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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS 
AN DIE TEILNEHMER DER GENERALVERSAMMLUNG
DER WELTKONFERENZ DER SÄKULARINSTITUTE (CMIS)

Konsistoriensaal
Donnerstag, 25. August 2022

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Liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich, euch aus Anlass der Generalversammlung der Weltkonferenz der Säkularinstitute (CMIS) zu empfangen. Ich begrüße euch herzlich und danke der Präsidentin für ihre Worte. Ich möchte euch einige Reflexionen mitgeben, um euch zu helfen, über die Besonderheit der euch geschenkten Berufung nachzudenken, damit euer Charisma in der Zeit, in der wir leben, mehr Gewicht bekommen möge.

Der Begriff des »Säkularen«, der nicht gleichzusetzen ist mit dem der »Laizität«, ist das Herz eurer Berufung, die die säkulare Natur der Kirche offenbart: Volk Gottes auf dem Weg unter und mit den Menschen aller Völker und Nationen. Es ist die Kirche im Aufbruch, die nicht weit weg und von der Welt getrennt ist, sondern in Welt und Geschichte eingetaucht, um deren Salz und Licht zu sein, Same der Einheit, der Hoffnung und des Heils. Eure besondere Sendung führt euch dazu, mitten unter den Menschen zu sein, um zu erkennen und zu verstehen, was in den Herzen der Männer und Frauen von heute vorgeht, um euch gemeinsam mit ihnen zu freuen und mit ihnen zu leiden, im Stil der Nähe, der der Stil Gottes ist: die Nähe.

Das ist der Stil Gottes, der der Menschheit seine Nähe und seine Liebe dadurch gezeigt hat, dass er von einer Frau geboren wurde. Es ist das Geheimnis der Menschwerdung, Ursprung jener Beziehung, die uns Geschwister jedes Geschöpfs sein lässt und die beständig betrachtet werden muss, um das Gutsein zu entdecken und zu fördern, das Gott jeder Realität zugesprochen hat und das nicht einmal die Sünde, wenn sie es auch verdunkelt, ganz zerstören konnte.

Das Charisma, das ihr empfangen habt, verpflichtet euch einzeln und als Gemeinschaft, die Kontemplation mit der Teilnahme zu verbinden, die es euch erlaubt, die Ängste und Erwartungen der Menschheit zu teilen, indem ihr deren Fragen aufgreift, um sie mit dem Licht des Evangeliums zu erleuchten. Ihr seid aufgerufen, die ganze Prekarität des Provisorischen zu leben sowie die ganze Schönheit des Absoluten im alltäglichen Leben, auf den Wegen, die die Menschen gehen, dort, wo Mühe und Schmerzen größer sind, wo die Rechte nicht geachtet werden, wo Krieg die Völker spaltet, wo die Anerkennung der Würde verweigert wird. Genau dort, so hat es Jesus uns gezeigt, schenkt uns Gott weiterhin sein Heil. Und ihr seid dort, seid aufgerufen, dort zu sein, um die Güte und Zärtlichkeit Gottes durch tägliche Gesten der Liebe zu bezeugen.

Aber wo soll man die Kraft finden, um sich großherzig in den Dienst der anderen zu stellen? Wo den Mut zu auch kühnen Entscheidungen, die zum Zeugnis drängen? Diese Kraft und diesen Mut findet ihr im Gebet und im auf Christus gerichteten Blick stiller Betrachtung. Die Begegnung mit Jesus im Gebet erfüllt euer Herz mit seinem Frieden und seiner Freude, die ihr so den anderen schenken könnt. Die beharrliche Gottsuche, die Vertrautheit mit der Heiligen Schrift und die Teilnahme an den Sakramenten sind der Schlüssel zur Fruchtbarkeit eures Wirkens.

Eure Berufung ist eine Berufung an vorderster Front, zuweilen gehütet in diskreter Zurückhaltung. Bei verschiedenen Gelegenheiten habt ihr betont, dass ihr von den Hirten nicht immer gekannt und anerkannt werdet, und diese fehlende Wertschätzung hat euch vielleicht dazu geführt, euch zurückzuziehen, euch dem Dialog zu entziehen, und das ist nicht gut. Und doch ist eure Berufung eine Berufung, die neue Wege einschlägt, an vorderster Front, um nicht stehenzubleiben: sie eröffnet neue Wege. Ich denke an kirchliche Bereiche, die vom Klerikalismus – der eine Perversion ist – blockiert werden, wo eure Berufung von der Schönheit einer gesegneten Säkularität spricht, indem sie die Kirche für die Nähe zu jedem Mann und jeder Frau öffnet. Ich denke an Gesellschaften, wo die Rechte der Frauen geleugnet werden und wo ihr, wie dies auch in Italien durch die selige Armida Barelli geschah, die Kraft habt, die Dinge zu ändern, indem ihr deren Würde fördert. Ich denke an jene Orte, und es sind viele, in der Politik, in der Gesellschaft, in der Kultur, wo man auf das Denken verzichtet und sich der vorherrschenden Meinung anpasst oder der eigenen Bequemlichkeit folgt, während ihr dazu aufgerufen seid, daran zu erinnern, dass das Schicksal jedes Menschen an das der anderen gebunden ist. Es gibt kein autonomes Schicksal.

Liebe Freunde und liebe Freundinnen, werdet nicht müde, das Gesicht einer Kirche zu zeigen, die neu entdecken muss, dass sie mit allen auf dem Weg ist und die Welt mit all ihren Mühen und Schönheiten annehmen muss. Die Kirche ist kein Labor, wo man ruhig sein und sich ausruhen kann. Die Kirche ist eine Mission. Nur gemeinsam können wir als Volk Gottes vorangehen, als Sinnsuchende gemeinsam mit allen Männern und Frauen dieser Zeit, Hüter der Freude über eine in unserem Leben Fleisch gewordene Barmherzigkeit. Dieser Weg macht es erforderlich, Gewohnheiten, die niemandem mehr etwas sagen, umzustoßen und eingefahrene Muster zu durchbrechen, die die Verkündigung behindern, indem wir »fleischgewordene Worte« finden, die in der Lage sind, das Leben der Menschen zu erreichen, weil sie aus ihrem Leben schöpfen und nicht aus abstrakten Ideen. Niemand gibt Zeugnis mit abstrakten Ideen. Nein. Entweder du verkündest das Evangelium mit deinem Leben, und das ist das Zeugnis, oder du bist nicht in der Lage, das Evangelium zu verkünden.

Ich ermutige euch, die Säkularität in der Kirche mit Milde gegenwärtig werden zu lassen, ohne Ansprüche zu erheben, aber mit Entschiedenheit und jener Autorität, die aus dem Dienst kommt. Euer Dienst möge der Dienst des Samens sein, der Dienst des Sauerteigs, der verborgene und zugleich offensichtliche Dienst, der in den – auch kirchlichen – Geschehnissen zu sterben weiß, damit sie von innen her verändert werden und gute Frucht bringen können. Hört fügsam auf den Heiligen Geist, um zu verstehen, wie eure Arbeit immer wirksamer werden kann, auch indem ihr neue Wege geht, die den Reichtum sichtbar machen, dessen Träger ihr seid.

In dieser Hinsicht ist es wichtig, dass die Hirten der Kirche an eurer Seite sind, um euch zuzuhören und euch in jene Unterscheidung der Zeichen der Zeit einzubeziehen, die der Mission den Schritt vorgibt. Meinerseits bringe ich erneut die Nähe und Wertschätzung zum Ausdruck für den Beitrag und den Atem der Welt, den ihr in die Kirche bringt, mit all der Leidenschaft, die in euch wohnt. Werdet nicht müde, die Verkündigung eines neuen Lebens, einer universalen Geschwisterlichkeit und eines dauerhaften Friedens in die Welt zu tragen, die wunderbaren Gaben des auferstandenen Herrn.

Auf euch alle und auf eure Tätigkeiten rufe ich den mütterlichen Schutz der Jungfrau Maria herab, und während ich euch den Segen gebe, bitte ich euch, für mich zu beten. Tut es von Herzen! Danke.



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