PAPST FRANZISKUS
ANGELUS
Petersplatz
Sonntag, 2. Juli 2023
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Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Im heutigen Evangelium sagt Jesus: »Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten« (Mt 10,41). Dreimal das Wort »Prophet«. Aber wer ist der Prophet? Manche stellen ihn sich als eine Art Magier vor, der die Zukunft voraussagt, doch das ist eine abergläubische Vorstellung, und Christen halten nichts vom Aberglauben wie Magie, Kartenlegen, Horoskope oder ähnlichen Dingen. Nur nebenbei: Sehr viele Christen gehen zum Handlesen: Ich muss doch sehr bitten! Andere stellen den Propheten nur als eine Gestalt aus der Vergangenheit dar, die es vor Christus gegeben habe, um sein Kommen anzukündigen. Doch Jesus selbst spricht heute von der Notwendigkeit, die Propheten aufzunehmen. Es gibt sie also noch! Aber wer sind sie? Wer ist der Prophet?
Prophet, Brüder und Schwestern, ist jeder von uns: In der Tat haben wir alle mit der Taufe die Gabe und Sendung der Prophetie empfangen (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1268). Prophet ist derjenige, der kraft der Taufe anderen hilft, die Gegenwart unter dem Wirken des Heiligen Geistes zu deuten. Das ist sehr wichtig: Die Gegenwart nicht wie einen Zeitungsbericht zu lesen, sondern sie unter dem Wirken des Heiligen Geistes zu deuten, der hilft, die Pläne Gottes zu verstehen und ihnen zu entsprechen. Mit anderen Worten: Der Prophet ist derjenige, der andere auf Jesus hinweist, der von ihm Zeugnis gibt, der hilft, Seinen Plänen entsprechend das Heute zu leben und das Morgen zu gestalten. Wir sind also alle Propheten, Zeugen Jesu, »damit die Kraft des Evangeliums im alltäglichen Familien- und Gesellschaftsleben aufleuchte« (Lumen gentium, 35). Der Prophet ist ein lebendiges Zeichen, das die anderen auf Gott hinweist. Der Prophet ist ein Abglanz des Lichtes Christi auf dem Weg der Brüder und Schwestern. Und so können wir uns fragen: Spreche und – vor allem – lebe ich, der ich in der Taufe zum »Propheten erwählt« worden bin, als Zeuge Jesu? Bringe ich etwas von seinem Licht in das Leben eines Menschen? Prüfe ich mich selbst in dieser Hinsicht? Frage ich mich: Wie steht es um mein Zeugnis, wie steht es um meine Prophetie?
Der Herr bittet uns im Evangelium auch, die Propheten aufzunehmen; deshalb ist es wichtig, einander als solche anzunehmen, als Träger der Botschaft Gottes, jeder entsprechend seinem Stand und seiner Berufung, und zwar dort, wo wir leben, das heißt in der Familie, in der Pfarrei, in den Ordensgemeinschaften, in den anderen Bereichen der Kirche und der Gesellschaft. Der Geist hat die Gaben der Prophetie im heiligen Volk Gottes verteilt: Deshalb ist es gut, allen zuzuhören: Wenn zum Beispiel eine wichtige Entscheidung ansteht, ist es gut, zunächst zu beten, den Heiligen Geist anzurufen, dann aber zuzuhören und in einen Dialog zu treten, im Vertrauen darauf, dass jeder, auch der Kleinste, etwas Wichtiges zu sagen hat, eine prophetische Gabe, die er teilen kann. Auf diese Weise sucht man nach der Wahrheit und verbreitet eine Atmosphäre des Hörens auf Gott und die Brüder und Schwestern, in der sich die Menschen nicht nur dann angenommen fühlen, wenn sie sagen, was mir gefällt, sondern sich, so wie sie sind, als Gabe angenommen und geschätzt fühlen.
Denken wir daran, wie viele Konflikte vermieden und gelöst werden könnten, wenn wir dem anderen mit dem aufrichtigen Wunsch zuhören würden, ihn zu verstehen! Fragen wir uns schließlich: Kann ich die Brüder und Schwestern als prophetische Gaben annehmen? Glaube ich, dass ich sie brauche? Höre ich ihnen mit Respekt zu, mit dem Wunsch zu lernen? Denn für jeden von uns ist es notwendig, von den anderen zu lernen. Für jeden von uns ist es notwendig, von anderen zu lernen.
Möge Maria, die Königin der Propheten, uns helfen, das Gute, das der Geist in den anderen gesät hat, zu sehen und anzunehmen.
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Nach dem Angelus:
Liebe Brüder und Schwestern!
Wir wollen auch in dieser Sommerzeit nicht müde werden, für den Frieden zu beten, insbesondere für das so schwer geprüfte ukrainische Volk. Und vernachlässigen wir nicht die anderen Kriege, die leider oft vergessen werden, und die vielen Konflikte und Zusammenstöße, die viele Orte der Welt mit Blut beflecken; so viele Kriege gibt es heute… Nehmen wir Anteil an dem, was geschieht, helfen wir denen, die leiden, und beten wir, denn das Gebet ist die sanfte Kraft, die die Welt schützt und stützt.
Ich grüße euch alle, die Römer und die Gläubigen aus verschiedenen Ländern und unterschiedlichen Orten Italiens, insbesondere die Schwestern des heiligen Giuseppe Benedetto Cottolengo, die jungen Firmlinge aus Ibiza und Formentera, die Jugendlichen der Seelsorgeeinheit von Tremignon und Vaccarino in der Provinz Vicenza. Ich grüße auch die »Gruppe San Mauro« aus Cavarzere und den Kindergarten »Madonna dell’Olmo« aus Verdellino. Und ich grüße die Jugendlichen der Immaculata.
Ich wünsche allen einen schönen Sonntag und vergesst bitte nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!
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