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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Wir alle sind Korinther 

Montag, 12. September 2016

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 38, 23. September 2016

 

»Ich fordere euch auf, alles in eurer Macht Stehende dafür zu tun, die Kirche nicht durch Spaltungen zu zerstören, seien diese nun auf Habgier und Ambition oder aber auf Missgunst zurückzuführen!« So lautete der nachdrückliche Appell, den Papst Franziskus bei der Frühmesse vorbrachte, die er am Montag, 12. September, in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte. Die Worte, die Paulus an die Korinther geschrieben habe, könnten ebenso gut auch »an uns alle gerichtet sein, an die Kirche unserer Tage«, so erklärte er, indem er einen Absatz aus dem 1. Korintherbrief zitierte: »Brüder, das kann ich nicht loben, dass ihr nicht mehr zu eurem Nutzen, sondern zu eurem Schaden zusammenkommt« und »zunächst höre ich, dass es Spaltungen unter euch gibt«.

Gerade dadurch, dass er den paulinischen Text erneut zitierte, forderte Franziskus dazu auf, »vor allem zu beten und den Quell, die eigentliche Wurzel der Einheit der Kirche, die der Leib Christi ist, gut zu hüten und jeden Tag in der Eucharistie sein Opfer zu feiern«. Der Teufel, so erklärte er, »hat zwei sehr mächtige Waffen, um die Kirche zu zerstören: die Spaltungen und das Geld«. Aber bevor er seine Predigt über die erste Lesung aus dem Paulusbrief begann, wollte der Papst auf ein ganz konkretes, einfaches und direktes Zeugnis verweisen. »Heute gewährt uns der Herr eine Gnade, eine Gnade der Erinnerung «, so sagte er ganz zu Beginn seiner Predigt, indem er Erzbischof Arturo Antonio Szymanski Ramírez vorstellte, »einen Bruder im bischöflichen Amt, der das ganze Konzil miterlebt hat: er war zwei Jahre vorher Bischof geworden«. Der betagte mexikanische Erzbischof war Konzelebrant des Papstes bei der Messe und tauschte mit ihm den Friedensgruß aus. Der Papst hatte ihn bereits vergangenen Freitag in Audienz empfangen.

»Er arbeitet immer noch, trotz seiner 95 Jahre, er hilft dem Pfarrer«, sagte Franziskus und forderte explizit dazu auf, dem Herrn genau »für diese Gnade der Erinnerung« zu danken. Erzbischof Szymanski Ramírez, emeritierter Erzbischof von San Luis Potosí, kam am 17. Januar 1922 zur Welt. Er wurde 1947 zum Priester und 1960 zum Bischof geweiht, nahm an den Arbeiten des II. Vatikanischen Konzils teil, wo er (aufgrund seines Namens slawischer Herkunft) zwischen Kardinal Stefan Wyszynski und Bischof Karol Wojtyla saß und auch oft mit Joseph Ratzinger verkehrte. Auch seitdem er am 20. Januar 1999 vom Amt des ersten Erzbischofs von San Luis Potosí zurückgetreten ist, hat Erzbischof Szymanski Ramírez seinen demütigen Dienst für seine Herde niemals unterbrochen.

In seiner Predigt griff Papst Franziskus also den Text des Ersten Korintherbriefs des heiligen Paulus auf (11,17-26). Er machte darauf aufmerksam, dass der Apostel seine Briefpartner dafür tadle, »dass es Spaltungen« unter ihnen gebe: »Er tadelt sie wegen der Spaltungen, die es dort gibt, sie sind uneins: sie streiten, der eine ist auf einer Seite, der andere auf der anderen.« Und »die Spaltung zerstört das Gewebe der Kirche«. Im Übrigen, so merkte der Papst an, »hat der Teufel zwei überaus mächtige Waffen, um die Kirche zu zerstören: die Spaltungen und das Geld«. Und »mit diesen beiden Waffen zerstört er«. Aber »das geschah von Anfang an: Es hat von Anfang an Kirchenspaltungen gegeben; und auch die Geldgier«.

In diesem Zusammenhang erinnerte der Papst gerade auch an die Streitigkeiten, die unter »ideologischen und theologischen Spaltungen die Kirche zerfleischten: der Teufel sät Missgunst, Ambitionen, Ideen: aber um Spaltungen herbeizuführen! Oder er sät Habgier aus: denken wir etwa, zu Zeiten der Urgemeinde, an Hananias und Saphira«. Denn, so betonte er, »es hat von Anfang an Spaltungen gegeben, und das, was in der Kirche Spaltung schafft, das ist Zerstörung: Die Spaltungen zerstören wie ein Krieg: nach einem Krieg ist alles zerstört und der Teufel geht zufrieden heim.«

Aber »wir sind naiv und spielen mit«, bekräftigte Franziskus und fügte hinzu: »Und auch ich kann von mehr als einem Krieg berichten: Es ist ein schmutziger Krieg, wenn es zu Spaltungen kommt, es ist wie der Terrorismus. Aber ziehen wir ein ganz klares Beispiel heran: wenn in einer christlichen Gemeinschaft – handle es sich dabei um eine Pfarrgemeinde, um ein Seminar oder um kirchliche Einrichtungen, was auch immer – geklatscht wird, dann ist es, als werfe man eine Bombe, um den anderen zu vernichten«; und so »wird der andere vernichtet und mir geht es gut und ich kann aufsteigen: das ist der Terrorismus des Klatsches!« Auch der Apostel Jakobus, so fuhr der Papst fort, »sagte das: die Zunge tötet; auf die Art, dass er eine Bombe wirft, Zerstörung anrichtet und ein Opfer zurücklässt«.

»Es gibt Spaltungen unter euch«: Franziskus wiederholte diese Worte, die Paulus an die Gläubigen in Korinth gerichtet hatte. Und er fuhr fort: »Die Spaltungen in der Kirche verhindern, dass das Reich Gottes sich ausdehnen kann; sie verhindern, dass der Herr sich gut zeigen kann, so wie er ist«. Dagegen »führen die Spaltungen sehr wohl dazu, dass man diese Seite sieht, diese Seite, die sich gegen die andere wendet: immer gegeneinander, es fehlt das Öl der Einheit, der Balsam der Einheit«. »Aber der Teufel bleibt hier nicht stehen«, so warnte Franziskus und führte weiter aus: »Nicht nur in der christlichen Gemeinschaft, es geht geradewegs an die Wurzel der christlichen Einheit.« Und genau das sei es, was »hier geschieht, in der Stadt Korinth, was den Korinthern widerfährt: Paulus tadelt sie, weil die Spaltungen zwischen ihnen bis zur Wurzel der Einheit vordringen, also zur Feier der Eucharistie«. In diesem Fall »bringen die Reichen Essen, um ein Fest zu feiern; die Armen nicht: ein bisschen Brot und weiter nichts für ihre Feier«. Der Apostel schreibe: »Könnt ihr denn nicht zu Hause essen und trinken? Oder verachtet ihr die Kirche Gottes? Wollt ihr jene demütigen, die nichts haben?« Daher, so erläuterte der Papst, nehme Paulus »dieses Thema auf, hält ein und erinnert: ›Passt auf. ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde…‹; und er erzählt, wie wir gehört haben, die Einsetzung der Eucharistie, die erste eucharistische Feier«. Im Übrigen, so bekräftigte Franziskus, »ist die Wurzel der Einheit in dieser eucharistischen Feier enthalten«. Und »der Herr hat den Vater darum gebeten, dass ›sie eins sind wie wir‹, er hat für die Einheit gebetet«. Aber »der Teufel versucht, sein Zerstörungswerk bis an diesen Punkt dahin zu bringen«.

An diesem Punkt rief Franziskus dazu auf, »alles Mögliche dafür zu tun, dass die Kirche nicht durch Spaltungen zerstört wird, seien diese nun ideologischer Art, oder durch Habgier und Ambition oder durch Missgunst verursacht«. »Vor allem aber zu beten und den Quell gut behüten, die eigentliche Wurzel der Einheit der Kirche, die der Leib Christi ist und die wir jeden Tag im Messopfer in der Eucharistie feiern«. Die Worte, die Paulus an die Korinther schreibe, seien auch auf uns anwendbar: er fordere uns auf, uns nicht »zu unserem Nutzen« noch »zu unserem Schaden« zusammenzukommen und warne davor, eine Kirche zu sein, »die sich versammelt zum Schaden, zu Spaltungen: zum Schaden, um den Leib Christi in der Eucharistiefeier zu beschmutzen«.

Und »Paulus selbst sagt uns an einer anderen  Stelle: ›Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt.« Abschließend bat Franziskus im Gebet »den Herrn um die Einheit der Kirche, damit es keine Spaltungen gibt«. Und »um Einheit auch an der Wurzel der Kirche, die gerade das Opfer Christi ist, das wir jeden Tag feiern«.

 



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