ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER DES TREFFENS, DAS DIE SPORTZEITUNG
"LA GAZZETTA DELLO SPORT" UND DER ITALIENISCHE FUSSBALLVERBAND
ORGANISIERT HABEN
Audienzhalle
Freitag, 24. Mai 2019
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Ich grüße euch alle und danke dem Präsidenten für seine freundlichen Worte. Ich soll jetzt eine fünfseitige Ansprache verlesen. Was meint ihr dazu… ja oder nein? Wer ist dafür, dass ich sie nicht lese und dem Präsidenten übergebe: Wer ist dafür, dass ich sie nicht lese?… Und wer ist dafür, dass ich sie lese? … Also hört zu, es sind fünf Seiten, ihr müsst nun still sein… Fangen wir an. Wenn ich euch sehe – und vor allem, als ich euren freudigen Ruf hörte [die »Stadionwelle«], so als hätte ich ein Tor geschossen – muss ich an das denken, was der heilige Johannes Bosco, der Erfinder der Oratorien, gern seinen Erziehern sagte: »Wollt ihr junge Leute hier? Dann werft einen Ball in die Luft, und bevor er den Boden berührt, werdet ihr sehen, wie viele sich genähert haben!« Wir können sehr wohl sagen, dass hinter einem rollenden Ball fast immer ein Junge mit seinen Träumen und seinen Bestrebungen, mit seinem Leib und seiner Seele steckt. Bei einer sportlichen Aktivität sind nicht nur die Muskeln beteiligt, sondern die gesamte Persönlichkeit eines Jungen, in all ihren Dimensionen, auch in den tiefsten. Tatsächlich sagt man von jemandem, der sich sehr engagiert: »Er setzt sich mit Leib und Seele ein.« Alles ist mit einbezogen bei jener Arbeit, bei jenem Sport.
Der Sport ist eine großartige Chance, um zu lernen, sein Bestes zu geben, mit Opferbereitschaft und Engagement, vor allem aber nicht allein. Hört gut hin: der Sport wird nicht allein betrieben. Wir leben in einer Zeit, in der es auch aufgrund der massiven Präsenz neuer Technologien leicht ist, sich selbst zu isolieren, virtuelle Bindungen mit vielen zu knüpfen, aber dabei auf Distanz zu bleiben. Verbindungen, aber alleine. Das Schöne daran, mit einem Ball zu spielen, besteht darin, es zusammen mit anderen tun zu können, indem man ihn sich mitten auf dem Platz zuspielt und lernt, Spielaktionen aufzubauen, als Mannschaft zusammenzuwachsen… Der Ball wird zu einem Mittel, um reale Menschen einzuladen, Freunde zu werden, sich an einem Ort zu treffen, sich ins Gesicht zu schauen, sich herauszufordern, um die eigenen Fähigkeiten auf die Probe zu stellen. Liebe Freunde: der Fußball ist ein Mannschaftssport, man kann sich damit nicht alleine vergnügen! Und wenn er so gelebt wird, kann er wirklich auch dem Kopf und dem Herzen gut tun, in einer Gesellschaft, die den Subjektivismus, das heißt die zentrale Stellung des eigenen Ich, zum Äußersten treibt, als sei es ein absolutes Prinzip. Fußball ist ein Mannschaftsspiel, und das tut uns allen gut. Viele bezeichnen den Fußball als »das schönste Spiel der Welt«. Ich denke genauso [Applaus], aber das ist eine persönliche Meinung. Doch oft hören wir die Leute auch sagen: »Der Fußball ist kein Spiel mehr!« Leider werden wir Zeugen von Phänomenen, die seine Schönheit beeinträchtigen, selbst im Jugendfußball, auf dem Spielfeld oder am Spielfeldrand. Man sieht zum Beispiel gewisse Eltern, die sich in Hooligans verwandeln, oder in Manager, in Trainer…
Ich möchte betonen, dass euer Verband »Italienischer Verband … des Fußballs?« heißt… Nein: »des Fußballspiels«: da steht tatsächlich das Wort »Spiel«. Aber manchmal wird dieses Wort vergessen und vielleicht – insgeheim – durch weniger kohärente Worte ersetzt, wenn nicht gar durch Worte, die ganz im Widerspruch zum eigentlichen Ziel stehen. Dagegen handelt es sich um ein Spiel, und das muss es auch bleiben! Der Fußball ist ein Spiel: wollen wir es gemeinsam wiederholen? Der Fußball ist ein Spiel [alle wiederholen es]. So ist es. Vergesst das nicht: der Fußball ist ein Spiel. Eines Tages fragte eine Journalistin eine Theologin, wie man einem Kind das Glück erklären könne. Es ist nicht einfach, einem Kind das Glück zu erklären. Die Theologin antwortete: »Ich würde es nicht erklären, ich würde ihm einen Ball zum Spielen geben.« Darin besteht das Glück.
Spielen macht glücklich, weil man seine Freiheit zum Ausdruck bringen kann, auf spielerische Art nimmt man an einem Wettkampf teil, man lebt einfach eine Zeit der Unentgeltlichkeit … warum? Warum wohl?… Weil es einem einfach gefällt, Fußballspielen gefällt, man verfolgt einen Traum, ohne jedoch unbedingt ein Champion zu werden. Auch die Charta der Rechte der Kinder auf den Sport bekräftigt das Recht eines jeden Kindes, »kein Champion« sein zu müssen (Art. 10). Es ist ein Recht, zu spielen, und ich habe das Recht, kein Champion zu werden, aber ich habe das Glück, zu spielen.
Liebe Eltern, ich ermahne euch, euren Kindern diese Mentalität zu vermitteln: das Spiel, die Unentgeltlichkeit, den Gemeinschaftssinn… Sie in schwierigen Momenten zu ermutigen, insbesondere nach einer Niederlage… Und ihnen dabei zu helfen, zu verstehen, dass die Reservebank keine Demütigung ist, sondern eine Gelegenheit, um zu wachsen, und eine Chance für jemand anderen. Damit sie immer Geschmack daran finden, ihr Bestes zu geben, denn jenseits des Spiels ist da das Leben, das auf sie wartet. Bei dieser erzieherischen Aufgabe, liebe Eltern, lade ich euch ein, euch darum zu bemühen, euch mit dem Sportverein eurer Kinder zu verbünden, insbesondere mit den Trainern. Jemanden zu trainieren ist eine Art Begleitung, als führe man auf dem Weg hin zu einem Mehr und zu etwas Besserem. Man trainiert, um seine körperlichen Qualitäten und Techniken zu verbessern, um sich so den Herausforderungen stellen zu können. Bei diesem Abenteuer spielt ihr Trainer eine wichtige Rolle, denn ihr seid maßgebliche Bezugspersonen für die Kinder, die ihr trainiert: mit euch verbringen sie viel Zeit in einer Aktivität, die sie mögen und die sie befriedigt, und ihr seid »anders positionierte« Figuren im Vergleich zu den Eltern. Alles, was ihr sagt und tut, die Art, wie ihr es sagt und tut, wird zu einer Lektion für eure Athleten, das heißt: es wird einen unauslöschlichen Eindruck in ihrem Leben hinterlassen, im Guten wie im Schlechten.
Jemand hat einmal gesagt, dass er auf dem Platz auf Zehenspitzen ging, um die heiligen Träume der Jungen nicht zu zertrampeln. Ich bitte euch, die Träume der euch anvertrauten Kinder nicht in leichte Illusionen zu verwandeln, die dazu bestimmt sind, bald mit den Grenzen der Realität in Konflikt zu geraten; unterdrückt ihr Leben nicht durch Formen der Erpressung, die ihre Freiheit und Vorstellungskraft beschneiden; lehrt sie, keine Hintertürchen zu benutzen, die nur dazu führen, sich im Labyrinth des Lebens zu verlieren. Vielmehr sollt ihr immer als Komplizen an dem Lächeln eurer Athleten teilhaben! Das ist schön: ein Komplize des Lächelns unserer Athleten sein.
Ein letztes Wort – ich bin fast fertig, seid beruhigt – ich möchte ein letztes Wort an die großen Fußballchampions richten, an denen sich diese jungen Athleten inspirieren. Vergesst nicht, wo ihr angefangen habt: auf einem Platz in der Peripherie, in einem Oratorium, in einem kleinen Verein… Ich wünsche euch, dass ihr immer Dankbarkeit für eure Geschichte verspürt, die aus Opfern, Siegen und Niederlagen bestand. Und auch die erzieherische Verantwortung verspüren, die durch Kohärenz im Leben und Solidarität mit den Schwächsten zu verwirklichen ist, um die Jüngeren dazu zu ermutigen, innerlich groß zu werden, und vielleicht auch Champions im Leben. Groß im Leben: das ist unser aller Sieg, das ist der Sieg von euch, die ihr Fußball spielt. Und an die Adresse der Manager: bitte bewahrt immer das »Amateurprinzip«, das eine Gesinnung ist… Damit die Schönheit des Fußballs nicht in einem do ut des finanzieller Geschäfte endet. Vielen Dank! Ich segne euch alle. Und bitte, ich bitte euch, für mich zu beten. Danke. Nun werde ich euch den Segen erteilen. Nochmals vielen Dank!
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