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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Heiliger und Sünder

Dienstag, 19. Januar 2016

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 4, 29. Januar 2016

 

Trotz seiner Sünden ist jeder Mensch zur Heiligkeit erwählt. Über diese trost- und hoffnungsvolle Botschaft sprach Papst Franziskus in der heiligen Messe, die er am Morgen des 19. Januar in Santa Marta feierte. Seine Reflexion wurde angeregt von den Ereignissen um König David, den »heiligen König David«, dessen Gestalt in diesen Tagen im Mittelpunkt der liturgischen Lesungen aus dem Buch Samuel steht. Nach dem Abschnitt, der von der Verstoßung Sauls handelte, »weil er ein verschlossenes Herz hatte«, und der Herr an einen anderen König dachte, weil Saul ihm nicht gehorcht hatte, berichte die erste Lesung an diesem Tag von der Erwählung des Königs David (1 Sam 16,1-13), so Franziskus. Darin wende Gott sich mit den folgenden Worten an Samuel: »Wie lange willst du noch um Saul trauern? Ich habe ihn doch verworfen.

Wir wollen einen anderen suchen gehen. Fülle dein Horn mit Öl und mach dich auf den Weg!« Der Prophet versuche zunächst, sich der Aufforderung zu widersetzen, weil er die Rache Sauls fürchte. Aber der Herr fordere ihn auf, »schlau« zu sein und einen einfachen Kultakt, ein Opfer vorzutäuschen: »Nimm ein junges Rind und geh!« Damit beginne die Erzählung von dem, was »der erste Schritt im Leben von König David gewesen ist: die Erwählung«. In der Heiligen Schrift sei dann zu lesen, wie Isai »seine Söhne vorstellt« und wie Samuel beim ersten denkt: »Gewiss steht nun vor dem Herrn sein Gesalbter.« Denn er habe einen »tüchtigen Mann« vor sich gesehen. Aber der Herr habe Samuel erwidert: »Sieh nicht auf sein Aussehen und seine stattliche Gestalt, denn ich habe ihn verworfen. Was der Mensch sieht, zählt nicht. Denn der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.« Das sei die erste Lehre: »Wir sind so oft Sklaven der Äußerlichkeit, Sklaven, dessen, was ins Auge fällt, und wir lassen uns davon leiten: ›Ja, dieser scheint…‹ Der Herr aber kennt die Wahrheit.« Die Erzählung fahre dann fort mit der Vorstellung »der sieben Söhne von Isai, und der Herr erwählt keinen von ihnen«, so dass Samuel den Isai frage, ob er ihm alle Söhne vorgestellt habe. Und Isai gebe zu, dass es tatsächlich »einen weiteren Sohn gibt, den jüngsten, der nicht zählt, der gerade die Schafe hütet«. Wieder der Kontrast zwischen Schein und Wahrheit: »In den Augen der Menschen zählte dieser Junge nicht«, kommentierte der Papst.

Da geschehe es, nachdem der Junge geholt worden sei, dass der Herr zu Samuel sage: »Auf, salbe ihn!« Und doch »war er der jüngste Sohn, der in den Augen des Vaters nicht zählte«, und zwar »nicht weil der Vater ihn nicht geliebt hätte«, sondern weil er gedacht habe: »Wie sollte der Herr diesen kleinen Jungen erwählen?« Er habe nicht daran gedacht, dass »der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber das Herz sieht«. So »nahm Samuel das Horn mit dem Öl und salbte David mitten unter seinen Brüdern. Und der Geist des Herrn war über David von diesem Tag an.« Von da an war sein ganzes Leben »das Leben eines vom Herrn Gesalbten, eines vom Herrn Auserwählten«. Da könne man sich fragen: »Also hat ihn der Herr heilig gemacht?« Der Papst antwortet ganz klar: »Nein. König David ist zwar der heilige König David. Das ist wahr. Aber er ist heilig nach einem langen Leben.« Er habe in der Tat ein hohes Alter erreicht. »Aber in seinem Leben gibt es auch verschiedene Sünden.« David sei »Heiliger und Sünder« gewesen. Er »war ein Mann, der das Reich zu einen wusste, der das Volk Israel voranzubringen wusste«. Aber er sei auch ein Mann gewesen, »der seine Versuchungen hatte« und Sünden begangen habe. David sei sogar »ein Mörder gewesen«, der befohlen habe zu töten, um »seine Wollust, die Sünde des Ehebruchs zu verbergen«, so dass man sich fragen könne: »Hat der heilige König David getötet?« Dies sei wahr, aber genauso sei wahr: Als »Gott den Propheten Natan zu David schickte«, um ihm »diese Realität bewusst zu machen«, da bekenne David: »›Ich habe gegen den Herrn gesündigt‹, und er hat um Vergebung gebeten.«

So sei das Leben von König David voller Licht und Schatten weitergegangen. Er »hat den Verrat seines Sohnes am eigenem Leib erfahren, aber niemals hat er Gott benutzt, um in eigener Sache zu siegen«. In seiner Beschreibung König Davids als »Heiliger und Sünder« erinnerte Franziskus daran, wie David »in dem sehr schwierigen Moment des Krieges«, als er »aus Jerusalem fliehen musste«, die Kraft gehabt habe, die Bundeslade zurückzuschicken: »Nein, der Herr soll dort bleiben. Ich werde den Herrn nicht zu meiner Verteidigung gebrauchen.« Und als David jemandem begegnet sei, der »Du Mörder!« zu ihm gesagt habe, habe er einen der Seinen, der den Mann töten wollte, davon abgehalten mit den Worten: »Wenn dieser mich verflucht, dann hat es ihm sicherlich der Herr geboten.« Denn »in seinem Herzen spürte David: ›Ich habe es verdient.‹ Daher hat er befohlen: ›Lass ihn! Vielleicht sieht der Herr meine Demütigung. Er wird Mitleid haben und mir mehr vergeben.« David habe in seinem Leben dann »den Sieg« gekannt und die »Großherzigkeit «, die ihn dazu geführt habe, Saul nicht zu töten, obwohl er es hätte tun können. »Ist das der heilige König David?«, fragte der Papst abschließend: »Ja, der heilige, vom Herrn erwählte, aus dem Volk Gottes auserwählte König war auch ein großer Sünder, aber ein reuiger Sünder.« Franziskus bemerkte dazu: »Mich berührt das Leben dieses Mannes und es lässt mich an unser Leben denken.« Denn »wir alle sind vom Herrn in der Taufe erwählt worden, in seinem Volk zu sein, heilig zu sein«. Wir alle »sind vom Herrn geweiht worden auf diesem Weg der Heiligkeit«. Beim Lesen der Geschichte dieses Mannes – ein »Weg,  der beim kleinen Jungen beginnt und bis zum alten Mann reicht« –, der viel Gutes getan habe und auch weniger Gutes, so Franziskus, »muss ich daran denken, dass es auf dem Weg des Christen«, auf dem Weg, den der Herr zu gehen uns einlädt, »keinen Heiligen ohne Vergangenheit gibt und ebenso wenig einen Sünder ohne Zukunft «.

 



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