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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Die Kirche: Frau und Mutter

Freitag, 26. Januar 2018

 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 8, 23. Februar 2018)

 

Für Papst Franziskus ist die Verkündigung der »Wahrheit«, des »aufrechten Glaubens« immer eine »Torheit«, die noch vor den Worten aus konkretem »Zeugnis« besteht und in ihrem Mittelpunkt die »Vaterschaft« und die »Mutterschaft hat, da die Kirche weiblich ist und Leben schenkt wie eine Mutter«. In der heiligen Messe am Freitag, den 26. Januar, in Santa Marta rief der Papst auch das mutige Zeugnis von Schwester Maria Kaleta in den Jahren der Verfolgung in Albanien in Erinnerung und forderte auf, die künftigen Mütter in den Ehevorbereitungskursen zu lehren, »den Glauben weiterzugeben«.

Die erste Lesung, so Franziskus mit Bezug auf den zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus (1,1-8), »können wir eine ›Kostbarkeit‹ zum Thema der Weitergabe des Glaubens nennen«. Der Papst bekannte: »Wenn ich diesen Text lese und immer wieder lese, spüre ich Trost.« Denn »im Mittelpunkt steht ›dein aufrechter Glaube‹, wie Paulus zu seinem Jünger Timotheus sagt, den er durch Handauflegung zum Bischof geweiht hatte«.

Deshalb sei es wichtig, sich zu fragen, »wie dieser Glaube an Timotheus weitergegeben wurde: das Thema der Weitergabe des Glaubens. « Der Papst ging vom Text des Paulus aus und nannte »drei Worte, die den Weg weisen und die Art und Weise der Weitergabe des Glaubens erläutern: ›Sohn‹, sagt Paulus zu Timotheus; ein weiteres Wort ist ›Mutter‹ und ›Großmutter‹; und ein drittes Wort ›Zeugnis‹«. In diesen Worten »findet sich die Modalität der Glaubensweitergabe«. Das erste Wort laute also »Sohn: Paulus zeugt Timotheus mit der ›Torheit der Verkündigung‹. Das ist seine Vaterschaft.« Gewiss, erinnerte der Papst, »da sind auch Tränen, man sieht, dass Timotheus in diesem Prozess des Empfangens des Glaubens Leiden durchmacht«. Doch das sei »die Torheit der Verkündigung«, und sicherlich »versüßt Paulus die Verkündigung nicht mit halben Wahrheiten: ›Das ist die Wahrheit‹«. Es handle sich um »eine mutige Wahrheit, und das ist die Parrhesia, die freimütige Rede, der Mut, der dazu führt, dass Paulus zum Vater des Timotheus wird: Vaterschaft in der Hervorbringung des Glaubens«.

»Die Verkündigung darf nicht lau sein«, denn »die Verkündigung – gestattet mir das Wort – ›ohrfeigt‹ immer: Sie ist eine Ohrfeige, die dich in Bewegung setzt und vorwärts bringt.« Denn »Paulus selbst sagt: ›die Torheit der Verkündigung‹ «. Und »das ist eine Verrücktheit«, so der Papst weiter, denn es handele sich darum, »zu sagen, dass Gott Mensch geworden ist, gekreuzigt wurde und auferstanden ist«. Im Übrigen: »Was haben die Einwohner von Athen zu Paulus gesagt? ›Nun, übermorgen werden wir dich anhören.‹«

Franziskus erklärte: »In der Verkündigung des Glaubens ist immer ein ›Hauch von Verrücktheit‹, und die Versuchung besteht im falschen ›gesunden Menschenverstand‹, in jener Mittelmäßigkeit «, die dich dazu bringt, zu sagen: ›Aber nein, nein, so schlimm ist es nicht.‹« Das sei die Gefahr des »lauen Glaubens«. Dagegen »bewirkt ersteres Vaterschaft: Bei der Weitergabe des Glaubens bewirkt die Verrücktheit der Verkündigung, dass der, der verkündigt, Vater des anderen ist«. »Das zweite Wort«, das der Papst ausgehend vom Text des heiligen Paulus vor Augen stellte, war »›Zeugnis‹: Der Glaube muss auch durch das Zeugnis und nicht nur mit dem Wort weitergegeben werden«, denn »das Wort ohne Zeugnis hat keine Kraft«. Es sei kein Zufall, rief der Papst in Erinnerung, »dass die Heiden von den Christen in Antiochia sagten: ›Wie sehr sie doch einander lieben!‹«

Heute dagegen, fuhr er fort, »geht man in so manche Pfarrei hin – in der euren nicht, eure Pfarrei ist eine heilige Pfarrei, doch denken wird an eine andere –, hört, was der von dem und dem und dem sagt«. Und so, »statt zu sagen: ›Wie sehr sie einander lieben!‹, bekommt man Lust zu sagen: ›Wie sehr sie sich doch gegenseitig die Haut abziehen!‹« Im übrigen, betonte Franziskus, »ist die Zunge wie ein Messer, um dem anderen die Haut abzuziehen« und fragte: »Wie kannst du den Glauben in einer derart von Geschwätz, von Verleumdungen stickig gewordenen Luft weitergeben?«

Es bedürfe also des »Zeugnisses«, das uns erkennen lässt: »Schau her, der spricht nie schlecht über den anderen. Der tut ein Werk der Nächstenliebe; wenn da ein Kranker ist, dann geht er hin, um ihn zu besuchen. Warum tut er das?« Also ein christlicher Lebensstil, der »Neugier weckt: ›Warum lebt dieser Mensch so?‹ Und mit dem Zeugnis entsteht die Frage nach dem Warum. Dort wird der Glaube weitergegeben: weil er glaubt, weil er den Spuren Jesu folgt.« »Die Weitergabe des Glaubens«, so der Papst erneut, »vollzieht sich durch die ›Torheit‹ der Verkündigung, die Vaterschaft. Und sie geschieht durch das Zeugnis.« Mehr noch: »Denken wir daran, dass ich, wenn ich kein Zeugnis oder ein Gegen-Zeugnis oder ein schlechtes Zeugnis gebe, den Glauben wegnehme: jenen aufrechten Glauben, von dem Paulus hier spricht.« Und folglich »werden die Leute schwach und sagen: ›Aber nein, statt so zu leben, ist es besser, sich zu vergnügen und woanders hinzugehen.‹« Das also ist die konkrete Weisung des Papstes: »Vaterschaft durch die Verkündigung; Brüderlichkeit durch das Zeugnis.«

»Und das dritte Wort», fügte Franziskus hinzu, »ist ›deine Mutter‹, ›deine Großmutter‹: Mutterschaft «. Es sei eine Tatsache: »Der Glaube wird in einem Mutterschoß weitergegeben, im Schoß der Kirche, weil die Kirche Mutter ist, die Kirche ist weiblich, die Kirche schenkt Leben wie eine Mutter.« Und »die Mutterschaft der Kirche setzt sich fort in der Mutterschaft der Mutter, der Frau, der Frauen der Familie«.

Anschließend erinnerte der Papst an Schwester Maria Kaleta: »Als ich nach Albanien gereist bin, habe ich eine betagte Schwester kennengelernt. Diese Schwester war zur Zeit der Verfolgungen im Gefängnis, doch man ließ sie für ein paar Stunden ein wenig hinausgehen, und sie ging. Sie war nur ›zur Hälfte‹ eine Gefangene, denn ihre Verfolger sagten: ›Nun diese Arme, was wird sie schon tun!‹ Und diese ›Arme‹ war schlau. Sie wusste, was sie tat, und sie liebte Christus: Sie war Mutter, sie hatte das Herz einer Mutter.« Franziskus erzählte weiter: »Die christlichen Frauen – denn es gab keine Kirche, und wenn jemand seine Kinder taufen ließ, wurde er zu jener Zeit verurteilt – wussten, wann die Schwester den Fluss entlang spazieren ging, sie brachten die Kinder zu ihr und sie taufte sie mit dem Wasser des Flusses.«

Dieses Leben von Schwester Maria sei ein »schönes Beispiel: die Mutter Kirche«. Der Papst fuhr fort: »Ich frage mich, ob die Mütter, die Großmütter sind wie die beiden, von denen Paulus spricht: die ›Großmutter Loïs‹ und die ›Mutter Eunike‹, die den Glauben weitergegeben haben, den aufrechten Glauben?« Dagegen ziehe man es vielleicht vor, zu denken, dass das Kind »lernen wird, wenn es zum Katechismus geht«. Aber, so Franziskus, »ich sage euch: es macht mich traurig, wenn ich Kinder sehe, die das Kreuzzeichen nicht machen können, und statt es richtig zu machen – denn sie wissen, dass sie irgendetwas tun müssen –, machen sie irgendwie eine Handbewegung. Ihnen fehlen die Mutter und die Großmutter, die sie das lehren.«

»Wie oft«, fügte der Papst hinzu, »denke ich an die Dinge, die bei der Ehevorbereitung gelehrt werden, die Braut, jene, die Mutter sein wird: Lehrt man sie, dass sie den Glauben weitergeben muss? Wird sie darauf vorbereitet, den Glauben weiterzugeben? Die Mutter ist das Bild der Kirche, auch die Großmutter. Sie ist die weibliche Dimension des Heils. Maria, Kirche, Mutter, Großmutter, all diese Dimensionen, und der Glaube muss dort weitergegeben werden.« In dieser Perspektive riet der Papst, gut über die »Verkündigung« nachzudenken, eine christliche Arbeit, zu der alle verpflichtet sind, »Priester, Bischöfe und Katecheten«; an das »Zeugnis«, um »wie Christen zu leben«; und an die »›Mütterlichkeit‹, das heißt an den Schoß der Kirche in der Mutter, in der Großmutter, die den Glauben weitergeben«. Und er schloss mit der Aufforderung: »Bitten wir den Herrn um die Gnade, dass er uns lehre, als Zeugen, als Verkündiger – und auch die Frauen als Mütter – den Glauben weiterzugeben.«

 



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