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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Wie Omas süßes Gebäck

Freitag, 14. Oktober 2016
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 43, 28. Oktober 2016)

 

Der Christ darf nicht so sein, wie Omas süßes Gebäck, das im Volksmund »bugie« [Lügen] genannt wird, weil es außen groß und schön ist, aber innen leer und ohne Substanz. Vor der Heuchelei in all ihren schlimmsten Versionen warnte der Papst in der heiligen Messe, die er am 14. Oktober in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte. Und er schlug auch allen Gläubigen einige Punkte für eine Gewissenserforschung über die Heuchelei vor.

Ausgehend vom in der Liturgie verlesenen Abschnitt aus dem Lukasevangelium (12,1-7), wies der Papst zunächst auf ein Wort hin, »das der Herr zu den Jüngern sagt: ›Sauerteig‹«. Lukas gebe die Lehre Jesu wieder und schreibe: »Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer!« Der Herr »hat auch an anderer Stelle vom Sauerteig gesprochen, zum Beispiel wo er erklärt, dass es mit dem Himmelreich so ist wie mit dem Sauerteig, den eine Frau unter das Mehl mischt. Dieser hält die Masse zusammen und lässt sie wachsen: So ist das Himmelreich.« Außerdem sage »der Apostel Paulus zu den Korinthern: ›Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr neuer Teig seid.‹« Im Evangelium vom Tag »spricht Jesus von einem Sauerteig, der nicht das Himmelreich schafft, sondern von einem schlechten Sauerteig «. Daher gebe es zwei Arten von Sauerteig, einen guten und einen schlechten: »Der Sauerteig, der das Reich Gottes wachsen lässt, und der Sauerteig, der nur Schein des Reiches Gottes ist.« Im Übrigen lasse »der Sauerteig immer wachsen. Wenn er gut ist, bewirkt er ein solides, reichhaltiges Wachstum und es wird ein gutes Brot daraus, ein guter Teig: er wächst gut. Aber der schlechte Sauerteig lässt nicht gut wachsen.«

Um dieses Bild noch besser zu erklären, erzählte Franziskus: »Ich erinnere mich, dass die Oma, als wir Kinder waren, in der Karnevalszeit für uns immer ein süßes Gebäck gemacht hat. Es bestand aus einem ganz, ganz dünnen Teig. Den buk sie dann in Öl heraus, und der Teig blähte sich immer mehr auf. Und wenn wir es gegessen haben, war es innen hohl.« Im Dialekt habe man dieses Gebäck »bugie« [Lügen] genannt. Und unsere Großmutter hat uns auch den Grund erklärt: Dieses Gebäck »ist wie die Lügen: Sie scheinen groß zu sein, sind aber innen leer, es gibt nichts Wahres dort. Es gibt dort keine Substanz.« Jesus also warne uns: »Hütet euch vor dem schlechten Sauerteig der Pharisäer!« Und dieser Sauerteig »ist die Heuchelei«. Der Herr fordere uns auf, »uns vor dem Sauerteig der Pharisäer zu hüten, das heißt vor der Heuchelei«.

Franziskus merkte an: Im Übrigen »sagt Jesus sehr oft ›Ihr Heuchler‹ zu den Pharisäern und Schriftgelehrten«. Zum Beispiel »reicht es aus, das 23. Kapitel im Matthäusevangelium zu lesen: immer wieder« nenne er sie dort so. Was aber »ist dieser schlechte Sauerteig, diese Heuchelei« in Wirklichkeit? Um darauf zu antworten, zog der Papst »einige Bibelstellen« heran. So »beklagt sich der Herr beim Propheten: ›Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.‹« Der Papst erläuterte: »Heuchelei ist eine innere Spaltung. Man sagt etwas und tut etwas anderes: Es ist eine Art geistiger Schizophrenie.«

Der »Heuchler täuscht nur etwas vor: Er scheint gut, freundlich, aber hinter seinem Rücken hält er einen Dolch.« Genau wie Herodes, der innerlich erschrecke, »die Sterndeuter freundlich empfangen hat«, aber »dann beim Abschied sagt: ›Geht und berichtet mir, wo das Kind ist, damit auch ich hingehe und ihm huldige.‹« In Wirklichkeit aber »wollte er es töten«.

»Der Heuchler, der zwei Gesichter hat, täuscht etwas vor.« Jesus selbst sage über die Schriftgelehrten, dass sie »nur reden, aber selbst nicht tun, was sie sagen«. Und das »ist eine andere Form der Heuchelei. Es ist ein existentieller Nominalismus: jene die glauben, dass sie alles regeln, wenn sie nur davon reden. Nein, die Dinge müssen getan, nicht nur gesagt werden!« Der »Heuchler dagegen ist ein Nominalist, der glaubt, mit dem Reden sei alles getan«. Außerdem »ist der Heuchler unfähig, sich selbst anzuklagen: Nie findet er bei sich selbst einen Flecken, er beschuldigt die anderen.« Man solle an »den Strohhalm und den Balken« denken: genau so »können wir diesen Sauerteig der Heuchelei beschreiben«.

»Um zu verstehen, was Jesus uns sagen will«, schlug der Papst einige Punkte für eine »Gewissenserforschung über unsere Art und Weise, in unserem Leben zu handeln« vor, »über unseren Sauerteig«, damit wir »freier sein können, dem Herrn nachzufolgen und uns immer die Wahrheit sagen können«. Daher sei es wichtig, sich zu fragen: »Wie wachse ich? Wachse ich mit dem alten Sauerteig, der zu nichts nütze ist? Wachse ich wie das Gebäck meiner Großmutter, leer, substanzlos? Oder wachse ich mit dem neuen Sauerteig, der das Himmelreich wachsen lässt? Wie ist mein Sauerteig beschaffen?« Das heißt: »In welchem Geist tue ich die Dinge? In welchem Geist bete ich? In welchem Geist wende ich mich den anderen zu? In dem Geist, der aufbaut, oder in dem Geist, der zu Luft wird?«

Franziskus warnte auch, sich nicht selbst zu betrügen, indem man sage: »Ich habe dies und jenes getan.« Er verwies vielmehr auf das Beispiel der Kleinen: »Mit was für einer Wahrheit beichten die Kinder! In der Beichte sagen die Kinder niemals eine Lüge, niemals sagen sie etwas Abstraktes.

Sondern: ›Ich habe dies getan, ich habe jenes getan.‹« Die Kinder seien »konkret, denn wenn sie vor Gott und vor den anderen stehen, dann sagen sie konkrete Dinge, weil sie den guten Sauerteig haben, den Sauerteig, der sie wachsen lässt, wie das Himmelreich wächst.« Der Papst schloss seine Meditation mit der Bitte an den Herrn, dass »er uns, uns allen, den Heiligen Geist und die Gnade der Klarheit schenken möge, uns zu sagen, mit welchem Sauerteig ich wachse, mit welchem Sauerteig ich handle«, um stets bereit zu sein, ehrlich auf die Frage zu antworten: »Bin ich ein loyaler, transparenter Mensch oder bin ich ein Heuchler?«

 



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