PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Ein neues Herz
Freitag, 20. Januar 2017
(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 5, 3. Februar 2017)
»Die Schwäche Gottes« besteht darin, dass er uns vergibt und dabei dazu gelangt, unsere Sünden zu vergessen. Und so ist er immer bereit, uns auf radikale Weise »das Leben zu ändern, nicht nur Denkart und Herz«. Unsererseits jedoch bedarf es des Bemühens darum, bis ins Letzte diesen »neuen Bund«, diese »neue Schöpfung« zu leben, indem wir die Versuchung des Verurteilens und die Dummheiten der Weltlichkeit beiseite legen und immer unsere »Zugehörigkeit« zum Herrn neu beleben. So lauten die praktischen Hinweise, die der Papst bei der am Freitag, den 20. Januar, in der Kapelle der Casa Santa Marta gefeierten Messe unterbreitet hat.
Der Papst verwies sogleich darauf, dass die Liturgie »ein Gebet, ein sehr schönes Gebet hat, das uns die Tiefe des Werkes Jesu Christi begreifen lässt: ›O Gott, du hast die Welt so wunderbar erschaffen, doch noch wunderbarer hast du sie neu geschaffen‹, das heißt durch das Blut Jesu, mit der Erlösung«. Gerade »diese Erneuerung, diese neue Schöpfung ist es, von der heute in der ersten Lesung [aus dem Brief an die Hebräer (8,6-13)] die Rede ist«. Wir stehen vor der Verheißung des Herrn: »Es werden Tage kommen, in denen ich einen neuen Bund schließen werde, nicht wie der Bund war, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe«. Es ist also »ein neuer Bund, und der neue Bund, den Gott in Jesus Christus schließt, ist die Neuschöpfung: er erneuert alles«. Das bedeutet, »alles von den Wurzeln her zu erneuern, nicht nur dem Anschein nach«.
»Dieser neue Bund«, erklärte der Papst, »hat seine eigenen charakteristischen Merkmale«. Im Brief an die Hebräer ist weiter zu lesen: »Das wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe – spricht der Herr: Ich lege meine Gesetze in ihr Inneres hinein und schreibe sie ihnen in ihr Herz«. Das heißt, so Franziskus, dass »das Gesetz des Herrn nicht nur eine Art des äußeren Handelns ist«, denn »der Bund, den er schließt, besteht darin, das Gesetz in Sinn und Herz zu legen: er ändert uns die Denkart«. Deshalb »ist im neuen Bund eine Änderung der Denkart, eine Änderung des Herzens, eine Änderung des Fühlens, in der Art des Handelns gegeben: es ist dies eine andere Art, die Dinge zu sehen«.
Um diesen Punkt verstehen zu lassen, griff der Papst auf ein »Beispiel zurück: ich kann das Werk einer Person, denken wir an einen Architekten, sehen« und es »in einer kalten, technischen, objektiven Weise« werten und sagen: »das ist in Ordnung, technisch ist es in Ordnung«. Oder »ich kann es neidisch anschauen, da er etwas Schönes geschaffen hat, das zu machen ich nicht fähig bin«, und das ist »eine weitere Haltung «. Doch »kann ich es auch mit Wohlwollen, auch mit Freude sehen« und sagen: »Kompliment, tüchtig warst du, das gefällt mir sehr, auch ich bin glücklich!«. Es sind dies also »drei verschiedene Haltungen«.
»Der neue Bund«, darauf verwies Franziskus »verändert uns das Herz und lässt das Gesetz des Herrn mit diesem neuen Herzen, mit diesem neuen Sinn sehen«. Indem er »auf die Gesetzeslehrer, die Jesus verfolgten«, Bezug nahm, rief der Papst in Erinnerung, dass »diese alles taten, was vom Gesetz vorgeschrieben war, sie hatten das Recht in der Hand, alles, alles, alles. Doch ihre Denkart war eine Denkart, die fern von Gott war. Es war eine egoistische, auf sie selbst fixierte Denkart: ihr Herz war ein Herz, das verurteilte«. Sie lebten also, »indem sie immer verurteilten«. Doch »der neue Bund ändert unser Herz und er ändert unseren Sinn: es ist da eine Änderung der Denkart«.
Den Abschnitt aus dem Hebräerbrief wieder aufnehmend unterstrich der Papst, wie »der Herr dann vorgeht: ›Ich lege meine Gesetze in ihr Inneres hinein und schreibe sie ihnen in ihr Herz. Denn ich verzeihe ihnen ihre Schuld, und an ihre Sünden denke ich nicht mehr‹«. Beim Nachdenken über diese Worte, fügte Franziskus hinzu, »gefällt es mir zu denken und dabei mit dem Herrn zu scherzen: ›Du hast ein schlechtes Gedächtnis!‹« Das »ist die Schwäche Gottes: wenn Gott vergibt, dann vergisst er, dann vergisst er«. Dies geht so weit, dass »der Herr nie sagen wird: ›Dafür wirst du mir zahlen!‹: er vergisst, weil er vergibt«. Vor »einem reuigen Herzen vergibt und vergisst er: ›Ich werde vergessen, ich werde nicht mehr an ihre Sünden denken.‹« Und »auch dies ist eine Einladung, den Herrn sich nicht der Sünden entsinnen zu lassen, also eine Einladung, nicht mehr zu sündigen: ›Du hast mir vergeben, du hast vergessen, aber ich muss…‹«. Es handelt sich eben um eine wahre »Änderung des Lebens, der Neue Bund erneuert mich und lässt mich das Leben ändern, nicht nur die Denkart und das Herz, sondern das Leben«. Sie drängt uns dazu, »so zu leben, ohne Sünde, fern von der Sünde«. Und »das ist die neue Schöpfung. So schafft der Herr uns alle neu«.
Der Abschnitt aus dem Hebräerbrief legt dann »eine dritte Charakteristik vor, eine Änderung der Zugehörigkeit«. Denn es ist zu lesen: »Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein«. Es ist »jene Zugehörigkeit«, die sagen lässt: »Du bist der einzige Gott für mich, die andern Götter existieren nicht«. Denn, so Franziskus weiter, »die anderen Götter sind Dummheiten, wie ein alter Mann sagte, den ich kannte: ›du allein bist mein Gott und ich gehöre dir, dieses Volk gehört dir‹«. Also, so der Papst eindringlich: »Änderung der Denkart, Änderung des Herzens, Änderung des Lebens und Änderung der Zugehörigkeit: das ist die neue Schöpfung, die der Herr wunderbarer macht als die erste Schöpfung.
Abschließend rief Franziskus dazu auf, »den Herrn darum zu bitten, in diesem Bund voranzugehen, treu zu sein; das Siegel dieses Bundes, dieser Treue, dieser Arbeit treu sein, die der Herr tut, um uns die Denkart zu ändern, um uns das Herz zu ändern«. Dabei ist immer die Erinnerung an das wach zu halten, »was die Propheten sagten: ›Der Herr aber wird dein Herz aus Stein in ein Herz aus Fleisch verwandeln‹«. Das also, so der Papst erneut, ist der Einsatz dafür, »das Herz zu ändern, das Leben zu ändern, nicht mehr zu sündigen oder den Herrn sich nicht durch unsere Sünden von heute dessen entsinnen zu lassen, was er vergessen hat, und die Zugehörigkeit zu ändern: nie zur Weltlichkeit zu gehören, zum Geist der Welt, zu den Dummheiten der Welt, sondern allein zum Herrn«.
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