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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Ein Gott der Versöhnung

 Freitag, 23. Januar 2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 6, 6. Februar 2015

 

Die Beichte ist weder ein »Urteil« noch eine »Wäscherei«, die die Flecken der Sünden entfernt, sondern die Begegnung mit einem Vater, der stets vergibt, alles verzeiht, die begangene Schuld vergisst und schließlich sogar ein Fest feiert. Diese Konkretheit der versöhnenden Umarmung Gottes war das Thema, das der Papst in der Frühmesse am 23. Januar behandelte. An der Messe in der Kapelle des Hauses Santa Marta nahmen auch Vertreter der in Rom ansässigen philippinischen Gemeinde teil, die Franziskus nahe sein wollten, um erneut der Freude über seine unlängst erfolgte Pastoralreise Ausdruck zu verleihen.

»Ja, Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat und uns das Wort von der Versöhnung (zur Verkündigung) anvertraute« (vgl. 2 Kor 5,19). Auf diese Worte bezog sich Franziskus zu Beginn seiner Reflexion. »Diese Arbeit Gottes ist schön: versöhnen«, betonte der Papst, der sogleich hervorhob, dass Gott »auch uns diese Aufgabe« übertrage, also »Versöhnung zu bewirken, sich immer zu versöhnen«. Es bestehe kein Zweifel, dass »der Christ ein Mann oder eine Frau der Versöhnung, nicht aber der Spaltung« sei. Im Übrigen »ist der Teufel der Vater der Spaltung«. Und schließlich sei es Gott selbst, der »dieses Beispiel von der Versöhnung der Welt, der Menschen gibt«. Der Papst bezog sich hierbei auf die erste Lesung aus dem Hebräerbrief (8,6-13), vor allem auf »die wunderschöne Verheißung: ›Ich werde einen neuen Bund schließen.‹« Das sei ein entscheidender Punkt, unterstrich der Bischof von Rom, so dass »in diesem Abschnitt gleich fünf Mal vom Bund die Rede ist«. In der Tat »ist Gott derjenige, der versöhnt, indem er eine neue Beziehung zu uns aufbaut, einen neuen Bund«. Und »aus diesem Grund sendet er Jesus. Der Gott, der versöhnt, ist der Gott, der vergibt.«

Der Abschnitt aus dem Hebräerbrief, fuhr Franziskus fort, »endet mit dieser schönen Verheißung: ›An ihre Sünden denke ich nicht mehr.‹« Es sei »der vergebende Gott: unser Gott vergibt, versöhnt, schließt einen neuen Bund und vergibt«. Aber: »Wie vergibt Gott? Vor allem: Gott vergibt immer! Er wird nicht müde zu vergeben. Wir sind diejenigen, die es müde werden, um Vergebung zu bitten. Aber er wird nicht müde zu vergeben.« Als daher »Petrus Jesus fragte: Wie oft muss ich vergeben? Siebenmal?«, sei die ihm erteilte Antwort sehr vielsagend gewesen: »Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal« (vgl. Mt 18,21-22). Also »immer«, denn gerade »so vergibt Gott: immer«. »Wenn du also ein Leben mit sehr vielen Sünden geführt hast, mit sehr hässlichen Dingen, am Ende aber voller Reue um Vergebung bittest, dann vergibt er dir sofort. Er vergibt immer.«

Papst Franziskus räumte ein: Wir hingegen »haben in unserem Herzen nicht diese Gewissheit und zweifeln sehr oft«, indem wir uns fragten, ob »Gott vergeben werde«. In Wirklichkeit, so erinnerte er, »reicht es, dass man bereut und um Vergebung bittet: nichts weiter! Dafür muss nichts bezahlt werden! Christus hat für uns bezahlt, und er vergibt immer.« Ein weiterer wichtiger Punkt, den der Papst unterstreichen wollte, war die Tatsache, dass Gott nicht nur »immer verzeiht«, sondern dass er auch »alles vergibt«: »Es gibt keine Sünde, die er nicht verzeiht.« Vielleicht, so erläuterte er, könne jemand einwenden: »Ich gehe nicht zur Beichte, weil ich sehr viele hässliche Dinge getan habe, sehr viele, deshalb wird mir nicht vergeben werden…

« Aber »das ist nicht wahr«, betonte Franziskus, denn Gott »vergibt alles, wenn du wirklich  bereust«. Und »oftmals lässt er dich gar nicht zu Wort kommen. Du fängst an, um Vergebung zu bitten, und er lässt dich die Freude der Vergebung bereits spüren, noch bevor du damit fertig bist, alles aufzuzählen.« Gerade so, »wie es jenem Sohn ergangen ist, der mit einer unmoralischen Lebensführung sein ganzes Erbe durchgebracht hatte«. Er habe es dann bereut und sich die Worte zurechtgelegt, mit denen er vor seinen Vater treten wollte. Aber »als er ankam, ließ ihn der Vater nicht zu Wort kommen. Er hat ihn umarmt: denn er vergibt alles. Er hat ihn umarmt.«

Dann »ist da noch etwas anderes, was Gott tut, wenn er vergibt: er feiert ein Fest.« Und das »ist keine Metapher. Jesus sagt es: ›Im Himmel herrscht Freude, wenn ein Sünder zum Vater kommt.‹« Also »feiert Gott wirklich ein Fest«. »Wenn wir spüren, dass unser Herz von Sünden schwer ist, können wir sagen: Lasst uns zum Herrn gehen und ihm Freude bereiten, damit er mir vergebe und ein Fest feiere.« Gott »verhält sich genau so: Er feiert immer ein Fest, weil er versöhnt.«

Seine Reflexionen über den Hebräerbrief fortsetzend, wies der Papst auf die abschließenden Worte dieses Abschnitts hin. Diese sagten »etwas sehr Schönes über die Art und Weise, wie Gott vergibt: Gott vergisst.« In der Heiligen Schrift stehe auch: »Ja, du wirfst all unsere Sünden in die Tiefe des Meeres hinab. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle« (vgl. Mi 7,19; Jes 1,18).

»Gott vergisst.« Und wenn einer von uns zum Herrn gehe und sage: »Erinnerst du dich, in jenem Jahr habe ich diese hässliche Sache getan?«, dann antworte er: »Nein, nein, nein. Ich erinnere mich nicht.« Denn »wenn er erst einmal vergeben hat, dann erinnert er sich nicht mehr, er vergisst «, während wir »sehr oft gegenüber anderen Menschen ein ›Konto‹ führen: einmal hat er dies getan, ein andermal das…« Gott hingegen tue dies nicht: »Er vergibt und vergisst.« Aber, so fragte sich Franziskus: »Wenn er vergisst, wer bin denn ich, dass ich mich an die Sünden der anderen Menschen erinnere?« Der Vater also »vergisst.

Er vergibt immer. Er vergibt alles. Er feiert ein Fest, wenn er vergibt und vergisst, weil er versöhnen will, weil er uns begegnen will.« Im Lichte dieser Überlegungen unterstrich der Papst: »Wenn einer von uns – ein Priester, ein Bischof – Beichte hören geht, dann soll er immer denken: Bin ich bereit, alles zu vergeben? Bin ich bereit, immer zu vergeben? Bin ich bereit, mich zu freuen und ein Fest zu feiern? Bin ich bereit, die Sünden dieses Menschen zu vergessen?« Denn »wenn du dazu nicht bereit bist, ist es besser, wenn du dich an diesem Tag nicht in den Beichtstuhl setzt: Er soll zu einem anderen gehen, denn du hast nicht Gottes Herz, um vergeben zu können.« »Bei der Beichte, das ist wahr, wird ein Urteil gefällt, weil der Priester urteilt«, indem er sage: »Da hast du schlecht gehandelt, du hast…« Aber, so der Papst, »es ist mehr als ein Urteil: es ist eine Begegnung, eine Begegnung mit dem gütigen Gott, der immer vergibt, der alles vergibt, der ein Fest feiert, wenn er vergibt, und der deine Sünden in dem Augenblick vergisst, wo er dir vergibt.« »Wir Priester müssen diese Haltung haben: eine Begegnung herbeiführen.« Dagegen »scheint die Beichte oft eine Amtshandlung, eine Formalität zu sein«, bei der alles »mechanisch« vorgehe. Aber wo sei dann, fragte sich der Papst, »die Begegnung mit dem Herrn, der versöhnt, dich umarmt und ein Fest feiert?

Das ist unser Gott, der so gut ist.« Es sei wichtig, betonte der Papst, »dass man auch lehrt, wie man gut beichtet, so dass unsere Kinder, unsere Jugendlichen es lernen« und daran denken, dass »zur Beichte zu gehen nicht so ist, als gehe man in eine Reinigung, um sich einen Fleck entfernen zu lassen«: Beichten »heißt, zu einer Begegnung mit dem Vater zu gehen, der versöhnt, der vergibt und der ein Fest feiert«. Abschließend forderte Franziskus auf, »an den Bund zu denken, den der Herr jedes Mal schließt, wenn wir um Vergebung bitten«. Und auch »an unseren Vater« zu denken, »der immer versöhnt: Gott, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat und uns das Wort der Versöhnung anvertraut hat.« Er bat weiter, dass »der Herr uns die Gnade schenken möge, heute froh zu sein, einen Vater zu haben, der stets vergibt, der alles vergibt, der ein Fest feiert, wenn er vergibt, und der die Geschichte unserer Sünden vergisst!«

 


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