PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Ein Christ ist immer jung
Dienstag, 28. Mai 2018
»Entweder du bist jung im Herzen, in der Seele oder du bist kein ganzer Christ.« Die Predigt in der Messe, die Papst Franziskus am Morgen des 28. Mai in Santa Marta feierte, war eine wahre Hymne an das Leben, an die Vitalität, an die »Jugend des Geistes«. Diese steht im Gegensatz zum müden Dahintreiben so vieler geistig »pensionierter« Menschen, die bedrückt sind aufgrund von Schwierigkeiten und Traurigkeit, denn »die Sünde lässt altern«. Ein Windstoß der Freude, gegründet auf das »große Geschenk, das Jesus uns hinterlassen hat«: den Heiligen Geist.
Ausgangspunkt der Betrachtungen des Papstes war das Tagesevangelium (Joh 16,5-11): ein Auszug aus der Abschiedsrede an die Apostel während des Letzten Abendmahls. Bei jener Gelegenheit »sagt Jesus vieles«, aber »das Herzstück dieser Rede ist der Heilige Geist«. Tatsächlich schenkt der Herr seinen Freunden eine richtiggehende »Katechese über den Heiligen Geist«. Sie beginne mit der Feststellung ihres Gemütszustandes: »Vielmehr hat Trauer euer Herz erfüllt, weil ich euch das gesagt habe.« Und »er tadelt sie sanft«, denn, so der Papst, »die Traurigkeit ist keine christliche Haltung«. Die innere Unruhe der Apostel – die angesichts des Dramas Jesu und der Ungewissheit in Bezug auf die Zukunft »beginnen, das Drama der Passion zu verstehen« – sei mit der Realität eines jeden Christen vergleichbar. In diesem Zusammenhang erinnerte Franziskus daran, dass im Tagesgebet die Bitte um die Bewahrung der »erneuerten Jugend des Geistes« enthalten war und somit eine Anrufung »gegen die Traurigkeit«. Genau das, fügte er hinzu, sei der Punkt: »Der Heilige Geist bewirkt, dass es in uns immer diese Jugend gibt, die sich jeden Tag durch seine Gegenwart erneuert.«
Der Papst vertiefte diesen Gedanken und fuhr fort: »Eine große Heilige hat gesagt: Ein Heiliger, der traurig ist, ist ein trauriger Heiliger; ein Christ , der traurig ist, ist ein ›trauriger Christ‹. Das darf nicht sein.« Was bedeute das? Dass »Traurigkeit nicht in das Herz des Christen eindringt«, weil er »jung ist«. Eine Jugend, die erneuert werde und die »ihn viele Prüfungen, viele Schwierigkeiten schultern lässt«. Der Papst erklärte dies unter Bezugnahme auf die erste Lesung aus der Apostelgeschichte (16,22-34). Dies sei zum Beispiel Paulus und Silas widerfahren, die von den obersten Beamten in Philippi zu Schlägen und Gefängnis verurteilt worden seien. In diesem Moment »kommt der Heilige Geist und erneuert alles. Er macht alles neu. Er macht auch den Gefängniswärter jung.«
Der Heilige Geist sei also derjenige, der »uns im Leben begleitet, der uns stützt«. Wie der Name sage, den Jesus ihm gebe: »Paraklet, Beistand«. Ein ungewöhnlicher Begriff, dessen Bedeutung vielen oft entgehe. Der Papst scherzte darüber, indem er eine kurze Anekdote über eine heilige Messe erzählte, die er einst als Pfarrer gefeiert hatte: »Es waren über 250, 300 Kinder. Es war ein Pfingstsonntag, und ich fragte sie: ›Wer weiß, wer der Heilige Geist ist?‹ Und alle: ›Ich, ich, ich!‹ – ›Du.‹ – ›Der Gelähmte‹, sagte er mir. Er hatte ›Paraclito‹ gehört und nicht verstanden, was das war.« Und so habe er gesagt: »gelähmt, ›paralitico‹«. Ein lustiges Missverständnis, das aber, so Franziskus, eine Wirklichkeit offenbare: »Oftmals denken wir, dass der Heilige Geist ein Gelähmter ist, dass er nichts tut… Und dabei ist er derjenige, der uns stützt und trägt.« Denn, so erklärte der Papst, »das Wort Paraklet bedeutet ›der, der neben mir ist, um mich zu stützen‹, damit ich nicht falle, damit ich weitermache, damit ich diese Jugend des Geistes bewahre«. Deshalb »ist der Christ immer jung: immer. Und wenn das Herz des Christen zu altern anfängt, beginnt seine Berufung als Christ zu schwinden. Entweder bist du jung im Herzen, in der Seele oder du bist nicht voll und ganz christlich.«
Manche einer könnte vielleicht Angst vor den Schwierigkeiten haben und sagen: »›Aber wie bringe ich es fertig…?‹: Da ist der Geist. Der Geist wird dir in dieser erneuerten Jugend helfen.« Dies bedeute nicht, dass es an Schmerzen fehlen werde. Paulus und Silas zum Beispiel hätten unter den ihnen verabreichten Schlägen sehr gelitten: »Der Text sagt, dass sich der Gefängniswärter, als er dieses Wunder sah, bekehren wollte und sie zu sich nach Hause brachte, ihre Wunden mit Öl behandelte… Es waren schlimme, tiefe Wunden.« Aber trotz des Schmerzes »waren sie voller Freude, sie sangen… Das ist die Jugend. Eine Jugend, die dich immer auf die Hoffnung schauen lässt.«
Und wie erlange man diese Jugend? »Dazu bedarf es eines täglichen Dialogs mit dem Heiligen Geist, der immer an unserer Seite ist.« Der Heilige Geist »ist das große Geschenk, das Jesus uns hinterlassen hat: diese Unterstützung, die dich weitergehen lässt«. Und so könnten wir denen antworten, die sagten: »Ja, Pater, es ist wahr, aber Sie wissen, ich bin ein Sünder, in meinem Leben gibt es viele, viele schlechte Dinge und ich kann nicht…« – Wir könnten ihnen antworten: »Ist ja gut, schau auf deine Sünden; aber schau auch auf den Geist, der an deiner Seite ist, und sprich mit dem Heiligen Geist: Er wird dein Beistand sein und dir die Jugend zurückgeben.« Denn »wir alle wissen, dass die Sünde altern lässt: sie lässt altern. Sie macht die Seele älter, sie macht alles älter. Der Geist hingegen hilft uns, Buße zu tun, die Sünde zu lassen und mit jener Jugend weiterzugehen.«
Daher mahnte Franziskus dazu, das, was er »heidnische Traurigkeit« nannte, beiseite zu lassen, wobei er erklärte: »Ich sage nicht, dass das Leben ein Karneval ist: Nein, das ist nicht wahr. Im Leben gibt es Kreuze, es gibt schwierige Momente. Aber in diesen schwierigen Momenten ist zu spüren, dass der Geist uns hilft, wie Paulus und Silas voranzugehen und die Schwierigkeiten zu überwinden. Sogar das Martyrium. Weil da diese erneuerte Jugend ist.«
Den Abschluss der Predigt bildete eine Aufforderung zum Gebet: »Bitten wir den Herrn, diese erneuerte Jugend nicht zu verlieren, keine pensionierten Christen zu sein, die ihre Freude verloren haben und sich nicht voranbringen lassen… Der Christ geht nie in Rente. Der Christ lebt, er lebt, weil er jung ist – wenn er ein wahrer Christ ist.«
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