PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Den Menschen Freude schenken
Donnerstag, 18. Mai 2017
(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 23, 9. Juni 2017)
»Gehorche und schenke den Menschen Freude«: Mit diesem Schlagwort beschrieb Papst Franziskus in der Frühmesse am Donnerstag, den 18. Mai, die »christliche Sendung«. Der Papst übernahm damit die zweifache Empfehlung eines Vaters an seinen Sohn, der Priester war und zum Bischof ernannt wurde. Dieser, so Franziskus, »ging zu seinem alten Vater, um ihm die Nachricht zu überbringen«. Und »dieser Mann, der schon in Pension war, ein demütiger Mann«, der »sein ganzes Leben lang gearbeitet« und »nicht an der Universität studiert hatte, doch die Weisheit des Lebens besaß«, riet ihm »nur zwei Dinge: ›Gehorche und schenke den Menschen Freude‹«. Denn, so der Kommentar des Papstes, »dieser Mann hatte« die Lehre der Lesungen der Liturgie vom Tag »gut verstanden«: »Gehorche der Liebe des Vaters, ohne andere Arten der Liebe, gehorche diesem Geschenk und schenke dann den Leuten Freude.« Folglich »müssen auch wir Christen – Laiengläubige, Priester, Personen des geweihten Lebens, Bischöfe – den Leuten Freude schenken«.
Für seine Betrachtungen ging Franziskus besonders vom Abschnitt aus dem Johannesevangelium aus (15,9-11). Während der Papst die Szene beschrieb, machte er darauf aufmerksam, dass »Jesus ein weiteres Mal auf das Gebot der Liebe zurückkommt«. Insbesondere »sagt er in diesem Abschnitt etwas sehr Eindrückliches: ›Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt.‹« Deshalb »ist die Liebe, mit der Jesus uns liebt, dieselbe, mit der der Vater ihn liebt.
Es ist dieselbe Liebe. Wir werden mit dieser großen Liebe geliebt. Es ist ein großes Geschenk der Liebe!« Gerade aus diesem Grund, so Franziskus weiter, »ermahnt uns Jesus: ›Bitte bleibt in meiner Liebe, denn sie ist die Liebe des Vaters.‹ Diese Liebe ist groß.« Und da Jesus sich des Einwands bewusst ist: »Aber Herr, wie können wir in deiner Liebe bleiben?«, bietet er auch eine konkrete Antwort: »Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich – der Vergleich geht weiter – die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.« Jesus also »bleibt in der Liebe des Vaters und fordert von uns, in der Liebe zu bleiben, die er für uns hat«.
Doch »wie bleibt man in dieser Liebe?« »Haltet die Gebote«, lautet die Antwort: »die Zehn«, das heißt den Dekalog, der »die Grundlage, das Fundament ist«. Es handelt sich um jene Gebote, erklärt Jesus, »die ich euch gelehrt habe«, das heißt die »Gebote des alltäglichen Lebens, die kleinen Gebote«, die »mehr als Gebote eine Weise christlichen Lebens sind«. Daher die Mahnung des Papstes, »in dieser Weise christlichen Lebens« zu bleiben, »die diese Gebote sind«. Wie? »Zum Beispiel in den Werken der Barmherzigkeit oder in den Seligpreisungen.« Denn obwohl »die Liste der Gebote Jesu groß, sehr, sehr, sehr umfangreich ist«, hat sie in Wirklichkeit nur einen Kern: die Liebe des Vaters zu ihm und seine Liebe zu uns«.
Aus diesem Grund, fuhr Franziskus fort, »bittet uns der Herr, in seiner Liebe zu bleiben«. Auch weil es im Leben »andere Arten von Liebe gibt. Auch die Welt unterbreitet uns andere Arten von Liebe: zum Beispiel die Liebe zum Geld, die Liebe zur Eitelkeit, sich aufzuplustern, die Liebe zum Stolz, die Liebe zur Macht, wobei man dann viele ungerechte Dinge tut, um Macht zu haben«. Doch »sind dies andere Arten der Liebe«; und »diese stammen nicht von Jesus und nicht vom Vater. Er fordert von uns, in seiner Liebe zu bleiben, die die Liebe des Vaters ist«. Diesbezüglich lud der Papst ein, »auch an diese anderen Arten der Liebe zu denken, die uns von der Liebe Jesu entfernen«, und ebenso an das Vorhandensein »anderer Maße des Liebens«, zum Beispiel nur »zur Hälfte lieben«, was aber gleichbedeutend mit »nicht lieben« ist. Das eine ist es, »gern zu haben, etwas anderes ist es, zu lieben.
Lieben heißt mehr als gern haben.« So könne man sich fragen, was das Maß der Liebe ist. Und paradoxerweise lautet die Antwort, dass »das Maß der Liebe darin besteht, maßlos zu lieben«. Nur so, mit »diesen Geboten, die uns Jesus gegeben hat, werden wir in der Liebe Jesu bleiben, die die Liebe des Vaters ist. Ohne Maß.« Nicht wie jede andere Art von Liebe, die »lau oder eigennützig« sein kann.
Franziskus setzte seine Auslegung des Evangeliums fort und fragte sich, warum der Herr den Menschen diese Dinge in Erinnerung rufe. »Damit meine Freude in euch und damit eure Freude erfüllt sei«, lautet die Antwort, die sich direkt aus dem Text ergibt. Denn »da die Liebe des Vaters zu Jesus kommt, lehrt Jesus uns den Weg der Liebe: offenen Herzens, ohne Maß zu lieben und die anderen Arten von Liebe beiseite zu lassen. Die große Liebe zu ihm ist ein Bleiben in dieser Liebe; und da ist die Freude, die große Freude, die ein Geschenk ist«. Mehr noch: beide, »die Liebe und die Freude, sind ein Geschenk«.
Und ein Bezug in diesem Sinne findet sich auch »im ersten Gebet der Messe«, als wir, wie der Papst erinnerte, »gebetet haben: ›Herr, erhalte dieses Gabe, die du uns geschenkt hast‹, die Gabe der Liebe, das Geschenk der Freude«. In diesem Zusammenhang erwähnte der Papst die Episode des Vaters, dessen Sohn zum Bischof ernannt worden war. Das also sei der Grund, warum die Christen »den Menschen Freude schenken müssen«: »aus diesem Grund, aus Liebe, ohne das geringste Eigeninteresse, allein aufgrund des Wegs der Liebe. Unsere Sendung als Christen besteht darin, den Leuten Freude zu schenken.« Daher das abschließende Gebet: »Der Herr erhalte in uns diese Gabe, in der Liebe Jesu zu bleiben, um den Menschen Freude schenken zu können.«
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