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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Umkehr des Denkens

Montag, 5. März 2018
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 11, 16. März 2018)

 

»Eine Umkehr des Denkens«, jenseits »der Werke und der Gefühle«, um »den Stil des Denkens « zu ändern, in der Überzeugung, dass »der Glaube kein Spektakel ist«: so lautet die Empfehlung für die Fastenzeit, die Papst Franziskus bei der Morgenmesse in Santa Marta am Montag, dem 5. März, unterbreitete. Denn »nicht nur, was ich denke, ist wichtig, sondern auch wie ich denke«.

»In der gegenwärtigen Fastenzeit, einer Zeit der Umkehr, lässt uns die Kirche heute über die Umkehr des Denkens nachdenken«, erklärte der Papst gleich zu Beginn. Ja, »auch das Denken muss umkehren: nicht nur im Hinblick auf das, was es denkt, sondern auch wie es denkt«. Und so »muss auch der Denkstil umkehren«. Im Übrigen »sagt uns die Kirche, dass unsere Werke der Umkehr bedürfen, und sie spricht vom Fasten, vom Almosengeben, von der Buße: das ist eine Umkehr der Werke«. Es gehe im Grunde darum, so der Papst, »neue Werke zu tun, Werke im christlichen Stil, mit jenem Stil, der den Seligpreisungen entspringt«, wie sie Matthäus im Kapitel 25 seines Evangeliums vorlege. Insofern sei es erforderlich, in unserem Leben den Stil der Seligpreisungen anzuwenden.

Doch »die Kirche spricht zu uns auch über die Umkehr der Gefühle«, erklärte Franziskus, denn »auch die Gefühle müssen umkehren: denken wir zum Beispiel an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter«, das uns dazu aufrufe, »zum Mitleid umzukehren«. »Christliche Gefühle« also, zusammen mit der »Umkehr der Werke, Umkehr der Gefühle«. Doch heute spreche »die Kirche zu uns über die ›Umkehr des Denkens‹: nicht dessen, was wir denken, sondern auch wie wir denken, des Denkstils«. Und so sei es angemessen, sich zu fragen: »Denke ich in einem christlichen Stil oder in einem heidnischen?« Und gerade »dies ist die Botschaft, die die Kirche uns heute vermittelt«, merkte der Papst an, der sich dabei auf die »zwei Geschichten« in der heutigen Liturgie bezog, die »uns helfen, zu begreifen«. Während er den Abschnitt aus dem zweiten Buch der Könige (5,1-15) durchging, erklärte er, es sei da vor allem »Naaman, der Syrer, der zu Elischa geht, um geheilt zu werden«, doch »als er hört, was der Prophet ihm zu tun aufträgt, wird er zornig, er empört sich und will weggehen, ohne es zu tun«, und er habe gesagt: »aber das ist ja wohl ein Scherz, der da nimmt mich auf den Arm, bei uns gibt es schönere Flüsse als diesen Jordan«. Und, so erklärte Franziskus, »es werden die Diener sein, die einen sehr viel realistischeren Sinn für die Wirklichkeit haben, die zu ihm sagen: ›probiere es aus‹«, dich sieben Mal im Fluss Jordan zu waschen, um vom Aussatz geheilt zu werden.

Das Problem, so bekräftigte der Papst, sei, dass sich Naaman »ein Spektakel erwartete, dass er dachte, Gott käme nur in einem Spektakel, und im Spektakel« habe er sich auch »die Heilung« erwartet. Im Abschnitt aus der Bibel sei zu lesen: »Naaman wurde zornig. Er ging weg und sagte: ›Ich dachte, er würde herauskommen, vor mich hintreten, den Namen des Herrn, seines Gottes, anrufen, seine Hand über die kranke Stelle bewegen und so den Aussatz heilen‹«. Doch »der Stil Gottes ist anders, er heilt auf andere Weise«, warnte der Papst. Und man »muss es lernen, in einem neuen Stil zu denken«, man »muss umdenken«. »Dasselbe geschieht mit Jesus«, erklärte Franziskus in Bezug auf den Abschnitt aus dem Evangelium nach Lukas (4,24-30): »Jesus kehrt nach Nazaret zurück, er geht zur Synagoge und sie reichen ihm, wie üblich, das Buch, um daraus zu lesen, und er liest jenen Abschnitt aus Jesaja und sagt abschließend: ›Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt‹«.

Im Besonderen, so der Papst, »sagt der Text, der vor dem heutigen kommt – der Teil, der vorher kommt –, dass die Leute ihn anschauten, dass sie erstaunt waren – ›wie schön, was er gesagt hat, wie schön!‹ –, sie waren zufrieden«. Doch, so fuhr er fort, »es fehlt dann nie an einem Schwätzer, der anfing zu sagen: ›Nun, das ist doch der Sohn des Tischlers, was lehrt er uns? An welcher Universität hat er das studiert?‹ – ›Ja! Das ist Josefs Sohn‹«. Und so »fangen die Meinungen an, auseinanderzugehen, und die Haltung der Leute ändert sich: sie wollen ihn töten«. Sie gingen über »von der Bewunderung, vom Staunen zum Verlangen, ihn töten zu wollen«. Tatsache sei, fuhr der Papst fort, dass »auch diese da«, die in der Synagoge von Nazaret gewesen seien, von Jesus »das Spektakel wollten«, und in der Tat hätten sie gesagt: »Aber ja, er soll Wunder tun, das, von dem sie sagen, dass er es in Galiläa getan habe, und wir werden glauben«. Jesus dagegen erkläre, wie die Dinge stünden: »Amen, ich sage euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt«. Denn in Wirklichkeit »wehren wir uns dagegen, zu sagen, dass uns einer von uns korrigieren könne: da muss schon einer mit dem Spektakel daherkommen, um uns zu korrigieren«. Doch »die Religion ist kein Spektakel, der Glaube ist kein Spektakel: er ist das Wort Gottes und der Heilige Geist, der in unseren Herzen wirkt«.

»Die Kirche lädt uns heute ein, unsere Denkart zu ändern, den Stil des Denkens«, unterstrich der Papst erneut. Dies gehe so weit, dass »du das ganze Glaubensbekenntnis aufsagen kannst, auch alle Dogmen der Kirche, doch wenn du es nicht im christlichen Geiste tust, dann nützt das alles nichts«. Denn »es ist nicht nur wichtig, was ich denke, sondern wie ich denke«. Und so sollten wir uns fragen, »in welchem Geist ich denke: im christlichen Geist oder im weltlichen Geist?« Und »das Denken hat einen ganz anderen Wert, je nach dem, woher es stammt«.

Daher also die Bedeutung der »Umkehr des Denkens«, des »Denkens als Christ«. Und »das Evangelium ist voll davon«: zum Beispiel, »als Jesus ständig sagte: ›Euch ist gesagt worden, ich aber sage euch das‹, änderte er den Denkstil«. Dasselbe geschehe, »wenn er von den Gesetzeslehrern spricht und zum Volk sagt: ›Tut, was sie euch sagen, aber nicht, was sie tun; glaubt an alles, was sie lehren, aber nicht an die Weise, wie sie glauben.‹ « Gerade das sei »die Umkehr des Denkens«. In Wirklichkeit, so gestand Franziskus, »ist es keineswegs unsere Gewohnheit, so zu denken«, und aus diesem Grund »bedarf auch die Art zu denken, die Art zu glauben der Umkehr«. Konkret schlug der Papst einige Fragen vor, die man sich selbst stellen solle: »In welchem Geiste denke ich? Mit dem Geist des Herrn oder mit dem eigenen Geist, dem Geist der Gemeinschaft, zu der ich gehöre, oder des Grüppchens oder der gesellschaftlichen Klasse, zu der ich gehöre, oder der politischen Partei, zu der ich gehöre? In welchem Geiste denke ich?«

Und so, indem ich nachforsche, »ob ich wirklich mit dem Geist Gottes denke, um die Gnade zu bitten, zu unterscheiden, wann ich mit dem Geist der Welt denke und wann ich mit dem Geist Gottes denke«. Und daher, so schloss Franziskus, sei es wichtig, Gott auch »um die Gnade einer Umkehr des Denkens zu bitten«.

 



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