischof errichtet für seine Diözese ein Diözesangericht für die Ehenichtigkeitsverfahren, wobei demselben Bischof das Recht zusteht, sich an ein anderes diözesanes oder interdiözesanes Gericht in der Nähe zu wenden.

§ 3. Die Ehenichtigkeitsverfahren sind einem Kollegium von drei Richtern vorbehalten. Diesem muss ein Richter, der Kleriker ist, vorstehen, die übrigen Richter können auch Laien sein.

§ 4. Als Moderator soll der Bischof, wenn ein Kollegialgericht in der Diözese oder bei dem gemäß der Vorschrift des § 2 gewählten, nahegelegenen Gericht nicht eingerichtet werden kann, die Fälle einem Einzelrichter, der Kleriker ist, übertragen, der – wo es möglich ist – zwei Beisitzer bewährter Lebensführung, Fachleute in Rechts- oder Humanwissenschaften, hinzuzieht, die vom Bischof für diese Aufgabe zugelassen wurden; demselben Einzelrichter kommen, wenn nichts anderes feststeht, all jene Kompetenzen zu, die einem Kollegium, dem Vorsitzenden oder dem Berichterstatter zugewiesen sind.

§ 5. Der Gerichtshof der zweiten Instanz muss zur Gültigkeit immer kollegial sein, gemäß der Bestimmung des vorangegangenen § 3.

§ 6. Vom Gericht erster Instanz ergeht Berufung an das Metropolitangericht zweiter Instanz, unbeschadet der Vorschriften der cann. 1438 - 1439 und 1444.

Art. 2 – Das Klagerecht bei der Ehe

Can. 1674 § 1. Die Befugnis zur Klage gegen die Gültigkeit der Ehe haben:

1° die Ehegatten;

2° der Kirchenanwalt, wenn die Nichtigkeit einer Ehe bereits bekannt, deren Gültigmachung aber nicht möglich oder nicht zweckmäßig ist.

§ 2. Wenn die Gültigkeit einer Ehe zu Lebzeiten beider Gatten nicht angefochten worden ist, kann sie nach dem Tod eines oder beider Gatten nicht mehr angefochten werden, außer die Frage der Gültigkeit ist zuvor zu entscheiden, damit eine andere Streitfrage vor dem kirchlichen oder weltlichen Gericht gelöst werden kann.

§ 3. Stirbt jedoch ein Gatte während des Verfahrens, so ist nach can. 1518 zu verfahren.

Art. 3 – Einführung und Durchführung der Prozesssache

Can. 1675. Bevor der Richter die Ehesache annimmt, muss er zur Überzeugung gelangt sein, dass die Ehe irreparabel gescheitert ist, sodass das eheliche Zusammenleben nicht wiederhergestellt werden kann.

Can. 1676 § 1. Nach Erhalt der Klageschrift muss der Gerichtsvikar sie, wenn er sie als irgendwie begründet beurteilt, zulassen und, indem er seine Entscheidung am unteren Rand der Klageschrift vermerkt, verfügen, dass eine Abschrift dem Ehebandverteidiger und, falls die Klageschrift nicht von beiden Parteien unterschrieben wurde, der nichtklagenden Partei bekannt gegeben wird, welcher ein Zeitraum von 15 Tagen gegeben wird, ihre Stellungnahme zum Antrag abzugeben.

§ 2. Nach Ablauf der zuvor genannten Frist und nachdem die andere Partei unter Umständen nochmals ermahnt wurde, ihre Meinung kundzutun, hat der Gerichtsvikar, nach Anhörung des Bandverteidigers mit seinem Dekret die Streitpunktformel festzulegen und zu entscheiden, ob die Ehesache durch ordentlichen Prozess oder durch den kürzeren Prozess im Sinne der cann. 1683-1687 zu behandeln ist. Dieses Dekret ist den Parteien und dem Ehebandverteidiger sofort bekannt zu geben.

§ 3. Wenn die Ehesache durch ordentlichen Prozess zu behandeln ist, hat der Gerichtsvikar mit demselben Dekret die Einsetzung des Richterkollegiums oder des Einzelrichters mit zwei Beisitzern gemäß can. 1673 § 4 zu verfügen.

§ 4. Wenn jedoch der kürzere Prozess festgelegt wurde, geht der Gerichtsvikar nach der Vorschrift des can. 1685 vor.

§ 5. Die Streitpunktformel muss festlegen, aus welchem Grund oder welchen Gründen die Gültigkeit der Ehe angefochten wird.

Can. 1677 § 1. Der Bandverteidiger, die Parteibeistände und, wenn beteiligt, der Kirchenanwalt haben das Recht:

1° bei der Vernehmung der Parteien, der Zeugen und der Sachverständigen, unbeschadet der Vorschrift des can. 1559, zugegen zu sein;

2° Gerichtsakten, selbst wenn sie noch nicht offengelegt sind, einzusehen und die von den Parteien vorgelegten Urkunden zu prüfen.

§ 2. Die Parteien dürfen der in § 1, n. 1 genannten Vernehmung nicht beiwohnen.

Can. 1678 § 1. In den Ehenichtigkeitsverfahren können das gerichtliche Geständnis und die Erklärungen der Parteien – möglicherweise gestützt durch Zeugen zur Glaubwürdigkeit derselben Parteien – volle Beweiskraft haben, was vom Richter unter Abwägung aller Indizien und Beweisstützen zu beurteilen ist, sofern nicht andere Elemente hinzukommen, die sie abschwächen.

§ 2. In denselben Verfahren kann die Aussage eines einzigen Zeugen voller Glauben geschenkt werden, wenn es sich um einen qualifizierten Zeugen handelt, der über von ihm amtlich behandelte Dinge aussagt, oder bei dem die sachlichen und persönlichen Umstände dies nahelegen.

§ 3. In Prozessen mit dem Klagegrund des geschlechtlichen Unvermögens oder des Konsensmangels wegen Geisteskrankheit oder der Anomalie psychischer Natur hat sich der Richter der Hilfe eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, sofern dies aufgrund der Umstände nicht offenkundig als zwecklos erscheint; in den sonstigen Verfahren ist die Vorschrift des can. 1574 zu beachten.

§ 4. Ist während des Verfahrens der wohlbegründete Zweifel aufgetaucht, ob die Ehe vollzogen worden ist, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien den Nichtigkeitsprozess aussetzen, die Beweiserhebung in Hinsicht auf die Dispens von der nichtvollzogenen Ehe ergänzen und anschließend die Akten dem Apostolischen Stuhl zuleiten, zusammen mit dem Bittgesuch einer Partei oder beider Parteien um Dispens und mit dem Gutachten des Gerichtes und des Bischofs.

Art. 4 – Das Urteil, seine Anfechtungen und seine Vollstreckung

Can. 1679. Das Urteil, das die Nichtigkeit einer Ehe erstmals festgestellt hat, ist nach Ablauf der in den cann. 1630 – 1633 festgelegten Fristen vollstreckbar.

Can. 1680 § 1. Es bleibt der Partei, die sich beschwert fühlt, und ebenso dem Kirchenanwalt und dem Bandverteidiger unbenommen, nach Maßgabe der cann. 1619-1640 Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung gegen das Urteil einzulegen.

§ 2. Sind die vom Recht für die Berufung und deren Verfolgung festgelegten Fristen abgelaufen und die Gerichtsakten beim Gericht der höheren Instanz eingegangen, ist ein Richterkollegium zu bilden, der Bandverteidiger zu bestellen, und es sind die Parteien aufzufordern, ihre Anmerkungen innerhalb einer gesetzten Frist vorzulegen; nach Ablauf dieser Frist hat das Kollegialgericht, wenn die Berufung offenkundig nur der Verzögerung zu dienen scheint, mit seinem Dekret das Urteil der vorigen Instanz zu bestätigen.

§ 3. Wenn die Berufung zugelassen ist, ist in sinngemäßer Anwendung des Verfahrens der ersten Instanz vorzugehen.

§ 4. Wenn in der Berufungsinstanz ein neuer Ehenichtigkeitsgrund vorgebracht wird, kann ihn das Gericht als erstinstanzlich zulassen und darüber entscheiden.

Can. 1681. Wenn ein vollstreckbares Urteil ergangen ist, kann jederzeit das Gericht dritter Instanz zum Zweck der Wiederaufnahme des Verfahrens nach Maßgabe des can. 1644 angerufen werden, wobei innerhalb der Ausschlussfrist von dreißig Tagen nach erfolgter Anfechtung neue und schwerwiegende Beweismittel oder Argumente vorzulegen sind.

Can. 1682 § 1. Nachdem das Urteil, das die Nichtigkeit einer Ehe festgestellt hat, vollstreckbar geworden ist, haben die Parteien, deren Ehe für ungültig erklärt worden ist, das Recht zu einer neuen Eheschließung, ausgenommen im Fall eines Verbotes, das dem Urteil beigefügt oder vom Ortsordinarius erlassen worden ist.

§ 2. Sobald das Urteil für vollstreckbar erklärt worden ist, muss der Gerichtsvikar es unverzüglich dem Ordinarius des Eheschließungsortes bekanntgeben. Dieser aber muss dafür Sorge tragen, dass baldmöglichst die ausgesprochene Ehenichtigkeit und die etwa verhängten Verbote im Ehe- und Taufbuch eingetragen werden.

Art. 5 – Der kürzere Eheprozess vor dem Bischof

Can. 1683. Dem Diözesanbischof selbst kommt es zu, Ehenichtigkeitsverfahren in einem kürzeren Prozess zu beurteilen, immer wenn:

1° der Antrag von beiden Ehegatten oder von einem der beiden bei Zustimmung des anderen vorgelegt wird;

2° sachliche oder persönliche Umstände gegeben sind, die von Zeugnissen und Beweismitteln gestützt werden, welche eine genauere Untersuchung oder Nachforschung nicht erfordern und die Nichtigkeit offenkundig machen.

Can. 1684. Die Klageschrift zur Einleitung des kürzeren Prozesses muss außer dem, was in can. 1504 genannt ist:

1° die Fakten, auf die sich der Antrag stützt, kurz, vollständig und nachvollziehbar darlegen;

2° die Beweise, die sofort vom Richter gesammelt werden können, angeben;

3° Dokumente, auf die sich der Antrag stützt, in der Anlage enthalten.

Can. 1685. Der Gerichtsvikar hat, nach Ernennung des Untersuchungsrichters und eines Beisitzers, mit demselben Dekret, mit dem die Steitpunktformel bestimmt wird, alle, die an ihr teilnehmen müssen, zu einer innerhalb von dreißig Tagen gemäß can. 1686 abzuhaltenden Sitzung zu laden.

Can. 1686. Der Untersuchungsrichter hat, soweit dies geschehen kann, in einer Sitzung die Beweise zu sammeln und eine Frist von fünfzehn Tagen zur Vorlage der Anmerkungen zugunsten des Ehebandes und der Verteidigungen zugunsten der Parteien, wenn welche vorgelegt werden, festzulegen.

Can. 1687 § 1. Nach Erhalt der Akten hat der Diözesanbischof, nach Beratung mit dem Untersuchungsrichter und dem Beisitzer und nach gründlicher Erwägung der Anmerkungen des Bandverteidigers und, sofern sie vorliegen, der Verteidigungsschriften der Parteien ein Urteil zu fällen, wenn er die moralische Gewissheit über die Nichtigkeit der Ehe erlangt. Anderenfalls hat er die Sache auf den ordentlichen Verfahrensweg zu verweisen.

§ 2. Der vollständige Text des Urteils mit Angabe der Begründungen, ist baldmöglichst den Parteien bekanntzugeben.

§ 3. Gegen das Urteil des Bischofs ist Berufung beim Metropoliten oder bei der Rota Romana möglich; wenn aber das Urteil vom Metropoliten selbst ergangen ist, kann Berufung beim ältesten Suffraganbischof eingelegt werden; und gegen das Urteil eines anderen Bischofs, der keine höhere Autorität unter dem Papst hat, kann Berufung bei dem Bischof eingelegt werden, der von ihm dafür dauerhaft ausgewählt wurde.

§ 4. Wenn die Berufung offenkundig nur der Verzögerung zu dienen scheint, hat der Metropolit oder der Bischof, von dem in § 3 die Rede ist, oder der Dekan der Rota Romana sie durch sein Dekret von vornherein (a limine) abzuweisen; wenn sie aber zugelassen wurde, wird die Ehesache dem ordentlichen Verfahrensweg der zweiten Instanz übergeben.

Art. 6 - Verfahren aufgrund von Urkunden

Can. 1688. Nach Eingang eines Klageantrages gemäß can. 1676 kann der Diözesanbischof, der Gerichtsvikar oder ein eigens bestimmter Richter unter Außerachtlassung der Förmlichkeiten des ordentlichen Gerichtsverfahrens, jedoch nach Ladung der Parteien und unter Beteiligung des Bandverteidigers, die Nichtigkeit einer Ehe durch Urteil feststellen, wenn aufgrund einer Urkunde, gegen die ein Widerspruch oder eine Einrede nicht erhoben werden kann, mit Sicherheit das Vorliegen eines trennenden Ehehindernisses oder ein Mangel der rechtmäßigen Eheschließungsform feststeht, vorausgesetzt, mit gleicher Gewissheit ist klar, dass keine Dispens erteilt worden sei, oder ein Mangel des gültigen Auftrags des Stellvertreters bei der Eheschließung feststeht.

Can. 1689 § 1. Hat der Bandverteidiger begründete Zweifel, ob die Mängel nach can. 1688 oder die Nichterteilung der Dispens sicher feststehen, so muss er gegen die Nichtigerklärung Berufung an den Richter der zweiten Instanz einlegen; diesem sind die Gerichtsakten zu übersenden mit dem schriftlichen Hinweis, dass es sich um ein Urkundenverfahren handelt.

§ 2. Das Berufungsrecht einer Partei, die sich beschwert fühlt, bleibt unangetastet.

Can. 1690. Der Richter der zweiten Instanz wird unter Beteiligung des Bandverteidigers und nach Anhören der Parteien in gleicher Weise wie nach can. 1688 darüber entscheiden, ob das Urteil zu bestätigen oder ob vielmehr im vorliegenden Fall auf dem ordentlichen Verfahrensweg vorzugehen ist; im letzteren Fall verweist er die Sache an das Gericht der ersten Instanz zurück.

Art. 7 – Allgemeine Vorschriften

Can. 1691 § 1. Im Urteil sollen die Parteien auf etwa bestehende moralische oder auch zivilrechtliche Verpflichtungen zu Unterhalt und Erziehung hingewiesen werden, die sie gegenseitig und gegenüber den Kindern haben.

§ 2. Ehenichtigkeitssachen können nicht auf dem Weg des in den cann. 1656 – 1670 erwähnten mündlichen Streitverfahrens behandelt werden.

§ 3. Bezüglich des sonstigen Vorgehens sind, soweit von der Natur der Sache möglich, die Canones über das Gerichtswesen im allgemeinen und über das ordentliche Streitverfahren anzuwenden, wobei die besonderen Normen für Personenstandssachen und Sachen des öffentlichen Wohls zu beachten sind.

* * *

Die Bestimmung des can. 1679 bezieht sich auf Ehenichtigkeitsurteile, die ab dem Tag verkündet werden, an dem dieses Schreiben in Kraft tritt.

Dem vorliegenden Schreiben wird eine Verfahrensordnung beigefügt, die Wir für die korrekte und gewissenhafte Anwendung des reformierten Gesetzes als notwendig erachteten und die zur Förderung des Wohles der Gläubigen mit Eifer einzuhalten ist.

Wir bestimmen, dass alles mit diesem Schreiben von Uns Dekretierte volle und bleibende Gültigkeit habe, ungeachtet aller, wenn auch noch so beachtenswerter gegenteiliger Anordnungen.

Der Fürsprache der immerwährenden, glorreichen und gesegneten Jungfrau Maria, der Mutter der Barmherzigkeit, und der heiligen Apostel Petrus und Paulus vertrauen Wir die wirksame Umsetzung des neuen Eheprozesses an.

Gegeben zu Rom bei Sankt Peter, am 15. August 2015 am Fest der Aufnahme der seligsten Jungfrau Maria, im dritten Jahr Unseres Pontifikates.

FRANCISCUS



Vorgehensweise bei den Verfahren zur Nichtigkeitserklärung einer Ehe

Die III. Außerordentliche Generalversammlung der Bischofssynode im Oktober des Jahres 2014 hat die Schwierigkeit der Gläubigen erkannt, kirchliche Gerichte anzugehen. Da aber der Bischof als guter Hirte gehalten ist, den ihm anvertrauten Gläubigen, die einer besonderen Seelsorge bedürfen, entgegenzukommen, wurde beschlossen, gemeinsam mit den festgelegten Normen zur Anwendung des Eheprozesses – in der Gewissheit hinsichtlich des Zusammenwirkens zwischen dem Petrusnachfolger und den Bischöfen bei der Bekanntmachung des Gesetzes –, einige Instrumente anzubieten, damit die Arbeit der Gerichte für die Gläubigen von Wert sei, welche die Feststellung der Wahrheit darüber begehren, ob das Band ihrer gescheiterten Ehe bestehe oder nicht.

Art. 1. Der Bischof ist kraft can. 383 § 1 gehalten, mit apostolischer Gesinnung den getrennten oder durch Scheidung auseinandergegangenen Ehegatten in apostolischem Geist nachzugehen, die wegen ihrer Lebenslage möglicherweise von der religiösen Praxis abgekommen sind. Er selbst teilt darum mit den Pfarrern (vgl. can., 529 §1) die pastorale Sorge gegenüber diesen Christgläubigen in schwierigen Umständen.

Art. 2. Die vorgerichtliche oder auch pastorale Untersuchung, durch welche die getrennten oder durch Scheidung auseinandergegangenen Christgläubigen in den Strukturen der Pfarrei oder der Diözese empfangen werden, welche an der Gültigkeit ihrer Ehe zweifeln oder von der Nichtigkeit derselben überzeugt sind, dient dem Ziel, ihre Situation zu erkennen und nützliche Elemente für die eventuelle Durchführung eines gerichtlichen Prozesses, sei es des ordentlichen oder des kürzeren, zu sammeln. Diese Untersuchung geschieht im Kontext der einheitlichen diözesanen Ehepastoral.

Art. 3. Ebendiese Untersuchung wird Personen übertragen, die vom Ortsordinarius für geeignet gehalten werden, die aber nicht ausschließlich über rechtlich-kirchenrechtliche Kompetenzen verfügen sollen. Unter ihnen sind an erster Stelle der eigene Pfarrer oder jener, zu nennen, der die Ehegatten auf die Feier der Trauung vorbereitet hat. Diese beratende Aufgabe kann auch anderen Klerikern, Gottgeweihten oder Laien übertragen werden, die vom Ortsordinarius gutgeheißen werden.

Eine Diözese oder mehrere Diözesen gemeinsam können, entsprechend den derzeitigen Zusammenschlüssen, eine feste Struktur errichten, durch welche dieser Dienst geleistet werden kann. Sie können auch, wenn nötig, eine Art Vademecum zusammenstellen, welches die wesentlichen Elemente zur praktischeren Durchführung der Untersuchung darlegt.

Art. 4. Die pastorale Untersuchung sammelt nützliche Elemente zur eventuellen Einbringung der Sache vor dem zuständigen Gericht durch die Ehegatten oder ihren Rechtsbeistand. Es muss gefragt werden, ob die Parteien darin einig sind, einen Antrag auf Nichtigerklärung einzureichen.

Art. 5. Nach Sammlung aller Elemente wird die Untersuchung durch die Erstellung der Klageschrift abgeschlossen, die – wenn es so sein soll – dem zuständigen Gericht vorgelegt wird.

Art. 6. Da der Codex des kanonischen Rechtes, nach Maßgabe des can. 1691 §3, abgesehen von besonderen Normen, im Allgemeinen auch bei Eheprozessen anzuwenden ist, beabsichtigt die vorliegende Verfahrensordnung nicht, den ganzen Prozess detailliert darzulegen, sondern hauptsächlich die wichtigsten Neuerungen des Gesetzes zu erhellen und – wo nötig – zu vervollständigen.

Titel I - Der zuständige Gerichtshof und die Gerichte

Art. 7 § 1. Die in can. 1672 angeführten Titel der Zuständigkeit sind gleichwertig, wobei soweit wie möglich das Prinzip der Nähe zwischen Richter und Parteien zu beachten ist.

§ 2. Was aber die Zusammenarbeit unter den Gerichten nach Maßgabe des can. 1418 angeht, so trage man Sorge, dass jeder, Partei oder Zeuge, mit dem kleinstmöglichen Aufwand am Prozess teilnehmen kann.

Art. 8 § 1. In den Diözesen, die eines eigenen Gerichtes entbehren, sorge der Bischof so bald wie möglich dafür, dass, auch durch Fort- und Weiterbildungskurse, die von den Diözesen oder deren Zusammenschlüssen und vom Apostolischen Stuhl in gemeinsamer Zielsetzung veranstaltet werden, Personen ausgebildet werden, die in dem zu errichtenden Gericht für Ehesachen ihren Dienst zu leisten vermögen.

§ 2. Ein Bischof kann sich von einem nach der Vorschrift des can. 1423 errichteten interdiözesanen Gericht zurückzuziehen.

Titel II – Das Klagerecht bei der Ehe

Art. 9. Wenn ein Ehegatte während des Prozesses verstirbt und die Ehesache noch nicht abgeschlossen ist, ruht die Instanz, bis der andere Ehegatte oder jemand anderer, der daran  Interesse hat, für die Weiterführung eintritt; in diesem Fall ist das rechtmäßige Interesse nachzuweisen.

Titel III – Einführung und Durchführung der Prozesssache

Art. 10. Der Richter kann einen mündlichen Klageantrag immer dann zulassen, wenn die Partei an der Einreichung der Klageschrift gehindert ist: er beauftrage jedoch den Notar, den Klagevortrag schriftlich aufzunehmen, welcher der Partei vorzulesen und von ihr zu bestätigen ist; dieses Schriftstück besitzt alle Rechtswirkungen einer von der Partei schriftlich abgefassten Klageschrift.

Art. 11 § 1. Die Klageschrift ist dem diözesanen oder interdiözesanen Gericht zu übergeben, das nach Maßgabe des can. 1673 § 2gewählt wurde.

§ 2. Es wird angenommen, dass sich die nichtklagende Partei dem Klageantrag nicht widersetzt, wenn sie sich der Gerechtigkeit des Gerichts anvertraut oder wenn sie nach erneuter rechtmäßiger Ladung nicht auf die Klageschrift antwortet.

Titel IV – Das Urteil, seine Anfechtungen und seine Vollstreckung

Art. 12. Für die vom Recht geforderte moralische Gewissheit reicht ein vorrangiges Gewicht der Beweise und Indizien nicht aus, sondern es ist erforderlich, dass jeglicher vernünftige positive Zweifel, eines Rechts- und Tatsachenirrtums ausgeschlossen ist, auch wenn die reine Möglichkeit des Gegenteils nicht ausgeschlossen werden kann.

Art. 13. Wenn eine Partei ausdrücklich erklärt hat, sie lehne jegliche Art von Information zur Ehesache ab, gilt die Vermutung, dass sie auf ihr Recht, ein Exemplar des Urteils zu erhalten, verzichtet hat. In diesem Fall kann ihr der Urteilstenor zugestellt werden.

Titel V – Der kürzere Eheprozess vor dem Bischof

Art. 14 § 1. Zu den sachlichen und persönlichen Umständen, welche die Behandlung der Ehenichtigkeitssache auf dem Weg des kürzeren Prozesses gemäß cann. 1683 – 1687 nahelegen, werden als Beispiele angeführt: jener Mangel an Glauben, der die Simulation des Konsenses oder den willensbestimmenden Irrtum hervorbringen kann; eine kurze Dauer des ehelichen Zusammenlebens; eine zur Vermeidung der Fortpflanzung vorgenommene Abtreibung; das hartnäckige Verharren in einer außerehelichen Beziehung zum Zeitpunkt der Eheschließung oder unmittelbar danach; das arglistige Verschweigen von Unfruchtbarkeit oder einer schweren ansteckenden Krankheit oder von Kindern aus einer vorhergehenden Beziehung oder eines Gefängnisaufenthalts; ein dem ehelichen Leben völlig fremdes Heiratsmotiv oder die unerwartete Schwangerschaft der Frau; Ausübung physischer Gewalt zur Erzwingung des Konsenses; der durch ärztliche Dokumente erwiesene fehlende Vernunftgebrauch; usw.

§ 2. Als den Klageantrag stützende Beweismittel gelten alle medizinischen Dokumente, welche die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen als offenkundig unnötig erweisen können.

Art. 15. Wenn die Klageschrift zur Einleitung des ordentlichen Prozesses vorgelegt wird, der Gerichtsvikar jedoch meint, dass die Sache im kürzeren Prozess durchgeführt werden kann, soll er bei Bekanntgabe der Klageschrift nach Maßgabe von can. 1676 § 1 die nichtklagende Partei, welche sie nicht unterschrieben hat, dazu einladen, dem Gericht mitzuteilen, ob sie sich dem vorgelegten Klageantrag anschließen und am Prozess teilnehmen will. Er lade, sooft dies erforderlich ist, die Partei oder die Parteien, welche die Klageschrift unterzeichnet haben, ein, sie nach Maßgabe des can. 1684 so rasch wie möglich zu ergänzen.

Art. 16. Der Gerichtsvikar kann sich selbst zum Untersuchungsrichter bestimmen; soweit es jedoch möglich ist, ernenne er einen Untersuchungsrichter aus der Diözese, aus welcher die Ehesache stammt.

Art. 17. Bei der nach von can. 1685 vorzunehmenden Ladung sind die Parteien zu benachrichtigen, dass sie bis spätestens drei Tage vor der Untersuchungssitzung die Argumentationspunkte, wenn sie nicht schon der Klageschrift beigegeben sind, vorlegen können, bezüglich derer die Befragung der Parteien oder der Zeugen erbeten wird.

Art. 18. § 1. Die Parteien und deren Anwälte können an der Vernehmung der anderen Parteien und Zeugen teilnehmen, sofern nicht der Untersuchungsrichter aufgrund sachlicher und persönlicher Umständen meint, anders vorgehen zu müssen.

§ 2. Die Antworten der Parteien und der Zeugen sind vom Notar schriftlich abzufassen, jedoch zusammenfassend und nur hinsichtlich jener Punkte, welche die Substanz der strittigen Ehesache betreffen.

Art. 19. Wenn die Ehesache bei einem interdiözesanen Gericht untersucht wird, ist der Bischof, der das Urteil zu fällen hat, jener Ortsbischof, bei dem Zuständigkeit gemäß can. 1672 besteht. Sind es aber mehrere, soll nach Möglichkeit das Prinzip der Nähe zwischen Parteien und Richter beachtet werden.

Art. 20 § 1. Der Diözesanbischof legt nach seinem klugen Ermessen die Art und Weise der Urteilsverkündigung fest.

§ 2. Das Urteil, das jedenfalls vom Bischof gemeinsam mit dem Notar unterschrieben ist, legt kurz und treffend die Entscheidungsgründe dar und wird gewöhnlich innerhalb der Frist eines Monats vom Tage der Entscheidung weg den Parteien bekannt gegeben.

Titel VI - Dokumentenverfahren

Art. 21. Der zuständige Diözesanbischof und der zuständige Gerichtsvikar werden nach Maßgabe des c

 

[1]Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen Gentium, Nr. 27.

[2] Vgl. CIC, can. 1752.

[3]Vgl. Paul VI., Ansprache an die Teilnehmer am 2. Internationalen Kongress für Kirchenrecht, 17. September 1973

[4]Vgl. Relatio Synodi, Nr. 48.

[5]Vgl. FRANZISKUS, Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, Nr. 27, in AAS 105 (2013), S. 1031


 

 

 


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