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Botschaft von Papst Franziskus
an die Teilnehmer des Kongresses »Laudato si’ und die GroSSstädte«

[RIO DE JANEIRO, 13.-15. JULI 2017]

 

An Seine Eminenz
Kardinal Lluís Martínez Sistach,
em. Erzbischof von Barcelona

Lieber Bruder!

Herzlich grüße ich Sie und alle, die an dieser Veranstaltung, dem internationalen Kongress »Laudato si’ und die Großstädte«, teilnehmen. In der Enzyklika Laudato si nehme ich Bezug auf verschiedene physische Bedürfnisse, die der Mensch heute in den großen Städten hat und denen man mit Respekt [ital. »rispetto«], Verantwortung [ital. »responsabilità«] und Beziehung [ital. »relazione«] entsprechen muss. Es handelt sich um drei »R«, die eine Hilfe sind, um angesichts der grundlegendsten Imperative unseres Zusammenlebens gemeinsam zu handeln.

Der Respekt ist die grundlegende Haltung, die der Mensch gegenüber der Schöpfung einnehmen muss. Wir haben sie als kostbares Geschenk empfangen und müssen uns anstrengen, damit die zukünftigen Generationen sie weiterhin bewundern und nutzen können. Diese Sorge müssen wir lehren und weitergeben. Der heilige Franz von Assisi sagt in seinem Sonnengesang: »Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch.« In diesen Adjektiven kommen Schönheit und Wichtigkeit dieses lebensnotwendigen Elements zum Ausdruck. Wie andere Elemente der Schöpfung ist das saubere Trinkwasser ein Ausdruck der aufmerksamen und fürsorglichen Liebe Gottes zu jedem seiner Geschöpfe, und es ist ein Grundrecht, das jede Gesellschaft garantieren muss (vgl. Laudato si’, 30). Wenn man ihm nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenkt, wird es zu einer Quelle von Krankheiten und seine Knappheit gefährdet das Leben von Millionen Menschen.

Es ist die Pflicht aller, in der Gesellschaft ein respektvolles Bewusstsein für die Umwelt zu schaffen. Das wird uns und den zukünftigen Generationen zugute kommen. Die Verantwortung gegenüber der Schöpfung ist die Art und Weise, in der wir mit ihr interagieren müssen, und es ist eine unserer Hauptaufgaben. Wir dürfen nicht mit verschränkten Armen zusehen, wie die Luftqualität drastisch abnimmt und die Müllberge wachsen, Müll, der nicht angemessen entsorgt wird. Diese Wirklichkeit ist die Folge einer verantwortungslosen Form der Manipulation der Schöpfung und sie fordert uns zu einer aktiven Verantwortung zum Wohl aller auf. Darüber hinaus ist eine Gleichgültigkeit gegenüber unserem gemeinsamen Haus zu beobachten und leider auch gegenüber so vielen Tragödien und Nöten, die unsere Brüder und Schwestern treffen. Diese Passivität »ist ein Zeichen für den Verlust jenes Verantwortungsgefühls für unsere Mitmenschen, auf das sich jede zivile Gesellschaft gründet« (Laudato si’, 25). Jedes Territorium und jede Regierung sollte bei den Bürgern verantwortliches Handeln fördern, damit diese mit Ideenreichtum reagieren und die Schaffung eines lebbareren und gesünderen gemeinsamen Hauses unterstützen können. Wenn jeder seinen kleinen Teil an Verantwortung übernimmt, wird man viel erreichen.

In den Großstädten wie auch in den ländlichen Gebieten ist ein wachsender Mangel an Beziehung zu beobachten. Abgesehen von deren Ursachen bewirkt der beständige Menschenstrom eine pluralere, multikulturelle Gesellschaft, die etwas Gutes und eine Bereicherung ist sowie soziales und persönliches Wachstum mit sich bringt. Aber zugleich bewirkt dieser Mangel, dass die Gesellschaft immer verschlossener und misstrauischer wird. Fehlende Wurzeln und die Isolierung einiger sind Armutsformen, die zu Ghettos degenerieren und Gewalt und Ungerechtigkeit hervorrufen können. Dagegen ist der Mensch berufen, zu lieben und geliebt zu werden, indem er Bande der Einheit mit allen seinen Mitmenschen knüpft. Es ist wichtig, dass die Gesellschaft auf politischer, erzieherischer und religiöser Ebene gemeinsam aktiv wird, um herzlichere menschliche Beziehungen herzustellen, die isolierende und ausgrenzende Mauern durchbrechen können. Das kann durch Gruppen, Schulen, Pfarreien etc. geschehen, die mit ihrer Präsenz in der Lage sind, ein Netz der Gemeinschaft und der Zugehörigkeit aufzubauen, um ein besseres Zusammenleben zu fördern, sowie viele Hindernisse zu überwinden. »Auf diese Weise hört jeder beliebige Ort auf, eine Hölle zu sein, und wird zum Umfeld eines würdigen Lebens« (Laudato si, 148).

Diese Tage des Studiums und der Reflexion möchte ich der Fürsprache der allerseligsten Jungfrau, der Königin des Himmels und der Erde, anvertrauen. Mögen ihr Rat und ihre Führung eure Entscheidungen hinlenken zu einer ganzheitlichen Ökologie, die unser gemeinsames Haus schützt und eine immer menschlichere und solidarischere Zivilisation aufbaut. Ich bitte euch, für mich zu beten; und ich bitte den Herrn, euch zu segnen.

Aus dem Vatikan, am 12. Juni 2017

FRANZISKUS

 



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