PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Eine entscheidende Geste
Freitag, 18. November 2016
(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 49, 9. Dezember 2016)
Von jedem Christen und vor allem von den Priestern ist eine Gewissenserforschung gefordert: Ist Gott »mein Herr« oder »hängt mein Herz am Geld«? Um diese Frage ging es in der Predigt von Papst Franziskus, die er am 18. November in der heiligen Messe im Haus Santa Marta hielt.
Unter den Konzelebranten war Kardinal Pietro Parolin mit den Leitern und Beamten des Staatssekretariats und einer großen Gruppe von festen Mitarbeitern in den Päpstlichen Vertretungen, die mit der Teilnahme an der Eucharistiefeier ihr Jubiläum der Barmherzigkeit begannen.
Der Papst stützte seine Überlegungen auf das Tagesevangelium (Lk 19,45-48), das von der Vertreibung der Händler aus dem Tempel handelte. Es sei eine »sehr entscheidende Geste« Jesu, die sich gut einfüge in die Katechese der Wortgottesdienste »dieser beiden letzten Wochen des Kirchenjahres «, in denen die Kirche uns »über die letzten Dinge, die entscheidenden Dinge« nachdenken lasse. Dabei stelle sie uns »entscheidende Gesten« vor Augen, »sowohl von Jesus als auch aus dem Buch der Offenbarung, um uns zu helfen, nach vorne zu blicken, auf das, was uns erwartet, die endgültige Heimat«.
Die bekannte Begebenheit stehe chronologisch am Beginn der Karwoche, weil Johannes nach dem Einzug von Jerusalem und dem Hosannagesang der Kinder für den, der im Namen des Herrn kommt, davon berichte. Mit dieser Begebenheit »lässt der Herr uns verstehen, wo der Same des Antichrists ist, der Same des Feindes, der Same, der sein Reich in den Ruin führt«. Es sei, als stelle er uns vor die Wahl »zwischen dem Haus Gottes und der Räuberhöhle«, zwischen »dem Haus Gottes und dem Markt, Haus des Gebetes oder Marktplatz«. In dieser Gegenüberstellung weise Jesus auf das Geld als »Feind« hin, weil »ein Herz, das am Geld hängt, ein götzendienerisches Herz ist«.
Im Übrigen, so erläuterte Franziskus weiter, wird dem Geld im Evangelium sogar der »Status eines Herrn« zugeschrieben. Jesus tue dies, wenn »er sagt: ›Man kann nicht zwei Herren dienen."‹« Und wer sind die beiden Herren? »Gott und das Geld«, das seien »die beiden Herren«. Das Geld sei also »der Anti-Herr«. Der Mensch habe aber die Freiheit, zwischen diesen beiden Herren zu wählen. Und daher »nimmt Jesus eine Peitsche und beginnt mit der Reinigung des Tempels«. In Wirklichkeit »tut er nichts anderes, als eine der vielen Gesten der Propheten zu wiederholen«, von denen im Alten Testament berichtet werde. Dort sei zu lesen, dass sie »die Götzen vertrieben – aus den Häusern, aus dem Tempel oder auch aus den Kleidern, wo sie versteckt waren«. Man könne zum Beispiel an Rahel denken, die »Teraphim [Götzen] versteckt hatte«.
Im Evangelium gebe es demnach einen Gegensatz zwischen diesen beiden Herren: auf der einen Seite »Gott, der Herr, das Haus Gottes, das ein Haus des Gebetes ist«, wo es »die Begegnung mit Gott gibt, mit dem Gott der Liebe«; und auf der anderen Seite »das Geld als Herr, das in das Haus Gottes kommt, das immer versucht einzudringen«. Die Händler seien »Geldwechsler oder Verkäufer verschiedener Dinge« gewesen und sie hätten den Priestern Miete gezahlt, um dies im Tempel tun zu können.
Franziskus fuhr fort: Das Geld »ist ein Herr, der unser Leben ruinieren kann und uns so weit bringen kann, dass unser Leben böse endet, ohne Glück, ohne die Freude, dem wahren Herrn zu dienen, der der einzige Herr ist, der uns die wahre Freude schenken kann«. Aber all dies hänge von »einer Entscheidung« ab, von einer »persönlichen Entscheidung«. Daher sage Jesus »in dieser entscheidenden Geste« gleichsam zu jedem von uns: »Wie steht es um deine Haltung zum Geld? Was tust du mit den Geld?« Der Papst wandte sich auch direkt an die Anwesenden: »Väterlich möchte ich es auch zu euch sagen: Welche Haltung habt ihr dem Geld gegenüber? Hängt ihr daran?«
Es handle sich um eine wichtige Frage, die sich an die Priester richte. Franziskus erläuterte: »Das Volk Gottes wittert die Dinge sehr wohl, im Annehmen, Heiligsprechen ebenso wie im Verurteilen – denn das Volk Gottes hat die Fähigkeit zu urteilen –, und verzeiht den Priestern sehr viele Schwächen, sehr viele Sünden. Aber es gibt zwei Sünden, die es nicht vergeben kann: das Hängen am Geld, wenn es sieht, dass der Priester am Geld hängt, dann ist das etwas, was es nicht vergeben kann.« Oder »wenn der Priester die Gläubigen schlecht behandelt: das kann das Volk Gottes nicht schlucken und wird es nicht verzeihen«. In Bezug auf »andere Schwächen, auf andere Sünden« zeige sich das Volk nachsichtiger und neige dazu, sie »zu rechtfertigen«: Es erkennt die Sünde, benennt sie und klagt an, »aber die Verurteilung ist nicht so stark und endgültig«. Aus dieser Haltung könne man sehen, wie das Volk Gottes »den Status des Geldes als Herr« erkenne, das den Priester dazu führen könne, »Herr eines Unternehmens oder Fürst oder noch mehr zu sein…«
Der Papst verlieh seiner Zufriedenheit über die vom Staatssekretariat organisierte Begegnung Ausdruck und richtete sich erneut direkt an die anwesenden Priester: »Ich bitte euch um einen Gefallen: Nehmt euch ein wenig Zeit, jeder von euch, und stellt euch die Frage: Wie sieht meine Haltung gegenüber dem Geld aus?« Mit einer weiteren Frage sollten sie noch tiefer gehen: »Wie ist mein Herz? Hängt es am Geld? Bin ich neugierig, wie viel Zinsen mir mein Konto eingebracht hat, oder kümmert mich das nicht?« Franziskus fügte hinzu: »Es ist traurig, einen Priester zu sehen, dessen Leben zu Ende geht, der stirbt, im Koma liegt« und gleichzeitig seien dort die Neffen und Nichten »wie die Geier«, die nachsehen, was sie mitnehmen könnten. »Die wahre Gewissenserforschung laute daher: ›Herr, bist du wirklich mein Herr?‹« oder habe ich wie Rahel »diesen Teraphim in meinem Herzen versteckt, diesen Götzen Geld?«
Der Papst ermahnte die Priester: »Seid mutig! Seid mutig und entscheidet euch!« Ein Priester solle »ausreichend Geld haben, das, was ein ehrlicher Arbeiter hat, ausreichende Ersparnis, was dagegen seien »nicht legitim, das ist Götzendienst«. Abschließend bat Franziskus den Herrn, dass er allen »die Gnade der christlichen Armut schenken möge«, die Gnade »jener Armut der Arbeiter, jener, die arbeiten, einen gerechten Lohn verdienen und nicht mehr suchen«.
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