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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS
NACH KENIA, UGANDA UND IN DIE ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK

(25.-30. NOVEMBER 2015)

BEGEGNUNG MIT DEN VERTRETERN DES ÖFFENTLICHEN LEBENS UND DEM DIPLOMATISCHEN CORPS

ANSPRACHE DES HEILIGEN VATERS

Bangui (Zentralafrikanische Republik)
Sonntag, 29. November 2015

[Multimedia]


 

Frau Präsidentin ad interim,
sehr geehrte Vertreter des öffentlichen Lebens,
verehrte Mitglieder des Diplomatischen Corps,
verehrte Repräsentanten der internationalen Organisationen,
liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
meine Damen und Herren,

in der Freude, hier bei Ihnen zu sein, möchte ich zu allererst meine besondere Wertschätzung für den herzlichen Empfang zum Ausdruck bringen, der mir bereitet wurde, und Frau Präsidentin ad interim für ihre freundlichen Worte danken, mit denen sie mich willkommen geheißen hat. Ich bin gerührt, Madame, über das, was Sie gesagt haben. Vielen Dank für dieses so menschliche und so christliche Zeugnis!

Von diesem Ort aus, der in gewisser Weise das Haus aller Zentralafrikaner ist, freue ich mich, über Sie und die anderen hier anwesenden Verantwortungsträger des Landes allen Ihren Mitbürgern meine Sympathie und meine spirituelle Nähe zu bekunden. Ebenfalls möchte ich die Mitglieder des Diplomatischen Corps sowie die Repräsentanten der internationalen Organisationen begrüßen, deren Arbeit an das Ideal der Solidarität und der Zusammenarbeit erinnert, das unter den Völkern und den Nationen gepflegt werden muss.

Während die Zentralafrikanische Republik trotz der Schwierigkeiten schrittweise der Normalisierung ihres gesellschaftspolitischen Lebens entgegengeht, betrete ich – nach meinem Vorgänger Johannes Paul II. – zum ersten Mal diesen Boden. Ich komme als Pilger des Friedens und als Apostel der Hoffnung. Das ist der Grund, warum ich freudig die Anstrengungen würdige, die von den verschiedenen nationalen und internationalen Verantwortungsträgern – angefangen mit Frau Interimspräsidentin – unternommen wurden, um das Land in dieses Stadium zu führen. Es ist mein brennendster Wunsch, dass die verschiedenen nationalen Konsultationen, die in einigen Wochen abgehalten werden, dem Land erlauben, gelassen eine neue Etappe seiner Geschichte zu beginnen.

Um den Horizont abzustecken – das Motto der Zentralafrikanischen Republik, das die Hoffnung der Pioniere und den Traum der Gründerväter wiedergibt, lautet: »Einheit – Würde – Arbeit«. Diese Trilogie bringt heute noch mehr als damals die Bestrebungen jedes Zentralafrikaners zum Ausdruck und ist folglich ein sicherer Kompass für die Verantwortungsträger, die beauftragt sind,  das Geschick des Landes zu leiten. Einheit, Würde, Arbeit! Drei sinnträchtige Worte, deren jedes ebenso eine Baustelle wie ein nie abgeschlossenes Programm darstellt, eine Aufgabe, die unaufhörlich von neuem in Angriff genommen werden muss.

Erstens: die Einheit. Sie ist bekanntlich ein Grundwert für die Harmonie der Völker. Sie muss von der Basis der wunderbaren Vielfalt der Umwelt her gelebt und aufgebaut werden. Dabei muss man die Versuchung der Angst vor dem anderen vermeiden, der Angst vor dem, was uns nicht vertraut ist, vor dem, was nicht Teil unserer Ethnie, unserer politischen Option oder unseres religiösen Bekenntnisses ist. Die Einheit verlangt ganz im Gegenteil, eine Synthese der Reichtümer zu schaffen und zu fördern, die jeder in sich trägt. Die Einheit in der Verschiedenheit – das ist eine ständige Herausforderung, die zur Kreativität,  zur Großherzigkeit, zur Selbstlosigkeit und zur Achtung des anderen aufruft.

Zweitens: die Würde. Dieser moralische Wert ist zu Recht ein Synonym für Rechtschaffenheit, Loyalität, Gnade und Ehre, durch die sich die Männer und Frauen auszeichnen, die sich ihrer Rechte wie ihrer Pflichten bewusst sind, und durch die sie zu gegenseitiger Achtung geführt werden. Jeder Mensch besitzt eine Würde. Ich habe mit Interesse vernommen, dass Zentralafrika das Land des „Zo kwe zo“ ist, das Land, wo jeder Mensch als Person gilt. Es muss also alles getan werden, um den Status und die Würde der menschlichen Person zu schützen. Und wer die Mittel zu einem angenehmen Leben besitzt, soll nicht um seine Privilegien besorgt sein, sondern versuchen, den Armen zu helfen, dass auch sie Bedingungen erlangen, die ihrer Menschenwürde entsprechen, besonders durch die Entwicklung ihres menschlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Potenzials. Folglich müssen der Zugang zu Bildungs- und Gesundheitswesen, der Kampf gegen die Unterernährung und das Ringen, um jedem eine annehmbare Wohnung zu garantieren, in einer um die Menschenwürde besorgten Entwicklung an erster Stelle stehen. Die Würde der menschlichen Person bedeutet also letztlich, für die Würde der Mitmenschen zu arbeiten.

Und schließlich: die Arbeit. Durch die Arbeit können Sie das Leben Ihrer Familien verbessern. Der heilige Paulus sagt: »Nicht die Kinder sollen für die Eltern sparen, sondern die Eltern für die Kinder« (2 Kor 12,14). Die Anstrengung der Eltern drückt ihre Liebe zu den Kleinen aus. Und außerdem können Sie, die Zentralafrikaner, dieses wunderbare Land verbessern, indem Sie Ihre zahlreichen Ressourcen sinnvoll nutzen. Ihr Land befindet sich in einer Region, die aufgrund ihrer außerordentlich reichen biologischen Vielfalt als die eine der beiden Lungen der Menschheit angesehen wird. In diesem Zusammenhang möchte ich mit dem Verweis auf die Enzyklika Laudato si jeden Einzelnen – Bürger,  Verantwortungsträger des Landes, internationale Geschäftspartner und multinationale Gesellschaften – auf die große Verantwortung aufmerksam machen, die sie bei der Nutzung der Umweltressourcen und bei der Entscheidung und Planung der Entwicklung tragen, eine Verantwortung, die in der einen oder anderen Weise ihre Auswirkungen auf den gesamten Planeten hat. Die Arbeit zum Aufbau einer florierenden Gesellschaft muss ein solidarisches Werk sein. Diese Wahrheit hat die Weisheit Ihres Volkes seit langem begriffen und durch das Sprichwort ausgedrückt: »Die Ameisen sind klein, da sie aber zahlreich sind, bringen sie ihre Beute ins Nest.«

Zweifellos muss die grundlegende Bedeutung, die dem Verhalten und der Leitung der öffentlichen Verantwortungsträger zukommt, nicht eigens hervorgehoben werden. Sie müssen die Ersten sein, welche die Werte der Einheit, der Würde und der Arbeit konsequent in ihrem Leben verkörpern, und so Vorbilder ihrer Mitbürger sein.

Die Geschichte der Evangelisierung dieses Landes und seine gesellschaftspolitische Geschichte bestätigen das Engagement der Kirche im Sinn dieser Werte der Einheit, der Würde und der Arbeit. Indem ich der Pioniere der Evangelisierung in der Zentralafrikanischen Republik gedenke, lobe ich meine Mitbrüder im Bischofsamt, die gegenwärtig diese Aufgabe haben. Gemeinsam mit ihnen bekräftige ich erneut die Bereitschaft dieser Teilkirche, immer mehr zur Förderung des Gemeinwohls beizutragen, besonders durch die Bemühung um Frieden und Versöhnung – die Bemühung um Frieden und Versöhnung! Ich bezweifle daher nicht, dass die derzeitigen und die künftigen zentralafrikanischen Verantwortungsträger sich unablässig darum bemühen werden, der Kirche die günstigen Bedingungen für die Durchführung ihrer spirituellen Mission zu garantieren. Diese wird sogar immer mehr zur Entwicklung eines »jeden Menschen und [des] ganzen Menschen« (Populorum progressio, 14) beitragen können – um die glückliche Formulierung meines Vorgängers, des seligen Paul VI., zu übernehmen, der vor bald fünfzig Jahren der erste Papst der Moderne war, der nach Afrika kam, um es zu Beginn einer neuen Epoche im Guten zu ermutigen und zu stärken.

Meinerseits möchte ich jetzt die Anstrengung würdigen, welche die internationale Gemeinschaft unternommen hat, die hier durch das Diplomatische Corps und die Mitglieder der verschiedenen Missionen internationaler Organisationen vertreten ist. Ich ermutige sie nachdrücklich, auf dem Weg der Solidarität immer weiter voranzugehen, und wünsche, dass ihr Engagement, vereint mit dem Handeln der zentralafrikanischen Verantwortungsträger, dem Land hilft, weitere Fortschritte zu machen, besonders in der Versöhnung, der Entwaffnung, der Erhaltung des Friedens, im Gesundheitswesen und in der Kultur einer gesunden Verwaltung auf allen Ebenen.

Zum Abschluss möchte ich noch einmal meine Freude darüber ausdrücken, dieses wunderschöne Land im Herzen Afrikas zu besuchen, das ein zutiefst religiöses Volk beherbergt, welches mit einem so reichen natürlichen und kulturellen Erbe ausgestattet ist. Ich sehe darin ein von den Wohltaten Gottes erfülltes Land! Möge das zentralafrikanische Volk, ebenso wie seine Führungspersönlichkeiten und alle seine Partner, diese Wohltaten gebührend zu schätzen wissen, indem es unablässig für die Einheit, die Menschenwürde und den auf Gerechtigkeit gegründeten Frieden arbeitet! Gott segne Sie alle! Danke.

 



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