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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Die Intuition der heiligen Maria Magdalena

Montag, 5. Dezember 2016
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 51/52, 23. Dezember 2016)

 

Intuitiv hat Maria Magdalena verstanden, dass Jesus sie »neu schaffen« und nicht nur ihre Sünden mit Schminke »übertünchen« wollte. Die Heilige, die den Mut hatte, ihre Sünden beim Namen zu nennen, stand im Mittelpunkt der Predigt, die Papst Franziskus am Morgen des 5. Dezember in der Kapelle des Hauses Santa Marta hielt. Er verwies auf sie als Vorbild, um sich wirklich in der Tiefe vom Herrn erneuern zu lassen.

Die erste Lesung aus dem Buch Jesaja (35,1-10) »spricht von Erneuerung: die Steppe soll jubeln und blühen, denn Herrlichkeit wird ihr geschenkt «, unterstrich Franziskus zu Beginn der Predigt: »Die Steppe wird blühen, und das, was Wüste war, was hässlich war, was ausgesondert war, wird voller Blumen sein und neu werden: es wird sich erneuern.« So »kündet die Prophezeiung von Jesaja das Kommen des Erlösers an: es ist der Wechsel vom Hässlichen zum Schönen, vom Schlechten zum Guten«. Und »das wird uns Freude schenken, das wird uns helfen, denn es kündet bereits die Heilungen an: ›Dann werden die Augen der Blinden geöffnet, auch die Ohren der Tauben sind wieder offen. Dann springt der Lahme«, und auch in der Wüste wird es eine Straße geben und man wird sie den Heiligen Weg nennen«: es »wird ein Weg sein, den sein Volk gehen kann«. Mit diesen Worten, so der Papst, werde »von einer Wendung zum Besseren« erzählt, »und so erwartet das Volk den Messias, erwartet das, was der Prophet Jesaja angekündigt hatte«.

In der Tat: »Jesus ist gekommen, Jesus hat geheilt, Jesus zeigte den Menschen einen Weg der Veränderung und deshalb folgten die Menschen ihm.« Aber »sie folgten ihm nicht, weil er gerade aktuell war, sondern sie folgten ihm, weil die Botschaft Jesu ins Herz traf«. Die Bibel sage: »Er sprach mit Vollmacht und nicht wie die Schriftgelehrten, und das Volk verstand ihn.« Darüber hinaus »sah das Volk, dass Jesus heilte und folgte ihm auch deswegen: sie brachten viele Kranke zu ihm, damit er ihnen Gesundheit schenken möge«. All dies werde im Abschnitt aus dem Tagesevangelium nach Lukas (5,17-26) berichtet.

Franziskus fügte hinzu: »Dennoch war das, was Jesus tat, nicht nur eine Veränderung vom Hässlichen zum Schönen, vom Schlechten zum Guten: Jesus bewirkte eine Wandlung.« Denn »es geht nicht darum, etwas zu verschönern, es ist kein Problem des Make-ups, der Schminke«. In Wirklichkeit habe der Herr »alles von innen her verwandelt. Er hat es durch eine Neu-Schaffung verwandelt: Gott hat die Welt geschaffen, der Mensch ist in Sünde gefallen und Jesus kommt, um die Welt neu zu schaffen.« Das sei »die klare Botschaft des Evangeliums: Bevor Jesus den Mann heilt, vergibt er ihm seine Sünden.« So »kommt Jesus dorthin zur Neu-Schöpfung, er schafft diesen Menschen neu aus einem Sünder zu einem Gerechten: er schafft ihn neu als Gerechten«. Kurz: »Er macht ihn neu, er erneuert ihn und das erregt Anstoß.« Denn »die Schriftgelehrten beginnen zu diskutieren, zu murren: ›Wer ist das, dass er so etwas tut? Mit welcher Vollmacht tut er das?‹«

Jesus »erregte Anstoß«, weil »er aus uns Sündern neue Menschen machen kann«, unterstrich der Papst. Gerade »das hat Maria Magdalena geahnt, als sie zu ihm ging, weinte, seine Füße mit ihren Tränen wusch und mit den Haaren abtrocknete«. Sie »ahnte in ihm den, der ihre Wunde heilen würde: sie war eine gesunde Frau, aber sie trug eine Wunde in ihrem Inneren, sie war eine Sünderin«. So »ahnte sie, dass dieser Mann nicht nur ihren Leib heilen konnte, sondern auch die Wunde ihrer Seele: er konnte sie neu schaffen«. Aber »dafür braucht es einen großen Glauben«. So sei auch im [ital.] Tagesgebet, die Bitte enthalten gewesen, dass der Herr uns helfen möge, uns mit großem Glauben auf Weihnachten vorzubereiten. »Für die Heilung der Seele, für die existentielle Heilung, die Neu-Schöpfung, die Jesus bringt, ist ein großer Glaube notwendig, das ist nicht leicht«, bemerkte Franziskus und bezog sich in diesem Zusammenhang auf einen im Evangelium enthaltenen Dialog: »›Alles kann, wer glaubt‹, hat Jesus nach der Verklärung zum Vater jenes Jungen gesagt. ›Ich glaube; hilf meinem Unglauben!‹, hat der arme Mann geantwortet.« Denn auch er habe verstanden, »dass da mehr ist«.

»Verwandelt werden: das ist die Gnade der Gesundung, die Jesus bringt«, und Franziskus fügte hinzu: »Wenn wir daran denken, wie oft sagen wir dann: ›Aber das schaffe ich nicht!‹«, denn »ein neues Leben beginnen, sich verwandeln zu lassen, sich von Jesus neu schaffen zu lassen, das ist sehr schwierig«. Jesaja selbst sage: »Macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest! Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott!« Daher sei »das Wort Gottes ›Mut‹: Habt Mut, lasst euch neu schaffen!« Es gelte: »Nicht nur heilen, sondern neu schaffen, das Herz neu schaffen: Wir alle sind Sünder, aber blicke auf die Wurzel deiner Sünde und der Herr möge dort hinunter gehen und es neu schaffen! Und diese bittere Wurzel wird blühen, sie wird erblühen in den Werken der Gerechtigkeit. Und du wirst ein neuer Mann sein, du wirst eine neue Frau sein.« Franziskus warnte schließlich vor der Versuchung, sich nicht vom Herrn neu schaffen zu lassen, so wenn wir uns darauf beschränkten anzuerkennen »Ja, ja, ich habe Sünden«, aber »ich gehe beichten, ein paar Worte und dann mache ich so weiter«. Kurz: »Zwei Pinselstriche Farbe und damit glauben wir ist die Geschichte vorbei.«

Dagegen gehe es darum, »meine Sünden zu erkennen und beim Namen zu nennen: Ich habe dies getan und jenes und ich schäme mich von Herzen.« So »öffne ich das Herz: ›Herr, einziger Herr, den ich habe, schaffe mich neu, schaffe mich neu!‹« Nur so »werden wir den Mut haben, uns mit wahrem Glauben, wie wir gebetet haben, auf den Weg zum Weihnachtsfest zu machen «, ohne je zu versuchen, »die Schwere unserer Sünden zu verstecken«. Der Papst wies auf das konkrete Beispiel der Sünde des Neids hin, und empfahl demjenigen, der zugebe, »ein wenig Neid« verspürt zu haben, daran zu denken, dass dies »etwas sehr Hässliches ist, so wie Schlangengift «, weil man versucht, »den anderen zu vernichten «. Aus diesem Grund sei es angebracht, »bis in den tiefsten Grund unserer Sünden vorzudringen und sie dann dem Herrn zu geben, damit er sie auslösche und uns helfen möge, gläubig voranzugehen«.

Abschließend erzählte Franziskus »von einem großen Heiligen, einem Gelehrten der Bibel, der einen sehr aufbrausenden Charakter mit vielen Zornausbrüchen hatte«. Aber er habe »den Herrn um Vergebung gebeten, immer, indem er viel Buße tat und dem Herrn große Entsagungen und Opfer darbrachte«. Jener »Heilige sagte zum Herrn: ›Bist du zufrieden, Herr? – ›Nein!‹ – ›Aber ich habe dir alles gegeben!‹ – ›Nein, es fehlt etwas.‹ Da tat der arme Mann weiter Buße, betete noch mehr, hielt Nachtwache im Gebet: ›Ich habe dir dies gegeben, ist es in Ordnung?‹ – ›Nein, es fehlt etwas.‹ – ›Aber was fehlt, Herr?‹ – ›Es fehlen deine Sünden, gib mir deine Sünden!‹« Darum bitte der Herr auch uns heute: »Hab Mut, gib mir deine Sünden und ich werde aus dir einen neuen Mann, eine neue Frau machen! Der Herr möge uns Glauben schenken, um dies wirklich zu glauben.«

 


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