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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS
ZUR ABSCHLUSSMESSE DES
52. EUCHARISTISCHEN WELTKONGRESSES IN BUDAPEST UND IN DIE SLOWAKEI
(12.-15. SEPTEMBER 2021)

HEILIGE MESSE

PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS 

Feld vor dem Nationalheiligtum (Sastin)
Mittwoch, 15. September 2021

[Multimedia]

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Im Tempel von Jerusalem streckt Maria ihre Arme denen des greisen Simeon entgegen, der Jesus empfängt und ihn als den zum Heil Israels gesandten Messias erkennen kann. Betrachten wir an dieser Szene, wer Maria ist: Sie ist die Mutter, die uns ihren Sohn Jesus schenkt. Deshalb lieben und verehren wir sie. Und zu diesem Nationalheiligtum von Šaštín strömt das slowakische Volk mit Glauben und Frömmigkeit, weil es weiß, dass sie es ist, die uns Jesus schenkt. Im „Logo“ dieser apostolischen Reise ist eine Straße in einem Herz eingezeichnet, das vom Kreuz überragt wird: Maria ist der Weg, der uns in das Herz Christi führt, der sein Leben aus Liebe zu uns hingegeben hat.

Im Licht des Evangeliums, das wir gehört haben, können wir auf Maria als Vorbild des Glaubens schauen. Und wir erkennen drei Merkmale des Glaubens: den Weg, die Prophezeiung und das Erbarmen.

Zunächst einmal ist Marias Glaube ein Glaube, der sich auf den Weg macht. Das junge Mädchen aus Nazaret machte sich sofort nach der Verkündigung des Engels »auf den Weg ins Bergland« (Lk 1,39), um ihre Cousine Elisabeth zu besuchen und ihr zu helfen. Sie betrachtete es nicht als Privileg, zur Mutter des Erlösers berufen worden zu sein; sie verlor aufgrund des Besuchs des Engels nicht die einfache Freude ihrer Demut; sie blieb nicht unbeweglich innerhalb der vier Wände ihres Hauses, um sich selbst zu betrachten. Im Gegenteil, sie lebte die empfangene Gabe als eine zu erfüllende Sendung; sie spürte das Bedürfnis, die Tür zu öffnen und das Haus zu verlassen; sie verlieh der Ungeduld Leben und Gestalt, mit der Gott alle Menschen erreichen will, um sie mit seiner Liebe zu retten. Deshalb macht sich Maria auf den Weg: Sie zieht die Ungewissheit der Reise der Bequemlichkeit ihrer Gewohnheiten vor, die Mühe des Weges der häuslichen Beständigkeit, das Risiko eines Glaubens, der sich einbringt und sich zum Geschenk der Liebe für andere macht, der Sicherheit einer ruhigen Frömmigkeit.

Auch das heutige Evangelium zeigt uns Maria auf dem Weg: Sie ist unterwegs nach Jerusalem, wo sie zusammen mit ihrem Ehemann Josef Jesus im Tempel darbringt. Und ihr ganzes Leben wird ein Weg in der Nachfolge ihres Sohnes sein, als erste Jüngerin, bis hin zum Kalvarienberg am Fuße des Kreuzes. Maria ist immer auf dem Weg.

So ist die Jungfrau das Vorbild für den Glauben dieses slowakischen Volkes: ein Glaube, der sich auf den Weg macht, immer beseelt von einer einfachen und aufrichtigen Frömmigkeit, immer auf Pilgerschaft in der Suche nach dem Herrn. Und indem ihr unterwegs seid, überwindet ihr die Versuchung eines statischen Glaubens, der sich mit einem Ritual oder einer alten Tradition begnügt. Stattdessen geht ihr aus euch heraus, tragt in eurem Gepäck eure Freuden und Leiden und macht aus dem Leben eine Pilgerreise der Liebe zu Gott und zu euren Brüdern und Schwestern. Danke für dieses Zeugnis! Und bitte, bleibt auf dem Weg, immer. Nicht stehen bleiben! Und ich möchte auch etwas hinzufügen. Ich habe gesagt: „Nicht stehen bleiben“, aber wenn die Kirche stehen bleibt, wird sie krank; wenn die Bischöfe stehen bleiben, machen sie die Kirche krank; wenn die Priester stehen bleiben, machen sie das Volk Gottes krank.

Der Glaube Marias ist auch ein prophetischer Glaube. Das junge Mädchen aus Nazaret ist durch ihr Leben eine Prophetie des Wirkens Gottes in der Geschichte, seines barmherzigen Handelns, das die Logik der Welt umstößt, indem er die Niedrigen erhöht und die Hochmütigen zerstreut (vgl. Lk 1,52). Als Vertreterin für alle „Armen Jahwes“, die zu Gott schreien und das Kommen des Messias erwarten, ist Maria die von den Propheten Israels angekündigte Tochter Zion (vgl. Zeph 3,14-18), die Jungfrau, die den Gott mit uns, den Emmanuel, empfangen wird (vgl. Jes 7,14). Als unbefleckte Jungfrau ist Maria Ikone unserer Berufung: Wie sie sind wir dazu berufen, heilig und unbefleckt in der Liebe zu sein (vgl. Eph 1,4) und so zum Ebenbild Christi zu werden.

Die Prophezeiung Israels findet den Höhepunkt in Maria, denn sie trägt das fleischgewordene Wort Gottes, Jesus, in ihrem Schoß. Er erfüllt den Plan Gottes vollständig und endgültig. Simeon sagt zu seiner Mutter über ihn: »Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird« (Lk 2,34).

Vergessen wir dies nicht: Der Glaube lässt sich nicht auf einen Zuckerguss reduzieren, der das Leben versüßt. Das geht nicht. Jesus ist ein Zeichen des Widerspruchs. Er ist gekommen, um Licht in die Dunkelheit zu bringen, indem er die Dunkelheit ins Freie herausgeholt hat und sie so zum Aufgeben gezwungen hat. Deshalb kämpft die Dunkelheit immer gegen ihn. Wer Christus annimmt und sich ihm öffnet, ersteht; wer ihn ablehnt, verschließt sich in der Finsternis und richtet sich selbst zugrunde. Jesus sagte seinen Jüngern, dass er nicht gekommen ist, Frieden zu bringen, sondern das Schwert (vgl. Mt 10,34): Denn sein Wort dringt wie ein zweischneidiges Schwert in unser Leben ein und trennt das Licht von der Finsternis und fordert uns auf, uns zu entscheiden. Er sagt: „Entscheide dich“. Vor Jesus können wir nicht lau bleiben und uns alle Optionen offenhalten. Nein, das kann man nicht. Ihn aufzunehmen bedeutet, zu akzeptieren, dass er meine Widersprüche, meine Götzen, die Beeinflussungen des Bösen aufdeckt; und dass er für mich zur Auferstehung wird, derjenige, der mich immer wieder aufrichtet, der mich an die Hand nimmt und mich neu beginnen lässt. Er richtet mich immer auf.

Auch die Slowakei braucht heute gerade diese Propheten. Ihr Bischöfe, seid Propheten, die diesen Weg beschreiten mögen. Es geht nicht darum, der Welt feindlich gesinnt zu sein, sondern darum, „Zeichen des Widerspruchs“ in der Welt zu sein. Christen, die es verstehen, mit ihrem Leben die Schönheit des Evangeliums zu zeigen. Christen, die den Dialog fördern, wo die Positionen sich verhärten; die das brüderliche Leben dort aufleuchten lassen, wo man sich in der Gesellschaft oft spaltet und feindselig ist; die den Wohlgeruch der Aufnahmebereitschaft und der Solidarität verbreiten, wo oft persönlicher und kollektiver Egoismus vorherrschen; die das Leben schützen und bewahren, wo die Logik des Todes waltet.

Maria, Mutter des Weges, macht sich auf den Weg; Maria, Mutter der Prophetie; schließlich ist Maria die Mutter des Erbarmens. Ihr Glaube ist voller Erbarmen. Sie, die sich selbst als „Magd des Herrn“ bezeichnete (vgl. Lk 1,38) und sich mit mütterlicher Sorge darum kümmerte, dass es auf der Hochzeit zu Kana nicht an Wein mangelte (vgl. Joh 2,1-12), teilte mit ihrem Sohn die Heilssendung bis hin zum Fuß des Kreuzes. In diesem Moment, im qualvollen Schmerz auf dem Kalvarienberg, hat sie die Prophezeiung des Simeon begriffen: »Deine Seele wird ein Schwert durchdringen« (Lk 2,35). Das Leiden des sterbenden Sohnes, der die Sünden und den Kummer der Menschheit auf sich genommen hat, hat auch sie durchdrungen. Jesus, im Fleisch gepeinigt, ist der Mann voller Schmerzen, der vom Bösen entstellt wurde (vgl. Jes 53,3); Maria, in der Seele gepeinigt, die Mutter voller Erbarmen, fängt unsere Tränen auf, tröstet uns zugleich und zeigt uns in Christus den endgültigen Sieg.

Und Maria von den sieben Schmerzen verharrt einfach unter dem Kreuz. Sie bleibt unter dem Kreuz. Sie läuft nicht weg, sie versucht nicht, sich selbst zu retten, sie setzt keine menschlichen Kunstgriffe und geistigen Betäubungsmittel ein, um dem Schmerz zu entfliehen. Das ist die Prüfung des Erbarmens: unter dem Kreuz zu bleiben, mit einem von Tränen gezeichneten Gesicht, aber mit dem Glauben dessen, der weiß, dass Gott in seinem Sohn den Schmerz verwandelt und den Tod besiegt.

Und auch wir öffnen uns, wenn wir auf die jungfräuliche schmerzhafte Mutter schauen, für einen Glauben, der zum Erbarmen wird, der das Leben mit den Verwundeten, den Leidenden und denjenigen teilt, die schwere Kreuze auf ihren Schultern zu tragen haben. Ein Glaube, der nicht abstrakt bleibt, sondern Fleisch annimmt und uns solidarisch mit den Bedürftigen macht. Dieser Glaube mildert auf die Weise Gottes, demütig und ohne Aufsehen, den Schmerz der Welt und bewässert die Furchen der Geschichte mit dem Heil.

Liebe Brüder und Schwestern, möge der Herr euch immer das Staunen und die Dankbarkeit für das Geschenk des Glaubens bewahren! Und möge die selige Jungfrau Maria euch die Gnade gewähren, dass euer Glaube immer in Bewegung bleibe, dass er die Prophetie atme und reich an Erbarmen sei.
 

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Liebe Brüder und Schwestern,

es ist nunmehr der Augenblick gekommen, mich aus eurem Land zu verabschieden. In dieser Eucharistiefeier habe ich Gott gedankt, dass er mir das Geschenk gemacht hat, zu euch zu kommen und meine Pilgerreise abzuschließen in der frommen Umarmung  eures Volkes . So konnten wir gemeinsam das große religiöse und nationale Fest eurer Schutzpatronin, der schmerzhaften Jungfrau, begehen.

Ich danke euch, liebe Bischöfe, von Herzen für all die Vorbereitung und den Empfang. Ich erneuere meinen Dank an die Präsidentin der Republik und an die zivilen Behörden. Und ich bin all jenen dankbar, die auf verschiedene Weise mitgewirkt haben, vor allem mit ihrem Gebet.

Ich trage euch im Herzen. Ďakujem všetkým! [Danke allen!]

 



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