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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Mit innerem Feuer

Donnerstag, 1. Juni 2017
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 25, 23. Juni 2017)

 

Bei Paulus von Tarsus in der Schule. Das Leben des Völkerapostels, »immer auf dem Weg, unruhig, immer in Bewegung«, zeichnete sich durch drei »Dimensionen« aus, durch drei »Haltungen», von denen ein jeder Christ viel lernen kann. Dies unterstrich Papst Franziskus bei der Messe in Santa Marta am Donnerstag, 1. Juni, als er den Abschnitt aus der Apostelgeschichte (22,30;23,6-11) kommentierte, der in der Tagesliturgie gelesen wurde.

Der heilige Paulus, rief der Papst in Erinnerung, war »ein Mann, der immer in Bewegung war«: es sei schwierig, sich Paulus vorzustellen, »wie er sich an einem Strand sonnt und sich ausruht «. Aus diesem Leben »immer unterwegs« wollte der Papst »drei grundlegende Dimensionen « hervorheben und ging dabei von dem Abschnitt aus dem Buch der Apostelgeschichte aus.

Das erste, was in die Augen springe, sei »die Predigt, die Verkündigung«. In der Schrift sei von einem Paulus zu lesen, der »von einem Ort zum anderen geht, um Christus zu verkünden, der reist und spürt, dass sie ihn dorthin rufen, und er geht… und wenn er nicht an einem Ort predigt, dann arbeitet er«. Sein hauptsächlicher Einsatz bestehe also in der Verkündigung: was für ihn, so der Papst, eine richtiggehende »Leidenschaft « sei. Wenn er gerufen werde, um zu predigen und Jesus Christus zu verkündigen«, bleibe Paulus nicht »an seinem Schreibtisch sitzen: nein. Er ist immer, immer in Bewegung. Immer bringt er so die Verkündigung Jesu Christi voran«.

Der heilige Paulus, fügte der Papst hinzu, »hatte ein Feuer in sich, einen Eifer, einen apostolischen Eifer, der ihn vorwärts brachte«. Und »er zog sich nie zurück«, mit einer Leidenschaft, die ihn dazu führte, auch vielen »Schwierigkeiten « entgegenzutreten. Gerade hier trete die »zweite Dimension« seines Lebens hervor, die Dimension der »Schwierigkeiten« oder, »klarer gesagt, der Verfolgungen«. In der Liturgie vom Tag lese man, wie die Gruppe derselben »Feinde«, die sich Jesus widersetzt hatten – »Pharisäer, Gesetzeslehrer, die Ältesten des Tempels, die Ältesten, die Sadduzäer« – »alle zusammen hingingen, um ihn anzuklagen «. Praktisch »wollten sie ihn umbringen«. Eine Feindseligkeit, rief der Papst in Erinnerung, die »viele Male und nicht nur ein einziges Mal« an den Tag getreten sei. Einmal sogar »hatten sie ihn wie tot liegen gelassen, nachdem sie ihn gesteinigt hatten: sie glaubten, dass er tot gewesen sei«.

Doch warum, fragte sich der Papst, wollten sie ihn beseitigen? »Weil Paulus die wahre Verkündigung Jesu brachte, jene, die der Herr für sein Volk wollte«. Und deshalb sei er für sie ein Störenfried gewesen. So sei Paulus also vor Gericht gestellt worden. Der Abschnitt aus der Apostelgeschichte beschreibt die Szene detailliert: »Der Kommandant ließ ihn aus dem Gefängnis holen«, denn »um etwas vor Gericht zu erklären, sich zu verteidigen, muss man frei sein, ohne Fesseln, wie uns die Römer gelehrt haben«. Und »er befahl, die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat sollten sich versammeln: alle«. So präsentierten sie sich, als seien sie »einmütig gegen Paulus«. An dem Punkt, merkte der Papst an, »gab der Geist dem Paulus ein wenig Schläue ein«. Der Apostel habe nämlich gewusst, dass sie in Wirklichkeit »nicht ›einig‹ waren« und dass es unter ihnen viele innere Kämpfe gab, und er habe gewusst, dass die Sadduzäer nicht an die Auferstehung glaubten, dass die Pharisäer dagegen daran glaubten…« Deshalb »sagte er laut: ›Brüder, ich bin Pharisäer und ein Sohn von Pharisäern; wegen der Hoffnung und wegen der Auferstehung der Toten stehe ich vor Gericht.‹« Seine Worte hatten die erhoffte Wirkung: denn »sobald er das gesagt hatte,  brach ein Streit zwischen den Pharisäern und den Sadduzäern und der Versammlung aus, da die Sadduzäer nicht daran glaubten… Und dieseda, die ›einig‹ zu sein schienen, haben sich gespalten, alle«.

Der Papst dachte diesbezüglich über die Tatsache nach, dass diese da »die Hüter des Gesetzes, die Hüter der Lehre des Gottesvolkes, die Hüter des Glaubens waren. Doch der eine glaubte dies, der andere etwas anderes…« Tatsächlich, erklärte Franziskus, »hatten diese Leute das Gesetz verloren, sie hatten die Lehre verloren, die hatten den Glauben verloren, da sie ihn in Ideologie verwandelt hatten, und als das Gesetz ideologisch wurde, wurde es schwach«. Dasselbe geschehe hinsichtlich des Glaubens und der Lehre. Dieselbe Haltung hatten sie gegenüber den Propheten eingenommen, wie der Tadel Jesu bestätige: »Ihr habt das mit den Propheten getan«, das heißt »sie hatten sich ideologisiert«. Und Paulus »musste so viel mit diesen Leuten kämpfen, sehr viel«. Und er habe dies auch mit den »Judaisierenden« getan. Eine Mühe, aus der die zweite Dimension des Lebens des Paulus hervorgehe. Die erste sei die Verkündigung, der apostolische Eifer: Jesus Christus voranbringen. Die zweite habe darin bestanden, Verfolgungen zu erleiden, kämpfen zu müssen. Dem Schrifttext sei dann auch »eine dritte Dimension des Apostolats des Paulus zu entnehmen «. Es sei nämlich zu lesen: »In der folgenden Nacht aber trat der Herr zu Paulus und sagte: ›Hab Mut! Denn so wie du in Jerusalem meine Sache bezeugt hast, sollst du auch in Rom Zeugnis ablegen.‹« Hier treffen wir, so der Papst, auf die Dimension »des Gebets. Paulus hatte diese innige Vertrautheit mit dem Herrn: ›der Herr näherte sich ihm‹. Viele Male näherte er sich ihm.« Einmal sage Paulus selbst sogar, dass er »im Gebet fast in den siebten Himmel gebracht wurde, und er wusste nicht, wie er das Schöne sagen sollte, das er dort gespürt hatte«. »Dieser Kämpfer« also, »dieser Verkündiger, der grenzenlos in seinen Horizonten war«, besaß die »mystische Dimension der Begegnung mit Jesus«. Und seine »Kraft« war gerade »diese Begegnung mit dem Herrn, zu der es im Gebet kam,  wie es bei der ersten Begegnung auf dem Weg nach Damaskus der Fall war, als er hinging, um die Christen zu verfolgen«. Paulus »ist der Mann, der dem Herrn begegnet ist, und das vergisst er nicht, und er lässt es zu, dass der Herr ihm begegnet, und er sucht den Herrn, um ihm zu begegnen «: ein »Mann des Gebets«.

Die drei Haltungen des Paulus, die dieser Abschnitt vorlegt, so fasste der Papst zusammen, seien also »der apostolische Eifer, um Jesus Christus zu verkündigen, der Widerstand – den Verfolgungen widerstehen – und das Gebet: die Begegnung mit dem Herrn und sich vom Herrn antreffen lassen«. Und »mit dem Wort eines Kirchenvaters der ersten Jahrhunderte«, fügte der Papst hinzu, »können wir sagen, dass Paulus unter den Verfolgungen der Welt und den Tröstungen des Herrn voranschritt«.

Seine Betrachtungen abschließend, lud der Papst alle ein, »um die Gnade zu bitten, diese drei Haltungen in unserem christlichen Leben zu lernen: Jesus Christus zu verkündigen, den Verfolgungen und den Verführungen zu widerstehen, die dazu führen, sich von Jesus Christus zu trennen, und die Gnade der Begegnung mit Jesus Christus im Gebet«.

 



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