PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Mutige Frauen
Dienstag, 31. Mai 2016
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 24, 17. Juni 2016
Es gibt zwei »innere Einstellungen«, die eindeutige »Indizien« dafür sind, dass jemand Christ ist: den »freudig geleisteten Dienst« und das »anderen Menschen Entgegengehen«. Während der Messe, die er am Dienstag, 31. Mai, in Santa Marta feierte, erteilte Papst Franziskus jenen Christen Ratschläge, die »sich für Christen halten «, es in Wirklichkeit aber »nicht in vollem Umfang sind«. Und er regte dazu an, dem Beispiel »mutiger Frauen« wie etwa jenem Marias zu folgen, die es fertiggebracht hätten, auch Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden, um den anderen zu dienen.
Angesichts einer »von Freude erfüllten« Tagesliturgie, »die unser Herz erfüllt«, griff der Papst zunächst einige Abschnitte der dem Propheten Zefanja (3, 14-18) entnommenen Ersten Lesung auf: »Juble, Tochter Zion! Jauchze, Israel! Freu dich und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem! Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte; du hast kein Unheil mehr zu fürchten«.
Und weiter: »Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der Rettung bringt. Er freut sich und jubelt über dich, er erneuert seine Liebe zu dir. Er jubelt über dich und frohlockt, wie man frohlockt an einem Festtag«. Also, so erläuterte er, »ist es Gott, der sich mit uns freut«, der »uns erneuert«. Ein Abschnitt, der »eine große Freude« zum Ausdruck bringe, »eine Freude, die unser Herz und unser Leben erfüllt«. Dann berief sich Papst Franziskus auf das Lukasevangelium (1,39-56): »Bei Marias Begegnung mit ihrer Cousine«, so stellte er fest, verspüre man »dieselbe freudige Stimmung: ›Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.‹« Auch Jesus freut sich und hüpft im Leib seiner Mutter: »Alles dort ist Freude, alles.« »Das«, so äußerte der Papst, »ist der frische Wind, den die heutige Liturgie uns bringt: die Botschaft der Freude«. Und er kommentierte: wie »hässlich« seien doch »die Christen, die ihr Gesicht verziehen, die traurigen Christen«, etwas »sehr, sehr, sehr Hässliches«. Sie seien in der Tat »überzeugt«, Christen zu sein, »aber sie sind es nicht voll und ganz«.
In dieser Atmosphäre der Freude, »die uns die Liturgie heute schenkt«, wollte der Papst zwei Aspekte hervorheben: »eine innere Einstellung« und »eine Tatsache«. Die Verhaltensweise, die im Evangelientext erkennbar sei, sei die des »Dienstes«. Tatsächlich gehe Maria hin, »um zu dienen«. Franziskus betonte »die beiden Verben, die diese Geschichte im Lukasevangelium einleiten«, und zwar: »Maria machte sich auf«, das heiße, sie habe entschieden: »ich muss etwas tun«, und deshalb sei sie »geeilt«. Was uns überrasche, so der Papst, sei gerade »dieses 16- oder 17-jährige Mädchen – älter war sie nicht – das sich eilig auf diesen Weg macht, wo sicher auch Räuber lauerten, aber sie war mutig. Sie steht auf und geht«. Maria erfinde sich keine Ausreden der Art »ach nein, ich bin schwanger«, oder auch: »Ich bin die Königin der Welt, denn ich bringe den König zur Welt«. Sie stehe schlicht und einfach auf und gehe und erweise dadurch ihren »Mut als Frau«.
In diesem Zusammenhang fügte der Papst noch eine Anmerkung hinzu und erinnerte an »die mutigen Frauen in der Kirche«, die »wie die Muttergottes sind«: Frauen, die »die Familie durchbringen« und »die Kindererziehung«, die es fertigbringen, mit »vielen Widrigkeiten, mit sehr viel Schmerz« zurechtzukommen, Frauen, »die die Kranken pflegen… Mutige Frauen: Sie stehen auf und dienen, sie dienen«. Man erkenne in ihnen »das christliche Indiz« des Dienstes. Und während er daran erinnerte, dass »wer nicht lebt, um zu dienen, für das Leben unnütz ist«, wiederholte Franziskus mehrfach, wie wichtig die innere Einstellung des »freudig erbrachten Dienstes « sei. Einer Freude, die allerdings auch der »Demütigung« bedürfe, und zwar dass man sich nicht dafür entscheiden dürfe, nur das zu tun, was wir gerne täten. Maria beispielsweise »machte sich auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa, sie »legte einen weiten Weg zurück«, und »hat das sicherlich alleine getan. Sie war mutig«.
Das Tagesevangelium mache uns auch mit einer »Tatsache« bekannt, und zwar mit der »Begegnung« zwischen Maria und Elisabeth. »Diese beiden Frauen«, so sagte der Papst, »treffen sich, und sie treffen sich freudig, so wie wenn sich Frauen treffen, die sich liebhaben: sie umarmen sich, sie geben sich einen Kuss…«. Kurz, eine Begegnung, die durch die »festliche Stimmung« gekennzeichnet ist. Also »ist die Begegnung ein weiteres Indiz für das Christsein«. Tatsächlich, so erläuterte der Papst, »ist ein Mensch, der behauptet, Christ zu sein und es nicht fertigbringt, den anderen entgegenzugehen, anderen zu begegnen, nicht durch und durch Christ«. Und er fügte hinzu: »Sowohl der Dienst als auch die Begegnung setzen voraus«, dass man »aus sich herausgeht: hinausgehen, um zu dienen und hinausgehen, um einem anderen Menschen zu begegnen, um ihn zu umarmen«.
In Maria – die eine Woche zuvor »arbeitete und nicht wusste, dass ihre Cousine schwanger war« und die dann »der unendlichen Freude der Mutterschaft« noch »die Freude des Dienens und die Freude der Begegnung« hinzufüge – »erneuert sich« eben durch diese Art des Dienstes und der Begegnung »die Verheißung des Herrn« und verwirkliche sich »in diesem Hier und Jetzt«. Franziskus kommentierte in diesem Zusammenhang: »Wenn wir das lernen – das Dienen und den anderen Entgegengehen, die Bereitschaft, uns auf Begegnungen einzulassen: wenn wir das lernen würden, wie anders würde dann doch die Welt!« Und er schloss damit, dass er noch einmal betonte: »nur zwei Dinge: Dienen und einander Begegnen: dann werden wir die Freude erleben, diese ungeheure Freude der Gegenwart Gottes mitten unter uns«.
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