HEILIGE MESSE, SEGEN UND AUSTEILUNG DES ASCHENKREUZES
PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS
Stationskirche Santa Sabina auf dem Aventin
Mittwoch, 5. März 2014
»Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider« (Joël 2,13).
Mit diesen eindringlichen Worten des Propheten Joël lässt uns die Liturgie heute in die Fastenzeit eintreten und verweist auf die Bekehrung des Herzens als Merkmal dieser Zeit der Gnade. Der Aufruf des Propheten ist für uns alle ohne Ausnahme eine Herausforderung und erinnert uns daran, dass die Bekehrung sich nicht auf äußere Formen oder vage Vorsätze beschränkt, sondern dass sie ausgehend vom Zentrum der Person, dem Gewissen, die gesamte Existenz erfasst und verwandelt. Wir sind eingeladen, einen Weg einzuschlagen, auf dem wir der Routine trotzen und uns bemühen, Augen und Ohren, vor allem aber das Herz zu öffnen, um über unser eigenes »Gärtchen« hinauszugehen.
Sich Gott und den Nächsten öffnen. Wir wissen, dass uns diese immer künstlichere Welt in einer Kultur des »Machens« und des »Nützlichen« leben lässt, wo wir, ohne es zu merken, Gott aus unserem Horizont ausschließen. Aber damit schließen wir auch den Horizont selbst aus! Die Fastenzeit lädt uns ein, uns »aufzurütteln «, uns daran zu erinnern, dass wir Geschöpfe sind, ganz einfach, dass wir nicht Gott sind. Wenn ich im täglichen kleinen Umfeld einige Machtkämpfe sehe, um Raum zu besetzen, dann denke ich: Diese Leute spielen Gott, den Schöpfer. Sie haben es noch nicht gemerkt, dass sie nicht Gott sind. Und auch den anderen gegenüber laufen wir Gefahr, uns zu verschließen und sie zu vergessen. Aber nur wenn die Schwierigkeiten und Leiden unserer Brüder und Schwestern uns nahe gehen, nur dann können wir unseren Weg der Bekehrung auf Ostern hin beginnen. Es ist ein Weg, der das Kreuz und den Verzicht einschließt. Das heutige Evangelium weist auf die Elemente dieses geistlichen Weges hin: Gebet, Fasten, Almosen (vgl. Mt 6,1-6.16-18). Alle drei beinhalten die Notwendigkeit, sich nicht beherrschen zu lassen von den Dingen, die in Erscheinung treten: was zählt, ist nicht der Schein; der Wert des Lebens hängt nicht von der Anerkennung der anderen oder vom Erfolg ab, sondern von dem, was in unserem Inneren ist.
Das erste Element ist das Gebet. Das Gebet ist die Kraft des Christen und jedes gläubigen Menschen. In der Schwachheit und Verletzlichkeit unseres Lebens können wir uns mit dem Vertrauen eines Kindes an Gott wenden und in die Gemeinschaft mit ihm eintreten. Angesichts der vielen Wunden, die uns weh tun und die unser Herz verhärten könnten, sind wir aufgerufen, in den Ozean des Gebetes einzutauchen, der der Ozean der grenzenlosen Liebe Gottes ist, um seine Zärtlichkeit zu kosten. Die Fastenzeit ist eine Zeit des Gebets, eines intensiveren Gebets, eines längeren, ausdauernden Gebets, das in der Lage ist, sich die Nöte der Brüder und Schwestern zu eigen zu machen, Fürbittgebet, um vor Gott einzutreten für die vielen Situationen der Armut und des Leids.
Das zweite Merkmal des Weges der österlichen Bußzeit ist das Fasten. Wir müssen aufpassen, dass wir kein rein formales Fasten praktizieren oder ein Fasten, das uns in Wirklichkeit »satt« werden lässt, weil wir uns dann mit uns selbst im Reinen fühlen. Das Fasten hat einen Sinn, wenn es wirklich unsere Sicherheit in Frage stellt und auch wenn daraus eine Wohltat für die anderen hervorgeht, wenn es uns hilft, den Stil des Guten Samariters zu pflegen, der sich über den Bruder in Schwierigkeiten beugt und sich um ihn kümmert. Das Fasten beinhaltet die Entscheidung für einen maßvollen Lebensstil; ein Leben, das nicht verschwendet, ein Leben, das nicht »wegwirft«.
Fasten hilft uns, das Herz für das Wesentliche und das Teilen zu trainieren. Es ist ein Zeichen der Bewusstwerdung und der Verantwortlichkeit angesichts der Ungerechtigkeiten und Übergriffe vor allem gegen die Armen und Kleinen, und es ist ein Zeichen für das Vertrauen, das wir in Gott und seine Vorsehung setzen.
Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana