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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Zwei Arten von Verfolgung

Dienstag, 12. April 2016

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 16, 22. April 2016

 

Es gibt zwei Arten von Christenverfolgung: eine »explizite« – hier erinnerte der Papst an die an Ostern in Pakistan getöteten Märtyrer – und eine »wohlerzogene« Verfolgung, die sich »als Kultur, Modernität, Fortschritt« ausgibt, aber dem Menschen schließlich die Freiheit nimmt und auch die Möglichkeit zur Verweigerung aus Gewissensgründen. Aber gerade im Leid der Verfolgung weiß der Christ, dass der Herr stets an seiner Seite ist. Das unterstrich Franziskus in der heiligen Messe, die er am Morgen des 12. April wie gewöhnlich in der Kapelle des Gästehauses Santa Marta feierte.

Der Papst ging in seiner Meditation von der ersten Lesung aus der Apostelgeschichte (7,51-8,1a) aus. »Wir haben den Bericht vom Martyrium des heiligen Stephanus gehört: die kirchliche Tradition nennt ihn den Protomärtyrer, den ersten Märtyrer der christlichen Gemeinschaft.« Aber »vor ihm gab es die kleinen Märtyrer, die noch nicht sprechen konnten, nur mit ihrem Leben, und die von Herodes verfolgt wurden«. Und »seit jener Zeit gibt es in der Kirche Märtyrer, es hat sie gegeben und es gibt sie«. Es »sind Männer und Frauen, die allein aus dem Grund verfolgt werden, weil sie sagen und bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist: Aber das ist verboten!« Dieses Bekenntnis ziehe »zu manchen Zeiten und an manchen Orten« die Verfolgung nach sich. »Das wird im Abschnitt der Apostelgeschichte deutlich, den wir morgen lesen werden«, fuhr Franziskus fort. »Nach dem Martyrium des heiligen Stephanus brach eine schwere Verfolgung über die Kirche in Jerusalem herein.« Damals »flohen alle Christen, nur die Apostel blieben«. Der Papst fügte hinzu: »Ich würde sagen, dass die Verfolgung das tägliche Brot der Kirche ist: im Übrigen hat Jesus selbst dies gesagt.«

»Wenn wir ein wenig in Rom als Touristen unterwegs sind und zum Kolosseum gehen, dann denken wir, dass die Märtyrer diejenigen sind, die dort von den Löwen getötet wurden.« Aber »nicht nur sie waren Märtyrer«. In Wirklichkeit seien die Märtyrer »Männer und Frauen des alltäglichen Lebens: heute, an Ostern, vor knapp drei Wochen«. Franziskus gedachte »jener Christen, die in Pakistan das Osterfest feierten: Sie erlitten das Martyrium genau deshalb, weil sie den auferstandenen Christus feierten.« Und »so geht die Geschichte der Kirche mit ihren Märtyrern weiter «. Denn »die Kirche ist die Gemeinschaft der Gläubigen, die Gemeinschaft der Bekenner, jener, die bekennen, dass Jesus der Christus ist: sie ist die Gemeinschaft der Märtyrer«. Der Papst wies darauf hin, dass »die Verfolgung ein Merkmal, ein charakteristischer Zug der Kirche ist, die ihre ganze Geschichte durchzieht«. »Die Verfolgung ist grausam, wie die von Stephanus und wie die unserer pakistanischen Brüder vor drei Wochen.« Sie sei grausam »wie die Verfolgung, die Saulus durchführte, der beim Tod von Stephanus, des Märtyrers Stephanus, anwesend war: Er ging in die Häuser, nahm die Christen und brachte sie weg, damit sie verurteilt würden.«

Es gebe allerdings auch eine andere Art der Verfolgung, über die man nicht so viel spreche, merkte der Papst an. Die erste Form der Verfolgung habe im »Bekenntnis des Namens Christi« ihren Grund, und sei daher eine »ausdrückliche, offensichtliche Verfolgung«. Aber die andere Art der Verfolgung »präsentiert sich in der Verkleidung der Kultur, verkleidet mit Kultur, verkleidet mit Modernität, verkleidet mit Fortschritt: Etwas ironisch würde ich sagen, dass es sich um eine ›wohlerzogene‹ Verfolgung handelt.« Man erkenne sie, »wenn ein Mensch nicht verfolgt wird, weil er den Namen Christi bekennt, sondern weil er die Werte als Kind Gottes besitzen und bezeugen will«. Daher ist dies »eine Verfolgung, die sich in der Person der Kinder Gottes gegen Gott als Schöpfer richtet«.

Und so »sehen wir jeden Tag, dass die Mächte Gesetze machen, die dazu verpflichten, einen bestimmten Weg zu gehen, und eine Nation, die diesen modernen, gebildeten Gesetzen nicht folgen oder sie zumindest nicht in ihrer Gesetzgebung haben will, wird angeklagt, wird in wohlerzogener Weise verfolgt«. Das sei »die Verfolgung, die dem Menschen die Freiheit nimmt, auch die Freiheit der Verweigerung aus Gewissensgründen! Gott hat uns frei geschaffen, aber diese Verfolgung nimmt dir die Freiheit! Und wenn du etwas Bestimmtes nicht tust, dann wirst du bestraft: Du wirst die Arbeit und vieles andere verlieren oder du wirst ausgeschlossen.« »Das ist die Verfolgung der Welt«, unterstrich der Papst erneut. Und »diese Verfolgung hat auch einen Anführer«. Bei der Verfolgung von Stephanus »waren die Anführer die ›Buchstabengelehrten‹, die Schriftgelehrten und die Hohenpriester«.

»Den Anführer der ›wohlerzogenen‹ Verfolgung hat Jesus selbst genannt: es ist der Fürst dieser Welt«. Das sehe man, »wenn die Mächte Haltungen, Gesetze auferlegen wollen, die gegen die Würde als Kinder Gottes gerichtet sind, diese verfolgen und gegen den Schöpfergott vorgehen: das ist der ›große Abfall von Gott‹«. So »geht das Leben der Christen weiter mit diesen beiden Arten von Verfolgung«. Aber auch mit der Gewissheit, dass »der Herr versprochen hat, uns nicht im Stich zu lassen: ›Seid wachsam, seid wachsam! Verfallt nicht dem Geist der Welt! Seid wachsam! Aber geht weiter, ich werde bei euch sein!« Abschließend bat Franziskus den Herrn im Gebet um »die Gnade zu verstehen, dass der Weg des Christen immer unter zwei Arten von Verfolgung weitergeht: Der Christ ist ein Märtyrer, das heißt ein Zeuge, jemand, der Zeugnis ablegen muss für Christus, der uns gerettet hat.« Es gehe darum, »auf unserem Lebensweg Zeugnis für Gottvater abzulegen, der uns geschaffen hat«. Auf diesem Weg »muss der Christ sehr oft leiden: dies bringt sehr viel Leid«. Aber »so ist unser Leben: immer mit Jesus an unserer Seite, mit dem Trost des Heiligen Geistes«. Und »das ist unsere Kraft«.

 



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