PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Zeit der Freude
Donnerstag, 12. April 2018
(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 17, April 2018)
»Heute werden die Christen in Afrika, im Nahen Osten mehr noch als in den ersten Jahrhunderten verfolgt, abgeschlachtet, aufgehängt«, denn ihr »Zeugnis verärgert« eine Welt, die »alles mit dem Geld löst«: im Übrigen gelangte »das Schmiergeld« vor zweitausend Jahren sogar bis »zum Grab«, um die Wachen zu bestechen und so die Auferstehung zu leugnen. Die Ermutigung, keine Angst zu haben, »Jesus zu bekennen, stand im Mittelpunkt der Predigt von Papst Franziskus bei der Messe in Santa Marta am Donnerstag,12. April. Er riet dazu, dieselbe mutige Erfahrung wie die Apostel zu leben, also »ein Leben des Gehorsams, des Zeugnisses und der Konkretheit«, ohne »weltliche Kompromisse« mit einem »rosenwassernen Glauben« zu suchen.
»Diese österliche Zeit«, so der Papst, »ist eine Zeit der Freude, die Kirche will, dass sie so sei: eine Zeit der Freude, der Freude angesichts des Sieges des auferstandenen Christus«. Und gerade für die Apostel »war dies eine Zeit der Freude«, auch wenn »diese Freude, die sie in den ersten fünfzig Tagen lebten, nicht dieselbe Freude war, die sie nach dem Kommen des Heiligen Geistes erlebten«.
Denn »die Freude der ersten fünfzig Tage war eine wahre Freude, doch sie war noch ›zweifelnd‹, sie verstanden nicht gut: ja, sie hatten den Herrn gesehen, sie waren zufrieden, doch dann vermochten sie nicht zu begreifen«. Und sie hätten sich gefragt: »wie wird diese Geschichte enden?« Dies sei so weit gegangen, dass sie »im Augenblick der Himmelfahrt den Herrn fragen: Und jetzt – wie wird es weitergehen, wird es jetzt zur Revolution kommen?«
Kurz, die Apostel »verstanden, weil sie den Herrn sahen, doch sie verstanden nicht alles: Es war der Heilige Geist, der alles verstehen ließ und jenen Mut schenkte, jene völlig andere Art zu handeln«. So »können wir sagen, dass die Freude der ersten fünfzig Tage eine ängstliche Freude ist; nach dem Kommen des Heiligen Geistes dagegen ist da die mutige Freude, die sicher ist: sicher durch die Gnade des Heiligen Geistes«.
Gerade »im Rahmen dieser mutigen Freude«, erklärte der Papst und bezog sich dabei auf das, was die Apostelgeschichte berichtet, »kommt es zu dem, was wir in der ersten Lesung gehört haben: Petrus und Johannes gehen zum Tempel. Vor dem das ›Schöne‹ genannten Tor war immer ein Gelähmter, der um Almosen bettelte, und Petrus und Johannes heilen den Gelähmten«, der »glücklich ist und hüpft, tanzt, hingeht und Zeugnis gibt«. Doch »die Priester werden unruhig, sie rufen die Apostel und verbieten ihnen, Jesus zu verkünden. Dann lassen sie sie ins Gefängnis bringen. Der Engel Gottes befreit sie aus dem Gefängnis« und sofort »kehren sie zurück, um wieder im Tempel zu lehren«.
Der Papst wiederholte den Abschnitt der ersten Lesung vom Tag (5,27-33) und rief des weiteren in Erinnerung, dass »der Hauptmann und die Diener dort hingingen, wo die Apostel predigten, und sie zum Hohen Rat brachten«. Dort »verhörte sie der Hohe Priester und sagte: ›Wir haben euch streng verboten, in diesem Namen zu lehren‹«. Ja, »das Verbot: das ist verboten, der Name Jesu ist verboten, den Namen Jesu zu verkünden, ist verboten«. Doch vor dem Hohen Priester bringe »Petrus, der voller Angst den Herrn verleugnet hatte«, den Mut auf, ganz einfach zu antworten: »Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Holz gehängt und ermordet habt. Ihn hat Gott als Anführer und Retter an seine rechte Seite erhoben, um Israel die Umkehr und Vergebung der Sünden zu schenken. Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die ihm gehorchen«.
Das Erste, was hervortrete, sei »das Wort ›Gehorsam‹«, erklärte der Papst, der in Erinnerung rief, dass »auch im heutigen Evangelium – Johannes 3,31-36 – Jesus vom Gehorsam spricht«. Also »ist das Leben dieser Christen, dieser Apostel, die den Heiligen Geist empfangen haben, ein Leben des Gehorsams, ein Leben des Zeugnisses und ein Leben der Konkretheit«.
Ein »Leben des Gehorsams«, fuhr Franziskus fort, »da sie dem Weg Jesu folgten, der dem Vater bis zum letzten Moment gehorchte: ›Vater, wenn es möglich ist – denken wir an den Ölgarten –, aber nicht mein Wille geschehe, sondern der deine‹«. Das sei der »Gehorsam bis zum Ende« und »lässt uns daran denken, wie der Herr Saul zurückweist: ›Weder Opfer noch Brandopfer will ich, sondern Gehorsam‹«.
»Gehorsam«, betonte Franziskus erneut, »ist das, was der Sohn aufbrachte, der Weg, den er uns eröffnet hat; Gehorsam heißt, nahe bei Gott zu sein und seinen Willen zu tun und zu sagen: ›Ich bin dein Kind, ich bin bei dir, der du mein Vater bist, und ich werde alles tun, um dem zu folgen, was du willst‹«.
»Es ist wahr, wir sind schwach und verfallen den Sünden, unseren Schwächen«, bekannte der Papst. Doch »der gute Wille lässt uns aufstehen, die Gnade Gottes«, und so »gehst du voran: ›ich will gehorchen‹«. Deshalb »ist der Gehorsam die erste Charakteristik des Verhaltens, der Handlungsweise dieser Apostel«. In dem Bewusstsein, dass man, wie Petrus erkläre, »Gott vor den Menschen gehorchen muss«. So bedürfe es also »einer Haltung des Gehorsams: der Christ ist ein Diener, wie Jesus, der Gott gehorcht«. Und es sei auch »wahr, das dies eine etwas andere Art ist, die Probleme zu lösen, diese Art des Gehorsams: Angesichts der Tatsache der Auferstehung haben die Apostel alles gelöst, mit der Gnade des Heiligen Geistes, mit dem Gehorsam«.
Aber, so fragte sich der Papst: »wie haben die Priester, die kommandieren wollten, allesgeregelt?« Sie taten dies »mit Geld: auch das Schmiergeld kam bis zum Grab«. Denn »als die Soldaten voller Angst zu ihnen gegangen seien, um die Wahrheit zu sagen, hätten sie sie verhört, um dann zu sagen: »›Seid ruhig‹. Sie haben die Hände in die Tasche gesteckt und ihnen gesagt: ›Nehmt, sagt, dass ihr eingeschlafen seid‹«. Und gerade das sei das System, mit dem »die Welt die Probleme löst«.
Es bedürfe also des »Gehorsams gegenüber Gott, nicht gegenüber der Welt, denn die Welt löst die Probleme mit weltlichen Mitteln; und das erste von den weltlichen Mitteln bzw. Dingen, das dem ›Herrn‹, dem Teufel, zu eigen ist, ist das Geld«. Jesus »selbst weist ihm die Kategorie des ›Herrn‹ zu, wenn er sagt: ›Wir können nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Teufel‹«.
Die »zweite Charakteristik« der ersten Christen sei das »Zeugnis: Ich gebe Zeugnis von Jesus«. Und die Apostel »geben wirklich Zeugnis, weil sie keine Angst haben, Jesus im Tempel zu verkündigen, doch auch später, als sie aus dem Gefängnis befreit wurden: Sie sind mutig, doch mit dem Mut des Geistes«. Im Übrigen »ist das wahre christliche Zeugnis eine Gnade des Geistes, und das erregt Ärgernis. Das christliche Zeugnis verärgert, es ist bequemer, zu sagen: ›Ja, Jesus ist auferstanden, er ist in den Himmel aufgefahren, er hat uns den Geist gesandt, ich glaube all das‹, aber lasst uns einen Weg des Kompromisses zwischen der Welt und uns suchen«.
Dagegen »sind dem christlichen Zeugnis die Wege des Kompromisses fremd«, rief Franziskus in Erinnerung. Vielmehr »kennt es die Geduld, jene Menschen zu begleiten, die unsere Denkweise, unseren Glauben nicht teilen, sie zu tolerieren, zu begleiten, doch nie verkauft es die Wahrheit«.
Mit der Kraft des »Gehorsams« also das »Zeugnis, das so sehr verärgert«. Es genüge, an »alle Verfolgungen« zu denken, »die es gibt, von jenem Augenblick bis heute: Denkt an die verfolgten Christen in Afrika, im Nahen Osten, heute ist ihre Zahl größer als in den ersten Zeiten: im Gefängnis, abgeschlachtet, aufgehängt, weil sie Jesus bekennen«. Das sei das »Zeugnis bis zum Ende«.
Die dritte Charakteristik der Jünger sei schließlich die »Konkretheit«. Die Apostel »verärgerten durch ihr Zeugnis, weil sie den Mut hatten, über konkrete Dinge zu reden, sie erzählten keine Märchen«. Sie hätten über die »Konkretheit« verfügt, die sie dazu gebracht habe, zu sagen: »Wir können nicht verleugnen, was wir gesehen und berührt haben«. Das also sei »das Konkrete«, klärte der Papst, »und ein jeder von uns, Brüder und Schwestern, hat Jesus in seinem Leben gesehen und Jesus berührt«.
»Es kommt vor, dass die Sünden, die Kompromisse, die Angst uns viele Male diese erste Begegnung vergessen lassen, die Begegnung, die uns das Leben geändert hat«, erklärte Franziskus. Vielleicht bleibe »eine verwässerte Erinnerung«, die »uns zu ›rosenwassernen‹ Christen werden lässt, zu verwässerten, oberflächlichen Christen«. Daher, so fügte er hinzu, müssten wir »immer den Heiligen Geist um die Gnade der Konkretheit bitten: Jesus kam in mein Leben, durch mein Herz, der Geist ist in mich eingetreten, dann habe ich das vielleicht vergessen; doch« da sei es dann wichtig, »die Gnade der Erinnerung an die erste Begegnung« zu erfahren. Und »deshalb war das Zeugnis dieser Menschen konkret: ›Wir könne nicht verleugnen was wir gesehen und berührt haben‹«.
»Die Osterzeit ist eine Zeit der Freude«, so der Papst abschließend, der dazu aufforderte, »um Freude füreinander« zu bitten, »doch um jene Freude, die vom Heiligen Geist kommt, die der Heilige Geist schenkt: Die Freude des österlichen Gehorsams, die Freude des österlichen Zeugnisses und die Freude der österlichen Konkretheit«.
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