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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Der Unterschied zwischen Tun und Sagen

Dienstag, 23. Februar 2016

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 10, 11. März 2016

 

Es bringt überhaupt nichts, nur dem Namen nach Christen zu sein, denn »Gott ist konkret« und ist fürs »Tun«, und nicht etwa für »die Religion der schönen Worte«. Der Papst rief in der Frühmesse, die er am Dienstag, 23. Februar, in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte, dazu auf, zur Quintessenz des christlichen Lebens zurückzufinden und forderte in diesem Zusammenhang, anhand der Seligpreisungen eine Gewissensprüfung vorzunehmen, vor allem im Hinblick auf das Zeugnis, das wir innerhalb der Familie ablegen.

»Die heutige Schriftlesung führt uns in die biblische Dialektik zwischen Tun und Sagen ein«, so bemerkte Franziskus zu Beginn unter Verweis auf die Erste Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja (1,10. 16-20). »Der Herr ruft sein Volk zum Tun auf: ›Kommt her, wir wollen sehen, wer von uns Recht hat.‹ Lasst uns darüber sprechen und ›Lasst ab von eurem üblen Treiben! Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!‹« Kurz, »handelt, tut etwas«, denn »Gott ist konkret«.

Jesus selber habe im Übrigen gesagt: »Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.« Also »nicht die, die rufen«, und dabei bleibt es, sondern die, »die den Willen des Vaters erfüllt haben«. Der Papst erinnerte daran, dass »der Herr uns den Weg des Tuns lehrt«. Und, so fügte er hinzu, »wie oft begegnen wir Menschen – auch wir! – sehr oft in der Kirche«, die erklären: »Ich bin sehr katholisch!« Aber, man müsse fragen: »Was tust du?« Zum Beispiel, merkte Franziskus an, »wie viele Eltern erklären, Katholiken zu sein, haben aber nie Zeit, sich mit ihren Kindern zu unterhalten, mit ihren Kindern zu spielen, ihre Kinder anzuhören «. Vielleicht, so fuhr er fort, »haben sie ihre eigenen Eltern ins Altersheim gesteckt, haben aber immer viel zu tun und können sie nicht besuchen gehen und lassen sie dort alleine«. Aber sie wiederholen trotzdem: »Ich bin sehr katholisch, ja? Ich gehöre zu dieser oder jener Vereinigung …«

Diese Einstellung, so bekräftigte der Papst, sei typisch für »die Religion des Sagens: Ich behaupte, dass ich so und so bin, aber ich führe ein verweltlichtes Leben. So wie jene Kleriker, über die Jesus sprach«. Es »behagte ihnen, gesehen zu werden. Sie liebten die Eitelkeit, nicht aber die Gerechtigkeit. Es sagte ihnen zu, ›Meister‹ genannt zu werden; es gefiel ihnen, das Wort zu ergreifen, nicht aber zu Handeln.« Eine Wirklichkeit, die auch im Evangelientext angesprochen wird, das dem 23. Kapitel des Matthäusevangeliums (V. 1-12) entnommen war. »Denken wir«, so sagte der Papst, »an diese zehn Mädchen, die glücklich waren, weil sie an diesem Abend hingehen und ihren Bräutigam erwarten sollten. Sie waren glücklich! Aber fünf von ihnen hatten das getan, was getan werden musste, um den Bräutigam zu erwarten; die anderen Fünf schwebten auf Wolke Sieben.« Und so geschah es, dass ihnen, als »der Bräutigam kam, das Öl fehlte: sie waren töricht«.

»Zu Sagen, aber nicht zu Tun ist eine Täuschung«, warnte der Papst. Und »es handelt sich dabei um eine Täuschung, die uns direkt zur Heuchelei verleitet«. Genau so, »wie es Jesus von diesen Klerikern sagt«. Aber »der Herr geht darüber noch hinaus: Was sagt der Herr denen, die sich ihm nähern, um zu handeln?« Seine Worte hätten gelautet: »Kommt her, wir wollen sehen, wer von uns Recht hat. Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle.« Folglich, so erläuterte Franziskus, »besteht die Barmherzigkeit des Herrn im Tun«. Das gehe so weit, dass er »denen, die an die Tür klopfen und sagen: ›Aber Herr, erinnerst du dich, ich habe gesagt…‹ « erwidere: »Ich kenne dich nicht!« Zu denen hingegen, »die Handeln«, sage er: »Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee.« So »kommt die Barmherzigkeit des Herrn denen entgegen, die den Mut dazu haben, sich mit ihm auseinanderzusetzen über die Wahrheit, über die Dinge, die ich tue bzw. die ich nicht tue, um mich zu korrigieren«. Und »das ist die große Liebe des Herrn, sie besteht in dieser Dialektik des Sagens und Tuns«.

Also, so insistierte der Papst, »heißt Christ-Sein Tun: den Willen Gottes tun«. Und »am letzten Tag – denn wir alle werden einen solchen erleben – was wird uns der Herr da fragen? Wird er sagen: ›Was habt ihr über mich gesagt?‹ Nein! Er wird uns nach dem fragen, was wir getan haben.« Kurz, er werde uns »konkrete Fragen stellen: ›Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen‹«. Denn »das ist das christliche Leben«. Dagegen »bringt uns das bloße Wortgeklingel zur Eitelkeit, bringt uns dazu, so zu tun, als ob wir Christen wären. Aber nein, wenn man so ist, dann ist man kein Christ!«

Inmitten der Zeit, die uns Ostern näher bringt, »auf diesem Weg der Umkehr der Fastenzeit« regte Franziskus an, eine Gewissensprüfung vorzunehmen, wobei er einige Fragen vorgab, die man sich selbst stellen solle: »Bin ich einer von denen, die viele Worte machen und nichts tun, oder tue ich etwas? Und bemühe ich mich, mehr zu tun?« Das Ziel, so betonte er, sei, »den Willen des Herrn zu tun, um meinen Brüdern Gutes zu tun, denen, die meine Nächsten sind«. Bevor er mit der Messfeier fortfuhr, forderte der Papst abschließend zum Gebet dafür auf, dass »der Herr uns diese Weisheit schenke, gut zu verstehen, worin der Unterschied zwischen dem Tun und dem Handeln liegt, dass er uns den Weg des Handelns lehre und uns dabei helfe, diesen Weg zu gehen, weil der Weg des Sagens uns an jenen Ort führt, an dem diese Schriftgelehrten waren, jene Kleriker, denen es behagte, sich so zu kleiden und zu sein, als ob sie kleine Könige wären«. Aber »das ist nicht die Wirklichkeit des Evangeliums!« Und daher bedürfe es des Gebets, damit »uns der Herr diesen Weg lehrt«.

 



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