ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE MITGLIEDER DER KIRCHLICHEN
BEWEGUNG "CURSILLO"
Aula Paolo VI
Donnerstag, 30. April 2015
FRAGEN AN DEN PAPST
Heiliger Vater, wir möchten Ihnen einige Fragen stellen, die sich, wie wir meinen, schon aus dem Wesen des Cursillo-Charismas ergeben. In jeder Bewegung kann man eine doppelte Notwendigkeit wahrnehmen: die Treue zum Gründungscharisma und die Notwendigkeit einer Veränderung und Neuerung als Antwort auf die veränderten Situationen. Wie können wir die Spannungen zwischen diesen beiden Polen miteinander in Einklang bringen? Wie können wir die Neuheit, die der Heilige Geist eingibt, von der Neuheit unterscheiden, die uns hingegen vom Charisma entfernt? Wie können wir erkennen, ob eine gewisse Treue zum Anfangscharisma eher eine Versteifung ist als wahre Treue zum Heiligen Geist?
Die Freundschaft mit Christus und die Freundschaft mit den anderen sind das Herzstück der Cursillos. »Wie soll man diese zweifache Freundschaft heute leben? Wie kann man in der Freundschaft mit Christus und mit den anderen wachsen, unter den Umständen, in denen uns heute zu leben gegeben ist?«
Dem Cursillo ist ein Charisma »im Aufbruch«, ein missionarisches Charisma gegeben, das auf die Verkündigung ausgerichtet ist und darauf, den christlichen Samen in allen Lebensbereichen aufkeimen zu lassen. Wie kann man es schaffen, so sehr auf den Heiligen Geist zu vertrauen, dass man es wagt, die Verkündigung der Barmherzigkeit Gottes dorthin zu tragen, wo er nicht gesucht wird und man wegen der Ferne von ihm am meisten leidet, damit sich die Prophezeiung des Jesaja erfüllt: »Ich wäre zu finden gewesen für die, die nicht nach mir suchten«? (Jes 65,1). Dieser »missionarische Aufbruch« stößt auf verschiedene Formen des Widerstands. Einige kommen von außen, von der Welt: Gleichgültigkeit, Misstrauen, Gegensätze. Andere wieder aus uns selbst: Unfähigkeit, Unentschlossenheit, Enttäuschung, Unsicherheit, Ängste, Verteidigungsreaktionen.
PAPST FRANZISKUS
Liebe Brüder und Schwestern, guten Abend!
Zunächst einmal muss ich um Entschuldigung bitten: Diese Begegnung war für morgen vorgesehen, und ich glaube, das hat euch einige Unannehmlichkeiten bereitet, mit dem Transport, den Transportmitteln; ihr habt umdisponieren müssen … ich bitte aufrichtig um Entschuldigung! Es hat da ein bisschen ein Durcheinander gegeben. Ihr wisst, dass der Papst unfehlbar ist in seinen dogmatischen Definitionen, aber die macht man ja selten… Aber auch der Papst hat seine Fehler, und die Unfehlbarkeit hat mit diesen Fehlern nichts zu tun! Außerdem ist dieser Papst nicht sehr ordentlich, und er ist auch undiszipliniert. Und so ist es zu diesem Durcheinander gekommen. Entschuldigt bitte. Danke!
Ich kenne die Fragen und habe auch eine Ansprache geschrieben, in der sie beantwortet werden; auf einige davon werde ich aber noch expliziter eingehen, weil es da Dinge gibt, die ich herausstellen möchte. Wie euer Präsident gesagt hat, seid ihr zu eurer Ultreya nach Rom gekommen – ein Name, der an den alten Gruß der Pilger von Santiago de Compostela erinnert, die sich gegenseitig dazu ermutigen, »weiter zu gehen«, »immer weiter«. Das ist für euch eine wahre Versammlung unter Freunden, eine brüderliche Begegnung des Gebets, der Feier, auf der ihr die Erfahrungen austauscht, die ihr mit dem christlichen Leben macht. Ich danke euren Repräsentanten, die mir die Pläne, Problematiken und Perspektiven eurer Bewegung unterbreitet haben. Ich meinerseits möchte euch einige Vorschläge machen, die nützlich sein können für euer spirituelles Wachstum und eure Sendung in der Kirche und in der Welt.
Ihr seid gerufen – nicht ihr habt gewählt, nein, ihr wurdet gewählt, gerufen –, das Charisma Frucht bringen zu lassen, das der Herr euch anvertraut hat und das am Anfang der Cursillos de Cristiandad steht, zu deren Gruppe von Initiatoren so herausragende Persönlichkeiten wie Eduardo Bonnín Aguiló und der damalige Bischof von Mallorca, Juan Hervas y Benet, gehören – das war ein mutiger Mann! –: Er hat es verstanden, das Wachstum der Bewegung mit väterlicher Sorge zu begleiten. In den 1940er Jahren hatten diese Personen – gemeinsam mit anderen jungen Laien – die Notwendigkeit erkannt, Zugang zu ihren Altersgenossen zu finden, deren Herzen von dem Verlangen nach Wahrheit und Liebe erfüllt waren. Diese Pioniere eurer Bewegung waren wahre Missionare: Sie zögerten nicht, mutig die Initiative zu ergreifen und sich den Menschen zu nähern, indem sie sie einfühlsam mit einbezogen und auf dem Weg des Glaubens mit Respekt und Liebe begleiteten…
Eines möchte ich über eure Bewegung sagen: Ihr habt keinen Proselytismus betrieben! Und das ist eine Tugend. »Die Kirche wächst nicht durch Proselytenmacherei, sondern durch Zeugnis«, hat uns Papst Benedikt gesagt. Und das stimmt! Ihr habt keine Proselytenmacherei betrieben. Das ist eine Gnade Gottes. Dem Beispiel dieser Männer folgend, wollt auch ihr heute die Frohbotschaft der Liebe Gottes verkünden; euren Freunden, Bekannten, Studien- und Arbeitskollegen nahe sein, damit auch sie die persönliche Erfahrung der unendlichen Liebe Christi machen können, der befreit und das Leben verändert. Wie notwendig ist es doch, hinauszugehen, weiter zu gehen, ohne jemals müde zu werden, um die sogenannten Fernstehenden zu erreichen!
Um den Anderen dabei zu helfen, auf dem Weg der Annäherung an den Herrn zu wachsen, im Glauben zu wachsen, muss man die Güte und Zärtlichkeit Gottes am eigenen Leib erfahren. Diese Erfahrung ist der Beginn des Weges, den ihr geht. Wenn ihr seht und wenn euch bewusst wird, dass Gott in eurem Leben überaus gut, zärtlich, barmherzig war, dann möchte diese Erkenntnis »hinaus«, dann will sie auch die anderen erreichen! Der Herr will uns begegnen, der Herr will bei uns wohnen, unser Freund und Bruder sein, unser Lehrmeister, der uns den Weg zeigt, auf dem wir zur Glückseligkeit gelangen. Er verlangt keine Gegenleistung von uns; er bittet uns nur, ihn anzunehmen, weil die Liebe Gottes ungeschuldet, reine Gabe ist. Das ist wichtig!
Um Zeugnis ablegen zu können, muss man erkennen, dass alles, was wir haben, reine Gabe ist, ein Geschenk; es ist ungeschuldet, es ist Gnade. Und das kann man weder kaufen noch verkaufen! Es ist ein ungeschuldeter Weg, ein Weg, den man nicht erklären kann: »Warum ich, Herr? Was soll ich tun?«; »Sag es den anderen!« Das mitteilen, was der Herr mit so viel Zärtlichkeit, mit so viel Güte, mit so viel Barmherzigkeit bei mir bewirkt hat: Das ist das Zeugnis! Das freundschaftliche Zeugnis des Dialogs unter Freunden. Die Begegnung mit Christus und mit der Barmherzigkeit des Vaters, die er uns schenkt, ist möglich vor allem in den Sakramenten, besonders im Sakrament der Eucharistie und im Bußsakrament. In der heiligen Messe feiern wir das Gedächtnis seines Opfers: Noch heute gibt der Herr seinen Leib für uns hin und vergießt sein Blut, um die Menschheit zu erlösen. Im Bußsakrament nimmt Jesus uns alle an – mit all unseren Grenzen, unseren Sünden, um uns ein neues Herz zu schenken, das fähig ist, so zu lieben wie er, der den Seinen seine Liebe bis zur Vollendung erwies (vgl. Joh 13,1). Und jedes Mal, wenn wir zu ihm gehen und ihn um Vergebung bitten, vergibt er, weil er weiß, dass wir schwach sind, dass wir Sünder sind. Darin haben wir ein Diplom, im Sündersein! Alle. Und Gott weiß das. Er empfängt uns immer voller Liebe.
Ein anderer Weg ist die Meditation des Wortes Gottes, besonders die Lectio divina; das Wort Gottes, die Bibel lesen. Ich habe diesen Rat schon oft gegeben, und ich werde es auch jetzt tun: tragt immer ein kleines Evangelium in der Tasche. Dann könnt ihr auf Reisen, wenn ihr beim Zahnarzt warten müsst, oder einfach nur, um etwas zu tun, das Evangelium lesen und in Ruhe darüber nachdenken. Diese Vertrautheit mit dem Wort Gottes lässt uns dem Herrn näher kommen. Und so können wir dem Herrn lauschen, der uns den Weg weist, den wir einschlagen sollen, und uns Mut macht in unserer Unsicherheit und in den Schwierigkeiten, vor die uns das Leben stellt. Dann werden wir schließlich der Liebe Christi in der Kirche begegnen, die in ihren verschiedenen Aktivitäten Zeugnis ablegt für die Liebe Gottes. Die Liebe Jesu in den Werken der Barmherzigkeit.
Ich stelle euch eine Frage: Ihr könnt doch alle die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit und die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit aufsagen, oder? Nur Mut… Wer es nicht kann, soll die Hand heben! [viele heben die Hand] … Aha!… Da gibt es Arbeit für euch, meine lieben Bischöfe! Da gibt es Arbeit für euch! Es ist wichtig, nachzulesen, was die leiblichen Werke der Barmherzigkeit sind. An einige werdet ihr euch erinnern – das ist gewiss –, aber es sind sieben… Dann noch die geistlichen: das sind auch sieben. Das ist eure »Hausaufgabe«: die Werke der Barmherzigkeit heraussuchen und auswendig lernen. Wozu? Um sie in die Tat umzusetzen.
Alles in der kirchlichen Gemeinschaft hat den Zweck, die Menschen die Grenzenlosigkeit der göttlichen Barmherzigkeit erfahren zu lassen. Manche denken: »Nein, Gott ist fern. Ich komme bestimmt in die Hölle… Ich habe so viel auf dem Kerbholz.« Aber gerade, wenn du viel auf dem Kerbholz hast, viele schlimme Dinge, wird sich Gott freuen und ein Fest feiern, wenn du seine Nähe suchst, ihn um Vergebung bittest! Und das ist das Überzeugungswerk, das ihr mit euren Freunden, in den Cursillo-Bewegungen, tun müsst. Weil es stimmt: Gott feiert ein Fest. Und der ein oder andere ist eifersüchtig darauf: Denkt nur an den älteren Sohn des barmherzigen Vaters (vgl. Lk 15,11-32), der ein Fest gefeiert hat, weil der andere Sohn – der, der das ganze Geld verprasst, sich einen »schönen Lenz« gemacht hat – mit leeren Taschen zurückgekommen ist… Und der Vater feiert ein Fest. Das ist schon eine merkwürdige Sache unseres Gottes! Ein Fest zu feiern, wenn ein ganz besonders schlimmer Sünder kommt. Das ist gut!
Die Evangelisierungsmethode der Cursillos wurde gerade aus diesem brennenden Verlangen nach der Freundschaft mit Gott geboren, aus der die Freundschaft mit unseren Brüdern und Schwestern entsteht. Von Anfang an hat man verstanden, dass es nur im Innern einer wirklicher Freundschaftsbeziehung möglich war, die Menschen auf ihrem Weg vorzubereiten und zu begleiten. Diesem Weg, der von der Bekehrung ausgeht, über die Entdeckung der Schönheit eines in der Gnade Gottes gelebten Lebens führt und schließlich zu der Freude gelangt, Apostel im täglichen Leben zu werden. Und so wurde seit damals Tausenden von Menschen in der ganzen Welt dabei geholfen, im Leben des Glaubens zu wachsen. Im heutigen Kontext der für unsere Städte typischen Anonymität und Isolation ist es so wichtig, dass es diese Dimension gibt, die den anderen annimmt, die familiär ist, auf den Menschen zugeschnitten, und die ihr in euren Glaubenskursen anbietet. Man schließt Freundschaft. Es mag ja das ein oder andere Problem geben… Die wird es immer geben, Probleme gibt es. Aber wir müssen die Freundschaft wachsen lassen. »Aber, Vater, wenn wir die Freundschaft wachsen lassen, gibt es auch Streit, wachsen auch die Eifersüchteleien, der Neid…« Was hat der Herr gesagt? Wenn der Teufel Zwietracht sät, lasst sie wachsen! Lasst das gute Korn wachsen, die Freundschaft. Dann wird die Zwietracht in der Stunde der Ernte verbrannt sein und das gute Korn wird Früchte tragen. Ich bitte euch, das Klima der Freundschaft und Brüderlichkeit stets zu erhalten, in dem ihr jede Woche eure apostolischen Erfahrungen, Erfolge und Niederlagen miteinander teilt.
Ich erinnere mich an eine Frau aus einer atheistischen Familie, und auch sie war Atheistin; nicht Agnostikerin, Atheistin. Aber sie war eine gute Frau, eine fleißige Frau, die ihrem Beruf nachging. Sie war verheiratet, hatte Kinder, aber keine Religion. Eine ihrer Töchter begegnete Jesus – oder besser: sie wurde von Jesus gefunden. Sie bekehrte sich und lebte ein christliches Leben. Und ihre Mutter hat das respektiert: »Es ist deine Entscheidung, mein Kind. Mach weiter so! Ich glaube nicht daran, aber Du mach nur weiter«. Jahre vergingen, die Tochter war eine überzeugte Katholikin, eine »militante« Katholikin, können wir sagen – das Wort gefällt mir nicht, aber sagen wir es, damit wir es besser verstehen. Dann erkrankte die Mutter – sie war inzwischen über 80 Jahre alt – schwer. Sie war dem Tode nahe, aber bei klarem Verstand. Am Tag vor ihrem Tod war die Tochter bei ihr, kümmerte sich um sie. Und da fragte die Mutter: »Sag mal« – das hatte sie noch nie gefragt – »was empfindest du eigentlich, wenn du betest?« Und die Tochter, die ihre Mutter respektierte, sagte ihr, dass sie mit Gott, mit dem Herrn spräche… So begann ein Gespräch über dieses Thema, ganz ruhig und entspannt. Dann sprach man über etwas anderes – und kam dann wieder auf dieses Thema zurück… Am Ende fragte die Mutter: »Bist du denn glücklich mit dem, was du in der Religion gefunden hast?« – »Ja, Mama, weil ich an Jesus glaube, weil ich glaube, dass Jesus uns liebt!« – »Wie gern würde ich das auch empfinden!« Und da nahm sich die Tochter ein Herz und sagte: »Sag mal, Mama, willst du das wirklich?« – »Ja! Aber es ist zu spät…« – »Das ist es nie, Mama. Willst du, dass ich dich taufe?«; und ihre Mutter sagte: »Ja!« Die Tochter konnte keinen Priester rufen, weil das ihre Mutter verschreckt hätte, und so taufte sie sie eben selbst. Zwei Stunden später fiel die Mutter ins Koma und starb, um Mitternacht. Das sind die Wunder Gottes, die durch die Nähe geschehen, durch den Dienst. Keine Proselytenmacherei! Diese Tochter hat nie Proselytenmacherei betrieben. Ich kannte sie gut; sie ist ja dann auch zu mir gekommen und hat mir erzählt, was sie getan hat. Sie fürchtete, das Falsche getan zu haben. »Nein, du hast das Richtige getan! Du hast deine Mutter ins Paradies kommen lassen!« Aber man muss Geduld haben. Man muss Geduld haben. Die Proselytenmacherei hat keine Geduld. Die Proselytenmacherei ist nicht geduldig! »Lies das, mach das, komm hierhin, komm dorthin«; sie klopfen an deine Tür… Nein, nein. Freundschaft. Darum geht es: säen, in Freundschaft. Und dieses In-Freundschaft-Säen ist eine wahre Buße.
Bei diesen Versammlungen in kleinen Gruppen ist es wichtig, die Öffnung für eine größere soziale und kirchliche Dimension zu begünstigen und auch jene mit einzubeziehen, die in Kontakt gekommen sind mit eurem Charisma, aber nicht regelmäßig an einem Kurs teilnehmen. Die Kirche ist nämlich eine »Mutter mit offenem Herzen«, die uns manchmal rät, den »Schritt zu verlangsamen«, »auf die Dringlichkeiten zu verzichten, um den zu begleiten, der am Straßenrand geblieben ist« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 46). Es ist schön, allen anderen zu helfen, auch denen, die sich schwer damit tun, ihren Glauben zu leben; dabei zu helfen, immer in Kontakt mit dieser Mutter Kirche zu bleiben, stets dieser großen gastfreundlichen Familie nah, die die Mutter Kirche ist, unsere heilige Mutter Kirche. In den vergangenen Jahren hat es in Argentinien mit den Cursillos ein paar Probleme gegeben, aber es waren Probleme äußerlicher Art. Denn früher arbeitete man bis zu einem gewissen Punkt, dann kam der Samstag, Sonntag, und dann am Montag vielleicht wieder… Sie konnten es tun. Heute arbeitet man am Samstag, auch am Sonntag. Und sie fanden nicht mehr die Zeit für diese intensiven Glaubenskurse, die drei Tage dauerten, voller Gebet. Sie verloren ihr Gehalt, ihre Arbeitsprämie ja, sie riskierten sogar ihren Arbeitsplatz. Und sie versuchten, ihr Charisma dieser Situation anzupassen.
Was tut man in so einer Situation? Was haben die Christen getan zur Zeit des Nationalsozialismus, des Kommunismus: sie versuchten, auf eine andere Art Katechese zu machen, in anderen Momenten, ein bisschen im Geheimen die Messe zu feiern… Ich weiß nicht. Nach Wegen suchen, die es ermöglichen, sein Charisma weiter zu leben: Das ist sehr wichtig! Nicht zulassen, dass uns äußere Beschränkungen blockieren! Ich ermutige euch, immer »weiter zu gehen«, eurem Charisma treu! Den Eifer lebendig zu halten, das Feuer des Geistes, das die Jünger Christi immer dazu antreibt, die Fernstehenden zu erreichen, ohne Proselytenmacherei zu betreiben, »hinauszugehen aus der eigenen Bequemlichkeit und den Mut zu haben, alle Randgebiete zu erreichen, die das Licht des Evangeliums brauchen« (ebd., 20). Das habt ihr bereits gehört, ich habe es euch viele Male gesagt: In den großen Städten, christlichen Städten, auch in christlichen Familien, gibt es Kinder, die nicht wissen, wie man das Kreuzzeichen macht. Und dieser Rückfall der Gesellschaft ins Heidentum ruft uns auf den Plan: tut etwas, um zu evangelisieren. Der Geist drängt uns dazu, aus unserer eigenen Bequemlichkeit herauszugehen. Wie schön ist es doch, allen die Liebe Gottes zu verkünden, der rettet und unserem Leben einen Sinn gibt! Und den Menschen und Frauen von heute dabei zu helfen, die Schönheit des Glaubens und des Gnadenlebens zu erkennen, das man in der Kirche, unserer Mutter, erfahren kann! Es gibt christliche und katholische Gemeinschaften – die gibt es! –, wo man nicht vom Gnadenleben spricht, wo man nicht davon spricht, wie schön es ist, die heilige Dreifaltigkeit in uns zu haben, die Präsenz des lebendigen Gottes in uns. Und es ist eure Aufgabe, hinauszugehen und diese gute Nachricht zu bringen: Gott wohnt in uns, Gott ist in uns. Das ist Gnade!
Den Männern und Frauen von heute dabei zu helfen, die Schönheit des Glaubens und des Gnadenlebens zu entdecken. Und das tut ihr, wenn ihr sanft seid, eine demütige und vertrauensvolle Haltung zeigt, an der Leitung dieser heiligen Mutter, der Kirche, die immer das Wohl ihrer Kinder sucht; wenn ihr im Einklang seid mit euren Hirten, vereint mit ihnen in der Sendung, allen die Freude des Evangeliums zu bringen. Die Jungfrau Maria, Mutter der göttlichen Gnade, stehe euch bei auf eurem Weg und in eurem Apostolat. Bevor ich euch den Segen erteile, möchte ich mir nochmals die Fragen ansehen, vielleicht ist da etwas, das ich nicht gesagt habe…
»Wie kann man es schaffen, so sehr auf den Heiligen Geist zu vertrauen, dass man es wagt, die Verkündigung der Barmherzigkeit Gottes dorthin zu tragen, wo er nicht gesucht wird?« Wenn du kein Vertrauen hast in den Heiligen Geist, kannst du gleich wieder nach Hause gehen! Und dir eine andere Religion suchen, eine, die agnostischer, ideologischer ist. Jesus hat uns gesagt: »Ich lasse euch nicht allein. Ich schicke euch den Geist.« Und was tut der Geist? Er tut zweierlei. Er erinnert uns an das, was Jesus und gelehrt hat und lehrt uns, was wir tun müssen. Und dieses Vertrauen auf den Geist ist überraschend! Zu wissen, wann es der Geist ist, der dich antreibt. Ich denke dabei gern an Philippus, zu dem der Geist sagte: »Zieh auf diese Straße«, die Straße von Gaza (vgl. Apg 8,26-40). Und er geht. Und dann sieht er auf einmal einen Wagen, einen Wagen mit Reisenden, und darin sitzt der Schatzmeister von Äthiopien, der Hofbeamte der Königin Kandake; und er hört ihn den Propheten Jesaja lesen… Und dann kommt ein Gespräch in Gang: »Erklär mir das…« Und als sie an eine Wasserstelle kommen, bittet der Schatzmeister darum, getauft zu werden… Der Geist leitet dich. Ja, es ist der Geist! Vertraue dem Geist. Denke an Philippus, denke an die vielen, die wirklich vielen, die auf den Geist vertrauen. Es ist schön, die Apostelgeschichte zu lesen: Was der Geist nach Pfingsten tut! Große Dinge! Wir müssen nur Vertrauen haben!
»In jeder Bewegung kann man eine doppelte Notwendigkeit wahrnehmen: die Treue zum Anfangscharisma und die Notwendigkeit einer Veränderung und Neuheit als Antwort auf die veränderten Situationen«. Und die Frage war: »Wie kann man die Spannungen zwischen diesen beiden Polen miteinander in Einklang bringen? Wie können wir die Neuheit, die der Heilige Geist eingibt, von der Neuheit unterscheiden, die dagegen vom Charisma entfernt? Wie können wir erkennen, ob eine gewisse Treue zum Anfangscharisma eher eine Versteifung ist denn eine wahre Treue zum Heiligen Geist?«. Das ist wichtig. Die Geister zu verstehen und zu erkennen: »Liebe Brüder, traut nicht jedem Geist«, sagt uns der Apostel. Erkennen, wann eine Inspiration in Harmonie mit dem Gründungscharisma ist, und wann nicht. Dieses Weitergehen konfrontiert dich mit verschiedenen Situationen, verschiedenen Kulturen, und das Gründungscharisma muss auf diese Kultur übertragen werden. Aber man darf es nicht verraten! Nur übertragen. Es muss das Charisma sein, aber in übertragener Form!
»Ich will keine Probleme, ich folge dem Gründungscharisma… « So wirst du wie eine schöne Ausstellung, ein Museum. So machst du aus eurer Bewegung ein Museum von Dingen, die man heute nicht mehr braucht. Jedes Charisma ist gerufen, zu wachsen! Warum? Weil es den Heiligen Geist in sich trägt, und der Heilige Geist lässt uns wachsen! Jedes Charisma muss sich mit verschiedenen Kulturen auseinandersetzen, mit verschiedenen Denkweisen, verschiedenen Werten. Und was tut es? Es lässt sich vom Heiligen Geist tragen. Hier muss ich das tun, dort das andere… Und wie mache ich das? Bete, bitte! Das Gebet: ohne Gebet kommt keine Bewegung voran. Keine!
Ich möchte euch noch einmal für diese Begegnung danken. Ich danke euch für alles, was ihr in eurer Kirche tut, die so schön ist: zu helfen, Jesus zu begegnen, helfen, damit man versteht, dass es schön ist, in der Gnade Gottes zu leben. Das ist schön! Ich danke euch sehr und bitte euch: bitte betet für mich! Betet für mich, weil auch der Papst dem Heiligen Geist treu sein muss. Und jetzt erteile ich euch meinen Segen, aber beten wir zuvor noch zusammen zur Muttergottes, unserer Mutter: »Ave Maria…« (Segen) Und vergesst nicht die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit und die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit!
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