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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Ohne Schminke auf dem Felsen

 Donnerstag, 4. Dezember 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 1/2, 9. Januar 2015

 

In der Frühmesse, die Papst Franziskus am 4. Dezember in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte, warnte er vor der »Versuchung, der viele gute Leute ausgesetzt« seien: nur »dem Schein nach« Christen zu sein, »als Christen zurechtgemacht mit Schminke«, die bereits bei den ersten Regentropfen zerlaufe. Und er führte erneut das Zeugnis zahlreicher »wirklicher Christen« an, die ihr Leben auf dem »Felsen Jesu« erbauen und eine »verborgene Heiligkeit« im Alltag leben.

Franziskus wies zunächst darauf hin, dass die Kirche heute in beiden Texten des Wortgottesdienstes – die dem Buch Jesaja (26, 1-6) und dem Matthäusevangelium (7,21.24-27) entstammten – »über die Stärke eines Christen und über die Schwäche« rede, »über Fels und Sand«. In der Tat »ist der Christ dann stark, wenn er nicht nur behauptet, Christ zu sein, sondern wenn er ein christliches Leben führt, wenn er die christliche Lehre, das Wort Gottes, die Gebote, die Seligpreisungen in die Praxis umsetzt.« Der zentrale Punkt sei in der Tat das »in die Praxis umsetzen«.

Allerdings, so bekräftigte der Papst, gebe es »Christen, die nur dem äußeren Anschein nach Christen sind: Menschen, die sich als Christen zurechtschminken und in dem Moment, wo sie auf die Probe gestellt werden, nur Schminke aufweisen können.« Und »wir wissen, was einer geschminkten Frau passiert, wenn sie auf der Straße ist und ein Regen kommt und sie keinen Schirm dabei hat: alles läuft herunter, der äußere Schein endet auf dem Boden.« Im Übrigen sei die Schminke »eine Versuchung«, so Franziskus. Es reiche keineswegs aus zu sagen: »Ich bin ein Christ, Herr«, um es wirklich zu sein. Jesus selbst sage, dass es nicht ausreiche, »Herr! Herr!« zu rufen, um in sein Reich zu kommen. Vielmehr müsse man »den Willen des Vaters« erfüllen und »nach seinen Worten handeln«. Das also sei der Unterschied zwischen »denen, die ein christliches Leben führen«, und denen, die nur »dem Schein nach« Christen seien.

Im Übrigen, so erläuterte der Papst, sei ganz offenkundig, wie »uns der Herr haben will«. Vor allem »hat ein wirklicher Christ auf Fels gebaut«. Paulus sage dies ganz klar, als er »über das Wasser spricht, das in der Wüste aus dem Felsen quoll: der Fels war Christus, der Fels ist Christus«. Folglich sei das einzige, was wirklich zähle, »dass Jesus das Fundament sei, die Nachfolge Jesu auf dem Weg Jesu«. Franziskus räumte ein, er sei »vielen Menschen« begegnet, »die nicht schlecht waren, gute Menschen, die aber Opfer dieser Manie des ›Schein-Christentums‹ waren«. Leute, die über sich selbst gesagt hätten: »Ich komme aus einer sehr katholischen Familie. Ich bin Mitglied dieser Vereinigung und ein Wohltäter jener anderen.« Aber die eigentliche Frage, die nach Ansicht des Papstes an diese Leute gestellt werden sollte, laute: »Sag mir, ist dein Leben auf Jesus gebaut? Worauf setzt du deine Hoffnung? Auf den Felsen oder auf den äußeren Schein?« Wichtig sei also, »auf Fels gebaut zu haben«.

Im Übrigen »haben wir viele Schein-Christen gesehen, die bereits bei den ersten Versuchungen zusammenbrechen, also unter dem Regen«. Und tatsächlich: »Sobald die Flüsse über die Ufer steigen, wenn die Winde blasen – also die Versuchungen und Prüfungen des Lebens –, fällt ein Schein-Christ, weil er keine Substanz hat, weil da kein Fels ist, weil Christus fehlt«. Andererseits gebe es »die vielen Heiligen, die wir im Gottesvolk haben – nicht notwendigerweise heiliggesprochen, aber dennoch sind sie Heilige! –, viele Männer und Frauen, die ihr Leben in Christus leben, die die Gebote in die Praxis umsetzen, die die Liebe Jesu in die Praxis umsetzen. Sehr viele!« Und der Papst wollte an ihr Zeugnis erinnern: »Denken wir an die Kleinsten; an die Kranken, die ihr Leiden für die Kirche, für die anderen Menschen aufopfern. Denken wir an unzählige einsame alte Menschen, die beten und opfern. Denken wir an die vielen Mütter und Familienväter, die unter großen Mühen ihre Familien ernähren, die Kinder erziehen, ihrer alltäglichen Arbeit nachgehen, sich mit Problemen herumschlagen, aber stets ihre Hoffnung auf Jesus setzen « und »die nicht damit prahlen, die aber alles tun, wozu sie imstande sind.«

Franziskus unterstrich: »Es gibt Heilige des Alltags.« Und er forderte dazu auf, auch »an viele Priester« zu denken, »die nicht in Erscheinung treten, aber mit sehr viel Liebe in ihren Pfarrgemeinden arbeiten: Katechismusunterricht für die Kinder, Fürsorge für alte Menschen, für die Kranken, die Vorbereitung von Brautpaaren. Und es ist jeden Tag immer dasselbe, dasselbe, dasselbe. Es wird ihnen nicht langweilig, weil sie auf Fels gebaut haben.« Sie seien Menschen, die »in Jesus « leben: »Gerade das ist es, was der Kirche Heiligkeit verleiht; das ist es, was Hoffnung schenkt.«

Gerade deshalb, so fuhr der Papst fort, »müssen wir viel über diese verborgene Heiligkeit nachdenken, die es in der Kirche gibt, die Heiligkeit jener Christen, die nicht dem Schein nachlaufen, sondern die auf den Felsen, auf Jesus, gebaut haben«. Man müsse sich an »diesen Christen« orientieren, »die dem Rat Jesu folgen, den er beim letzten Abendmahl gegeben hat: ›Bleibt in mir.‹« Ja, »Christen, die in Jesus bleiben«.

Sicher »sind wir alle Sünder.« Wenn »einer dieser Christen eine schwere Sünde begeht«, dann bereut er, bittet er um Vergebung: und das ist großartig.« Das heiße, dass man »fähig ist, um Vergebung zu bitten; die Sünde nicht für eine Tugend zu halten; genau zu wissen, was eine Tugend und was eine Sünde ist.« Auch daraus werde ersichtlich, dass es sich hier um Christen handle, »die auf den Felsen gebaut haben, und dass der Fels Christus ist: sie folgen dem Weg Jesu, sie folgen Ihm.«

In der ersten Lesung, so erläuterte der Papst, spricht der Prophet Jesaja von einer starken, befestigten Stadt, die das Heil hat, die Gott nachfolgt, die gerecht ist: ein starkes Volk. Die Stadt ist ein Volk. Sein Sinn ist fest und Gott schenkt ihm den Frieden: er schenkt dem den Frieden, der auf ihn vertraut.« Und dann füge Jesaja hinzu: »Verlasst euch stets auf den Herrn; denn der Herr ist ein ewiger Fels. Er hat die Bewohner des hohen Berges hinabgestürzt.« Und das heiße, so kommentierte Franziskus, dass »die Hochmütigen, die Eitlen, die Schein-Christen zunichte gemacht und erniedrigt werden.« Der Prophet sage weiter: Er hat »die hoch aufragende Stadt zu Boden geworfen, in den Staub hat er sie gestoßen.« Gerade so »enden auch die Schein-Christen«, bekräftigte der Papst, der das von Jesaja verwendete Bild aufgriff: auf der einen Seite die »Ruinen einer Stadt« und dann »die andere Stadt, das andere Haus, das fest und beständig ist, weil es auf Fels gebaut ist«.

Der Abschnitt aus Jesaja regte Franziskus zu einer weiteren Überlegung an. »Die beiden letzten Verse der ersten Lesung«, so sagte er, »haben mich nachdenklich gemacht.« Er bezog sich hierbei auf »diese gefallene Stadt, diese eitle, hoch aufragende Stadt, diese Stadt, die nicht auf den Felsen Christi gebaut war«. In der Tat sei da zu lesen: »Sie wird zermalmt von den Füßen der Armen, unter den Tritten der Schwachen.« Das sei eine Formulierung, so bekräftigte er, die »sich nach Rache anhört«. Ja, »es scheint eine Rache zu sein«, aber »es ist keine Rache«.

Auch »die Muttergottes hat es in ihrem Lobgesang gesagt: Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.« Und »die Armen werden triumphieren, die geistig Armen, die, die vor Gott spüren, dass sie Nichts sind, die Demütigen«, die »das Heil voranbringen, indem sie das Wort des Herrn in die Tat umsetzen«. Alles andere hingegen, so wiederholte Franziskus, »ist bloßer Schein: heute sind wir da, morgen werden wir nicht mehr da sein«. Und er zitierte den heiligen Bernhard: »Bedenke, Mensch, was du sein wirst: eine Speise der Würmer.« Denn »uns alle werden die Würmer verspeisen«, und »wenn wir nicht diesen Felsen haben, dann werden wir von Füßen zermalmt werden«.

Gerade »in dieser Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten wollen wir den Herrn darum bitten, fest auf den Fels gegründet zu sein, der Er ist; Er ist unsere Hoffnung«, so schloss der Papst. Es sei wahr, dass »wir alle Sünder sind. Wir sind schwach, aber wenn wir unsere Hoffnung auf Ihn setzen, dann können wir vorangehen.« Und »das ist die Freude des Christen: zu wissen, dass es in Ihm Hoffnung, Vergebung, Frieden, Freude gibt«. Daher habe es keinen Sinn, »unsere Hoffnung in Dinge zu setzen, die heute sind, und morgen nicht mehr sein werden«.

 


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