ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE UNION CHRISTLICHER UNTERNEHMER (UCID)
Aula Paolo VI
Samstag, 31. Oktober 2015
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Ich heiße euch alle herzlich willkommen und danke Kardinal De Giorgi sowie dem Nationalpräsidenten für ihre Einführung in diese Begegnung. Die Union Christlicher Unternehmer vereint die katholischen Unternehmer, die sich zum Ziel setzen, die Entwicklung für das Gemeinwohl zu fördern. Dazu legt ihr großen Wert auf die christliche Bildung, die vor allem durch die Vertiefung der Soziallehre der Kirche vermittelt wird. Dieser Bildungsauftrag ist die Grundlage für das Handeln sowohl auf persönlicher Ebene – wie der Beruf gelebt wird – als auch auf Verbandsebene: das Apostolat im eigenen Umfeld. Ich fordere euch daher auf, eure Bildungsarbeit mit Begeisterung fortzusetzen, um mit Wort und Vorbild in der Unternehmenswelt Sauerteig zu sein und Impulse zu setzen.
Als kirchlicher Verband, der von den Bischöfen anerkannt ist, seid ihr berufen, die Treue zu den Weisungen des Evangeliums und zur kirchlichen Soziallehre in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft zu leben. Dieses Zeugnis ist sehr wichtig. Daher ermutige ich euch, eure Berufung als Unternehmer in dem Missionsgeist zu leben, der den Laien zu eigen ist. Denn »die Tätigkeit eines Unternehmers ist eine edle Arbeit, vorausgesetzt, dass er sich von einer umfassenderen Bedeutung des Lebens hinterfragen lässt; das ermöglicht ihm, mit seinem Bemühen, die Güter dieser Welt zu mehren und für alle zugänglicher zu machen, wirklich dem Gemeinwohl zu dienen« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 203).
Das Unternehmen und der Unternehmensvorstand können zu Orten der Heiligung werden durch das Bemühen eines jeden, brüderliche Beziehungen zwischen Unternehmern, Vorstand und Mitarbeitern aufzubauen und Mitverantwortung und Zusammenarbeit im gemeinsamen Interesse zu fördern. Es ist entscheidend, der Qualität des Berufslebens der Mitarbeiter, die die wertvollste Ressource eines Unternehmens sind, besondere Aufmerksamkeit zu widmen – insbesondere, um die Harmonisierung von Arbeit und Familie zu fördern. Ich denke insbesondere an die Mitarbeiterinnen: Die Herausforderung besteht darin, ihr Recht auf eine in vollem Umfang anerkannte Arbeit und gleichzeitig ihre Berufung zur Mutterschaft und zur Anwesenheit in der Familie zu schützen. Wie oft, wie oft haben wir gehört, dass eine Frau zu ihrem Vorgesetzten geht und sagt: »Ich muss Ihnen mitteilen, dass ich schwanger bin.« – »Ab Ende des Monats sind Sie entlassen.« Die Frau muss in dieser zweifachen Aufgabe – dem Recht auf Arbeit und dem Recht zur Mutterschaft – geschützt und unterstützt werden. Entscheidend ist auch die Verantwortung der Unternehmen für den Schutz und die Wahrung der Schöpfung, um zu einer anderen Art des Fortschritts zu gelangen, »der gesünder, menschlicher, sozialer und ganzheitlicher ist« (Enzyklika Laudato si’, 112).
Die Berufung, in der schwierigen und komplexen Welt der Arbeit, der Wirtschaft und der Unternehmen Missionare der sozialen Dimension des Evangeliums zu sein, erfordert auch eine Öffnung und eine dem Evangelium entsprechende Nähe zu den verschiedenen Situationen der Armut und der Schwachheit. Auch hier geht es um eine Haltung, einen Stil, die dazu dienen, die Förderungs- und Hilfsprojekte voranzutragen und die zahlreichen und verdienstvollen konkreten Werke des Teilens und der Solidarität zu mehren, die ihr in verschiedenen Teilen Italiens unterhaltet. In dieser Form werdet ihr auch die
Gnade des Jubiläums der Barmherzigkeit in die Tat umsetzen. Jemand von euch könnte zu mir sagen: »Ja nun, Vater, Barmherzigkeit praktizieren… wir üben etwas Wohltätigkeit…« Es genügt nicht, Hilfsleistungen zu geben, es genügt nicht, etwas Wohltätigkeit zu üben. Das genügt nicht: Es ist vielleicht der erste Schritt. Es ist notwendig, die wirtschaftliche Tätigkeit am Evangelium auszurichten, also am Dienst am Menschen und am Gemeinwohl. In dieser Hinsicht seid ihr aufgerufen, euch gemeinsam darum zu bemühen, einen Unternehmergeist der Subsidiarität wachsen zu lassen, um den ethischen und marktwirtschaftlichen Herausforderungen gemeinsam zu begegnen, an erster Stelle der Herausforderung, gute Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Denkt an die jungen Menschen; ich glaube, dass heute 40 Prozent der jungen Menschen hier arbeitslos sind. In einem anderen nahegelegenen Land sind es 47 Prozent, in einem anderen nahegelegenen Land über 50 Prozent.
Denkt an die jungen Menschen und seid schöpferisch im Schaffen von Arbeitsmöglichkeiten, die Zukunftsperspektiven öffnen und Arbeit geben, denn wer keine Arbeit hat, sorgt nicht nicht nicht für den Lebensunterhalt, sondern verliert die Würde! Und zur Absteckung dieses Weges tragen auch die Initiativen bei, die der Auseinandersetzung und der Untersuchung dienen und die ihr vor Ort durchführt.
Das Unternehmen ist ein gemeinnütziges Gut. Zwar ist es ein Gut in Privatbesitz, das privat verwaltet wird, aber aufgrund der einfachen Tatsache, dass es Ziele verfolgt, die von allgemeinem Nutzen und von allgemeiner Bedeutung sind – wie zum Beispiel die wirtschaftliche Entwicklung, die Erneuerung und die Beschäftigung – muss es als Gut an sich geschützt werden. Zu diesem Schutz sind in erster Linie die Institutionen, aber auch die Unternehmer, die Wirtschaftsfachleute, die Finanzinstitute und Banken aufgerufen, und keines der beteiligten Subjekte darf es in seinem Handeln an Sachkenntnis, Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein fehlen lassen. Wirtschaft und Unternehmen brauchen die Ethik, um einwandfrei zu funktionieren: nicht irgendeine Ethik, sondern eine Ethik, die den Menschen und die Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellt. Heute erteile ich euch erneut den Auftrag, euch gemeinsam für dieses Ziel einzusetzen; und ihr werdet in dem Maße Früchte tragen, in dem das Evangelium in euren Herzen, in eurem Verstand und in eurem Handeln lebendig und gegenwärtig sein wird.
Ich vertraue euch, eure Arbeit, eure Familien und eure Mitarbeiter dem Schutz des heiligen Josef des Arbeiters an: dem großen heiligen Josef. Auf einen jeden rufe ich den Segen des Herrn herab. Und ich bitte euch, für mich zu beten: Ich übertrage euch auch diese Aufgabe!
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