PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Wenn man Versuchungen ausgesetzt ist
Dienstag, 8. Mai 2018
(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 23/24, 8. Juni 2018)
Es gibt einen Feind und »Verführer«, der »unsere Neugier und unsere Eitelkeit« ausnutzt, indem er »Geschenke« verspricht, die in einem schönen »Päckchen verpackt sind, ohne uns sehen zu lassen, was drin ist«; ein Feind, der wie »ein tollwütiger und angeketteter Hund« ist, dem man sich nicht nähern sollte – denn andernfalls »beißt er dich, zerstört er dich« – und mit dem man sich nie auf einen Dialog einlassen darf. Vielmehr muss er mit den Waffen des Gebets, der Buße und des Fastens bekämpft werden. Die Betrachtungen von Papst Franziskus bei der Messe in Santa Marta am Dienstag, den 8. Mai, konzentrierten sich ganz auf den geistlichen Kampf gegen den Teufel.
Der Papst ging vom Schluss des Tagesevangeliums (Joh 16,5-11) aus und erklärte zunächst, dass der Herr uns sage: »Der Heilige Geist wird es sein, der uns begreifen lässt, dass der Herrscher dieser Welt bereits gerichtet ist.« Folglich »müssen wir den Heiligen Geist um die Gnade bitten, dies gut zu verstehen«: dass »der Teufel ein Besiegter ist«. Der Papst merkte sofort an, dass er »nicht tot, sondern lebendig ist«. Allerhöchstens »können wir sagen, dass er ein Todgeweihter ist«, doch er sei auch »ein Besiegter«. Aus diesem Grund »kann er nichts versprechen. Er kann uns keine Hoffnung geben, um irgendetwas aufzubauen. Nein, er ist ein Besiegter.«
Und obwohl »wir wissen, dass er besiegt ist«, so Franziskus, »ist es im alltäglichen Leben nicht leicht, diese Vorstellung zu verinnerlichen, davon überzeugt zu sein«. Der Grund sei leicht zu verstehen: »In erster Linie, weil der Teufel ein Verführer ist, und es uns gefällt, verführt zu werden. Das gefällt uns. Und er weiß, wie er sich uns nähern muss. Er weiß, welche Worte er uns sagen muss. Er erweckt unsere Neugier, denn alle sind wir neugierig, und unsere Eitelkeit: ›Ja was sagt er denn?‹« Kurzum, »das, was Eva geschehen ist, geschieht auch in uns. Er sagt zu uns: ›Kostet das! Es ist nicht, wie ihr denkt, nein…‹ Das ist die Verführung.«
Darüber hinaus, so der Papst weiter, »schmeichelt es unserer Eitelkeit, dass an uns gedacht wird, dass uns Angebote gemacht werden… Er besitzt diese Fähigkeit; diese Fähigkeit der Verführung. « Aus diesem Grund »ist es so schwer, zu verstehen«, dass es sich um »einen Besiegten« handle. »Denn er präsentiert sich mit großer Macht. Er verspricht dir viele Dinge, er bringt dir Geschenke, schöne, gut eingepackte Geschenke.
›Ach wie schön!‹ Aber du weißt nicht, was in der Verpackung ist. ›Nun, das Geschenkpapier außen ist schön.‹ Er verführt uns mit dem Päckchen, ohne uns sehen zu lassen, was drin ist. Er versteht es, unserer Eitelkeit, unserer Neugier seine Vorschläge zu unterbreiten.« Denn, fügte der Papst mit einem sprechenden Bild hinzu, »er liegt im Sterben, aber so wie der Drache, wie das Krokodil, von dem die Jäger, wenn es im Sterben liegt, sagen: ›Nähere dich dem Krokodil nicht, denn mit einem Schlag seines Schwanzes vermag es, dich in die andere Welt zu befördern.‹ Der Teufel ist sehr gefährlich.« Und »er ist ein Verführer. Er präsentiert sich mit all seiner Macht. Und wir Dummköpfe fallen darauf herein.« Franziskus unterstrich erneut, wie gefährlich der Teufel sei und dass er »gut zu sprechen versteht. Er redet sehr gut.« Und nicht nur das: »Er vermag auch, ein Instrument zu spielen, zu singen.
Sogar das österliche Halleluja kann er singen, um zu täuschen. Er ist der große Lügner, der Vater der Lüge.« Im Übrigen »sind alle seine Vorschläge Lügen, alle«. Leider aber »bringt er Lügen vor und wir glauben daran. Er ist ein Besiegter, doch er bewegt sich wie ein Sieger.« Dies gehe so weit, dass »er uns auch Licht zu spenden vermag, er erleuchtet! Doch das Licht der Teufels ist Blendwerk, wie ein Feuerwerk, und es ist nicht von Dauer. Einen Augenblick, dann verlischt es.« Das Licht des Herrn hingegen »ist mild, doch beständig «. Deshalb erinnerte Franziskus erneut daran, dass der Teufel »uns täuscht, uns verführt. Er weiß an unsere Eitelkeit zu rühren, an unsere Neugier, und wir schlucken alles, gar alles. Und da geben wir der Versuchung nach. Wäre dies die Versuchung eines großen Kriegers, dann hätte er wenigstens gekämpft.« Doch, so sagte der Papst in aller Deutlichkeit, »es handelt sich um die Versuchung, die von einem Feigling vorgebracht wird – denn er ist ein Feigling –, von einem Lügner, von einem Verführer «. Kurzum, er sei »ein gefährlicher Besiegter«.
»Passt auf«, warnte der Papst, wobei er betonte: »Wir müssen uns vor dem Teufel hüten. ›Was soll ich tun, Pater?‹ Immer wird diese Frage gestellt: ›Pater, was soll ich angesichts dieses Teufels machen, der zwar besiegt, aber schlau ist, ein Lügner, ein Verführer, der sich meiner bemächtigen will?‹« Franziskus erinnerte daran, dass »Jesus uns und den Aposteln sagt, was zu tun ist: wachsam sein und beten. ›Seid wachsam und betet‹: das Erste. Wenn wir das Vaterunser beten, dann bitten wir um die Gnade, nicht in Versuchung zu fallen, dass er uns beschütze, damit wir nicht in Versuchung fallen.« Die erste Waffe also sei das »Gebet«. Doch »wenn die Verführung stark ist – wir merken das, doch er versucht, uns mit seinem künstlichen Licht zu erleuchten –, dann Buße, Fasten«, weitere Waffen im Arsenal der Christen für diesen Kampf. Tatsächlich »sagt Jesus über den Teufel in diesen stärksten Momenten: ›Man besiegt ihn mit dem Gebet und mit dem Fasten.‹« Der Herr sei eindeutig: »Seid wachsam, betet. An einer anderen Stelle sagt er dann: Gebet und Fasten. Nur damit geht es.«
Ein weiterer Rat des Papstes lautete: »Noch etwas, das wir tun müssen, besteht darin, uns ihm nicht zu nähern. Ein Kirchenvater sagt, dass ›der Teufel ein wütender oder besser: ein tollwütiger, angeketteter Hund ist‹. Er ist angekettet. Ja also, gehst du da nicht hin, um ihn zu streicheln? Tu das nicht, denn er beißt dich, er zerstört dich. Er ist dort, ich bin hier.« Also: »Sich ihm nicht nähern«, denn »ich weiß: Wenn ich geistlich jenem Gedanken näher trete, wenn ich mich jener Lust nähere, wenn ich dahin oder dorthin gehe, dann nähere ich mich einem wütenden und angeketteten Hund. Bitte, tut das nicht«, empfahl Franziskus, der die möglichen Folgen in einem imaginären Dialog beschrieb: »›Ich habe eine schwere Verletzung…‹ – ›Wer hat sie dir zugefügt?‹ – ›Der Hund.‹ – ›Aber der war doch angekettet?‹ – ›Ja, schon, aber ich bin hingegangen, um ihn zu streicheln.‹ – ›Nun, dann hattest du es ja darauf abgesehen.‹« So sei das: »Nie nahetreten « und dabei denken, »er ist ja angekettet. Lassen wir ihn dort angekettet sein.«
Zum Schluss eine letzte Mahnung des Papstes: »Da ist noch etwas, was wir tun müssen: Vorsichtig sein und uns mit dem Teufel auf keinen Dialog einlassen. Eva ist gefallen, weil sie sich auf ein Gespräch eingelassen hat. Er kam daher: ›Nun, iss doch, warum nicht…‹ – ›Nein, aber wenn der Herr…‹ Die Ärmste: Sie hielt sich für eine große Theologin, und kam zu Fall.« Dagegen darf man »sich auf kein Gespräch einlassen«, denn »Jesus führt uns das Beispiel vor Augen. Als der Teufel ihn in der Wüste in Versuchung führt – die drei Versuchungen –, wie antwortet Jesus da?«, fragte der Papst. »Mit den Worten Gottes«, so die eindeutige Antwort, »mit den Worten der Bibel«. Nie »mit einem eigenen Wort. Er spricht nicht mit ihm. Jesus treibt die Dämonen aus, er verjagt sie oder er antwortet mit dem Wort Gottes. Einige Male fragt er nach ihrem Namen. Er tritt in keine andere Art von Dialog mit ihnen ein.« Also: »Mit dem Teufel spricht man nicht, denn er besiegt uns, er ist intelligenter als wir. Er ist ein Engel; er ist ein Engel des Lichts. Oft nähert er sich und lässt dieses Licht sehen, doch er hat das Licht verloren, und er verkleidet sich als ein Engel des Lichts, doch er ist ein Engel des Schattens, ein Engel des Todes.«
Daher die abschließende Aufforderung, über das heutige Wort Jesu nachzudenken, wie es der Evangelist Johannes wiedergebe: »Der Herrscher dieser Welt ist bereits gerichtet.« Denn der Teufel »ist ein Verurteilter, er ist ein Besiegter, er ist ein Angeketteter, der im Sterben liegt«. Doch »er ist imstande, Gemetzel anzurichten. Und wir müssen beten, Buße tun, nicht näher treten, uns mit ihm auf kein Gespräch einlassen. Und schließlich: zur Mutter gehen wie die Kinder«, denn: »Wenn Kinder Angst haben, dann gehen sie zur Mutter: ›Mama, Mama… ich habe Angst!‹ Wenn sie schlecht träumen… dann gehen sie zur Mama.« Und für den Christen sei die Mama »die Gottesmutter: sie behütet uns«. Deshalb »sagen die Kirchenväter, vor allem die russischen Mystiker: ›Flüchtet euch in der Zeit geistlicher Wirrnis unter den Mantel der großen Mutter Gottes‹ – zur Mutter gehen.«
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