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FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS

Die Hirten dürfen das Volk Gottes nicht allein lassen
 

Freitag, 13. März 2020

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»In diesen Tagen vereinen wir uns mit den Kranken, den Familien, die unter dieser Pandemie leiden. Ich möchte heute auch für die Hirten beten, die das Volk Gottes in dieser Krise begleiten müssen.« Mit diesen in freier Rede gesprochenen Worten begann

Papst Franziskus die Feier der heiligen Messe in der Kapelle des Gästehauses Santa Marta am Freitagmorgen, 13. März, dem siebten Jahrestag seiner Wahl. »Möge der Herr«, sagte der Papst, den Hirten »die Kraft und auch die Fähigkeit schenken, die besten Mittel zu wählen, um zu helfen. Drastische Maßnahmen sind nicht immer gut, lasst uns deshalb beten, dass der Heilige Geist den Hirten die pastorale Fähigkeit und das Urteilsvermögen schenke, für Maßnahmen zu sorgen, die das heilige gläubige Volk Gottes nicht alleine lassen. Möge sich das Volk Gottes von den Hirten und dem Trost des Wortes Gottes, der Sakramente und des Gebets begleitet fühlen«.

Der Papst verlieh seinen Worten dadurch noch mehr Nachdruck, auch im Hinblick auf die »Perversion des Klerikalismus«, dass er den Eröffnungsvers las: »Herr, ich suche Zuflucht bei dir. Lass mich doch niemals scheitern. Du wirst mich befreien aus dem Netz, das sie mir heimlich legten; denn du bist meine Zuflucht« (vgl. Ps 31,2-5). Der Gottesdienst wurde, wie es bereits seit Montag, 9. März, geschieht, live im Video-Stream übertragen, damit jeder die Nähe des Bischofs von Rom in dieser besorgniserregenden Zeit spüren kann.

Für seine Betrachtung ließ sich der Papst von den in Liturgie vorgesehenen Lesungen inspirieren: der ersten, die dem Buch Genesis (37,3-4.12-13.17-28), und der zweiten, die dem Matthäusevangelium (21,33-43.45) entnommen war. »Beide Lesungen sind eine Prophezeiung der Passion des Herrn«, klärte der Papst gleich eingangs: »Josef wurde als Sklave für zwanzig Silberstücke verkauft und an die Heiden ausgeliefert. Und das Gleichnis Jesu, das deutlich symbolisch von der Tötung des Sohnes spricht.« Matthäus erzähle im Evangelium das Gleichnis über einen ›Gutsbesitzer, der einen Weinberg anlegte‹– über die Sorgfalt, mit der er das tat –, ›er zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm‹– er hatte es gut gemacht. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land«. »Das ist das Volk Gottes: der Herr hat jenes Volk auserwählt, diese Menschen sind auserwählt. Und sie sind das auserwählte Volk«, so der Papst.

Und »es gibt auch eine Verheißung: geht weiter! Du bist mein Volk. Es ist dies eine Verheißung an Abraham, und mit dem Volk wird auch auf dem Sinai ein Bund geschlossen.« Ja, »das Volk muss die Erinnerung an die Erwählung stets bewahren, dass es ein erwähltes Volk ist, die Verheißung, um hoffnungsvoll nach vorn zu blicken, und an den Bund, um jeden Tag die Treue zu leben«. Doch in diesem Gleichnis »kommt es dazu«, so der Papst, »dass diese Leute, als die Zeit kam, die Früchte zu ernten, vergessen hatten, dass nicht sie die Herren waren: Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, wieder einen anderen steinigten sie.

Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso.« »Gewiss zeigt Jesus hier, wie die Gesetzeslehrer« – und der Papst wies darauf hin, dass Matthäus uns sage, dass er gerade zu diesen spreche – »die Propheten behandelten«. Denn, so wiederholte Franziskus mit den Worten des Evangelisten, »zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen«, da er gedacht habe, sie hätten ihn respektiert. »Doch als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn umbringen, damit wir sein Erbe in Besitz nehmen.« Sie hätten also »das Erbe gestohlen, das ein anderes war«. Dies sei »eine Geschichte der Treulosigkeit, der Untreue gegenüber der Erwählung, der Untreue gegenüber der Verheißung, der Untreue gegenüber dem Bund, der ein Geschenk ist«.

Denn »die Erwählung, die Verheißung und der Bund sind ein Geschenk Gottes«. Die »Treulosigkeit gegenüber Gottes Gabe« bestehe also darin, »nicht zu verstehen, dass es ein Geschenk war, und es als Eigentum zu nehmen. So »eigneten sich diese Leute das Geschenk an und nahmen es weg, um es in ihr eigenes Eigentum zu verwandeln«. Und »das Geschenk, das Reichtum ist, Offenheit, Segen, wurde eingeschlossen, in den Käfig einer Lehre von vielen Gesetzen gesteckt. Es ist ideologisiert worden.« Doch auf diese Weise, so die Warnung des Papstes, »hat das Geschenk sein Wesen als Geschenk verloren, es ist in einer Ideologie gelandet, vor allem in einer moralistischen Ideologie voller Vorschriften, die lächerlich ist, weil sie für alles auf die Kasuistik zurückgreift«. Kurzum, »sie eigneten sich das Geschenk an« und »das ist die große Sünde: es ist die Sünde des Vergessens, dass Gott sich selbst für uns geschenkt hat, dass Gott uns dies als Geschenk gegeben hat und dadurch, dass man das vergisst, zu Herren zu werden«.

Folglich, so der Papst, »ist die Verheißung nicht bereits Verheißung, die Erwählung ist nicht bereits Erwählung: der Bund muss nach meiner Meinung interpretiert, ideologisiert werden«. »Hier, in dieser Haltung, sehe ich im Evangelium vielleicht bereits den Anfang des Klerikalismus, der eine Perversion ist, der immer die unentgeltliche Erwählung durch Gott, den freien Bund Gottes, die freie Verheißung Gottes leugnet«, unterstrich der Papst. Der Klerikalismus »vergisst die Unentgeltlichkeit der Offenbarung, er vergisst, dass Gott sich als Geschenk offenbart hat, er hat sich für uns zum Geschenk gemacht, und wir müssen es weitergeben, es den anderen als ein Geschenk, nicht als unseren Besitz zeigen«. Doch »der Klerikalismus ist keine Sache dieser Tage, die Rigidität ist keine Sache dieser Tage, das gab es schon zu Jesu Zeiten«, sagte Franziskus.

Zum Schluss seiner Predigt erinnerte der Papst daran, dass »Jesus die Gleichnisse weiter erklären wird – hier geht es um Kapitel 21 –, er wird weitergehen bis zum Kapitel 23 mit der Verurteilung, wo wir Gottes Zorn gegen diejenigen sehen, die sich das Geschenk als ihr Eigentum aneignen und seinen Reichtum auf die ideologischen Launen ihres Geistes reduzieren«. Und gerade aus dieser Perspektive lud Franziskus dazu ein, »den Herrn heute um die Gnade zu bitten, die Gabe als Geschenk zu empfangen und sie als solches weiterzugeben, nicht als Eigentum, nicht auf sektiererische Weise, nicht auf rigide Weise, nicht auf klerikalistische Weise«.

Am Ende der heiligen Messe verharrte der Papst wie üblich im Gebet vor dem Bild der Muttergottes neben dem Altar in der Kapelle Santa Marta, begleitet vom Gesang der marianischen Antiphon. Später, um die Mittagszeit, leitete Kardinal-Erzpriester Angelo Comastri dann in der Vatikanbasilika vor dem Kathedra-Altar ein Mariengebet mit dem Gebet des Angelus und des Rosenkranzes.

 



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