PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Josef, der Träumer
Montag, 20. März 2017
(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 13, 31. März 2017)
Am Hochfest des heiligen Josef – aufgrund des Zusammentreffens mit dem dritten Sonntag der Fastenzeit wurde es dieses Jahr nachgeholt – feierte Papst Franziskus die Messe in Santa Marta am Montag, den 20. März, und setzte sich dabei mit der Gestalt des heiligen Patrons der universalen Kirche auseinander. In ihm zeigte der Papst das Vorbild des »gerechten Mannes« auf, des »Mannes, der fähig ist, zu träumen«, »zu behüten « und den »Traum Gottes« vom Menschen »voranzubringen«. Aus diesem Grund schlug er ihn als Beispiel für alle und besonders für die jungen Menschen vor, die Josef lehrt, nie »die Fähigkeit zu verlieren zu träumen, ein Risiko einzugehen« und »schwere Aufgaben« auf sich zu nehmen. Und viele Träume für ihre Zukunft hatten gewiss die dreizehn Studentinnen, die gerade vor einem Jahr bei einem Autounfall in Katalonien starben, während sie am Studienprogramm »Erasmus« teilnahmen. Der Papst wollte ausdrücklich für sie die heilige Messe feiern, an der auch Familienangehörige der sieben Italienerinnen teilnahmen, die beim Aufprall des Busses ums Leben kamen.
Franziskus ging in seiner Betrachtung vom Wortgottesdienst aus, in dem von »Nachkommenschaft, Erbe, Vaterschaft, Sohnschaft, Stabilität « die Rede ist: alles Ausdrücke, so der Papst, »die eine Verheißung darstellen, sich dann aber in einem Mann konzentrieren, in einem Mann, der nicht spricht, der kein einziges Wort sagt, ein Mann, von dem es nur heißt, dass er gerecht war. Und dann ein Mann, von dem wir sehen, dass er wie ein gehorsamer Mann handelt.« Eben Josef.
Ein Mann, fuhr der Papst fort, »dessen Alter wir nicht einmal kennen« und der »auf seinen Schultern all diese Verheißungen der Nachkommenschaft, des Erbes, der Vaterschaft, der Sohnschaft, der Stabilität des Volkes trägt«. Eine große Verantwortung, die sich jedoch, wie im Evangelium nach Matthäus (1,16.18-21.24) zu lesen ist, ganz in einem Traum konzentriert vorfindet. Dem Anschein nach, so der Papst, ist dies alles »zu dünn«, zu flüchtig. Und dennoch ist gerade dies »der Stil Gottes«, in dem sich Josef ganz wiederfindet: Er, ein »Träumer«, ist fähig, »diese Aufgabe anzunehmen, diese schwere Aufgabe, und er hat uns in dieser Zeit eines starken Gefühls der Verwaisung viel zu sagen«. So nimmt er »die Verheißung Gottes an und bringt sie in Stille mit Kraft voran, er bringt sie voran, damit das, was Gott will, vollbracht werde«. Dies also der Umriss »der Gestalt Josefs: der Mann im Verborgenen, der Mann der Stille, der Mann, der Nährvater ist; der Mann, der in jenem Augenblick die größte Autorität hat, ohne es zu zeigen«. Ein Mann, fügte Franziskus hinzu, der »uns vieles sagen« könnte, und dennoch »spricht er nicht«, der »befehlen« könnte, da er über den Sohn Gottes gebietet, und dennoch »gehorcht er«. Ihm, seinem Herzen vertraut Gott »schwache Dinge« an. Denn »eine Verheißung ist schwach«, so wie »ein Kind« schwach ist, aber auch »ein Mädchen, gegenüber dem er einen Verdacht hatte«. Schwächen, die sich dann auch in den darauffolgenden Ereignissen fortsetzen: »Denken wir an die Geburt des Kindes, an die Flucht nach Ägypten…«
»All diese Schwächen«, erklärte der Papst, »nimmt Josef in die Hand, er nimmt sie sich zu Herzen und bringt sie voran, wie man dies mit Schwächen tut, mit Zärtlichkeit, mit viel Zärtlichkeit, mit jener Zärtlichkeit, mit der man ein Kind in die Arme nimmt.« Daher bietet die Liturgie das Beispiel des »Mannes, der nicht spricht, sondern gehorcht: der Mann der Zärtlichkeit, der Mann, der fähig ist, die Verheißungen voranzubringen, damit sie fest, damit sie sicher werden; der Mann, der die Stabilität des Reiches Gottes gewährleistet, die Vaterschaft Gottes, unsere Sohnschaft als Kinder Gottes«. Aus diesem Grund, gestand der Papst, »stelle ich mir Josef gern als den Hüter der Schwächen vor«, auch »unserer Schwächen«. Denn er »vermag es, viele schöne Dinge aus unseren Schwächen, aus unseren Sünden entstehen zu lassen«. Er »ist der Hüter der Schwächen, damit sie stark werden im Glauben«.
Eine fundamentale Aufgabe, die Josef »im Traum empfing«, da er »ein Mann war, der zu träumen vermochte«. Somit ist er nicht nur »Hüter unserer Schwächen, sondern wir können auch sagen, dass er der Hüter des Traumes Gottes ist. Der Traum unseres Vaters, der Traum Gottes, der Erlösung, der Traum, uns alle zu retten, dieser Neuschöpfung – er wird ihm anvertraut.«
»Groß ist dieser Zimmermann!«, rief der Papst aus, der erneut betonte, dass er »still ist, arbeitet, behütet, die Schwächen voranbringt, es vermag zu träumen«. Und ihn, so Franziskus, »möchte ich heute bitten, dass er uns allen die Fähigkeit zu träumen schenke. Denn wenn wir Großes träumen, die schönen Dinge, nähern wir uns dem Traum Gottes, den Dingen, die Gott von uns träumt.« Abschließend die Bitte um eine besondere Fürsprache: »Er schenke den jungen Menschen – denn er war ein junger Mann – die Fähigkeit zu träumen, ein Risiko einzugehen und die schwierigen Aufgaben zu übernehmen, die sie in ihren Träumen gesehen haben.« Und allen Christen schenke er »die Treue, die normalerweise in einer gerechten Haltung wächst: sie wächst in der Stille und sie wächst in der Zärtlichkeit, die es vermag, die eigenen Schwächen und die der anderen zu behüten«.
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