PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Was ist die Freude des Bischofs?
Montag, 3. November 2014
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 46, 14. November 2014
»Die Gefühle eines Bischofs« oder »die Freude eines Bischofs«. Papst Franziskus schlug die ideale Überschrift für die Lesung aus dem Philipperbrief (2,1-4) vor, die am 3. November in der Liturgie vorgesehen ist. Und er warnte vor Rivalitäten und Prahlerei, die das Leben der Kirche untergraben. Stattdessen sollte man die Hinweise Jesu und auch des heiligen Paulus beherzigen: nicht auf den eigenen Vorteil bedacht sein, sondern demütig den anderen dienen, ohne dafür eine Gegenleistung zu fordern. Dieses Thema behandelte der Papst in der Predigt der Frühmesse, die er in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte. Paulus entwickle diese praktischen Ratschläge, so erläuterte der Papst, in einem Text, »in dem er zeigt, was er den Philippern gegenüber empfindet: die Gemeinde von Philippi war möglicherweise diejenige, die er am meisten liebte.«
Und »er beginnt so, als wolle er um einen Gefallen, um eine Gefälligkeit bitten«. In der Tat schreibe er: »Wenn es also Ermahnung in Christus gibt, Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, herzliche Zuneigung und Erbarmen «. Kurzum: »Wenn ihr so seid, tut mir den Gefallen: macht meine Freude vollkommen…« Paulus bitte die Philipper also ausdrücklich darum, »die Freude des Bischofs vollkommen zu machen«. Und »was ist die Freude des Bischofs? Welches ist die Freude, um die Paulus die Gemeinde von Philippi bittet?« Die Antwort laute: »Dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden. Einmütig und einträchtig.« Also habe »Paulus in seiner Eigenschaft als Bischof gewusst, dass dies der Weg Jesu sei. Und auch, dass dies die Gnade ist, um die Jesus im Gebet nach dem Abendmahl den Vater bat: die Einheit, die Eintracht; dass die Jünger einmütig und einträchtig bleiben sollten, einander in Liebe verbunden und eines Sinnes, das heißt die Harmonie in der Kirche.«
»Wir alle wissen«, so erläuterte Franziskus, dass diese Harmonie eine Gnade ist: der Heilige Geist bewirkt sie. Wir aber müssen unseren Teil dazu beitragen. Wir müssen alles tun, um dem Heiligen Geist zu helfen, diese Harmonie in der Kirche zu schaffen« und »zu verstehen, was er von der Kirche will«. In der Tat gebe der Geist »Ratschläge, sagen wir, auf negativem Wege, also: Tut dies nicht, tut das nicht!« Und »was sollen die Philipper nicht tun?« Paulus sage es: »Tut nichts aus Ehrgeiz oder Prahlerei!« Und auf diese Weise, »sieht man, dass das keineswegs nur ein Phänomen unserer Zeit ist«, sondern dass es »tief in die Vergangenheit zurückreicht«. Paulus empfehle also, nichts aus »Rivalität« zu tun, »nicht einer gegen den anderen zu kämpfen, auch nicht, um aufzufallen, um sich den Anschein zu geben, als sei man besser als die anderen «. Und »wie oft«, so merkte der Bischof von Rom an, »finden wir in unseren Institutionen, in der Kirche, zum Beispiel in den Pfarrgemeinden, in den Seminaren Rivalität, das Gesehen-werden-Wollen, die Prahlerei«. Es handle sich dabei um etwas wie »zwei Holzwürmer, die den Zusammenhalt der Kirche zernagen und sie schwach machen: Rivalität und Prahlerei arbeiten gegen diese Harmonie, diese Eintracht.«
»Was empfiehlt Paulus«, um nicht in diese Versuchungen zu fallen? Er schreibe es an die Philipper: »In Demut – was soll man in Demut tun? – schätze einer den andern höher ein als sich selbst.« Paulus »spürte das« so stark, dass »er sagt, er sei nicht würdig, ein Apostel genannt zu werden «. Es bezeichne sich als »der letzte«, und so »demütigt er sich auch sehr«. Das war seine Haltung: »denken, dass die anderen höher einzuschätzen seien als er«. Als Parallele erinnerte Franziskus an das Zeugnis des peruanischen Heiligen Martino de Porres, einen bescheidenen Dominikanerbruder, dessen liturgischer Gedenktag auf den 3. November fällt. »Seine Spiritualität«, so erläuterte er, bestand im Dienen, da er fühlte, dass alle anderen, auch die größten Sünder, besser seien als er selbst. Das spürte er wirklich.« Überdies »ist er jemand, der unserer Zeit näher ist und der so lebte«, in »Demut«.
»Die Freude des Bischofs«, so bekräftigte deshalb der Papst, »ist diese Eintracht der Kirche: Demut, ohne Rivalität oder Prahlerei.« Und dann fahre Paulus fort: »Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.« Man solle also »auf das Wohl des anderen bedacht sein. Den anderen dienen.« Gerade »das ist die Freude eines Bischofs, wenn er seine Kirche so sieht: wenn alle eines Sinnes sind, einander in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig.« Und »das ist die Atmosphäre, die Christus in seiner Kirche will.
Man kann auch unterschiedlicher Meinung sein, in Ordnung! Aber immer innerhalb dieser Grenzen, in dieser Atmosphäre der Demut, der Liebe, ohne jemanden zu verachten.« Paulus empfehle ganz klar, dass man »nicht auf das eigene Wohl bedacht sein soll, sondern auf das der anderen«. Kurz, er ermahne dazu, »nicht zu versuchen, für sich selbst zu profitieren«, indem man nur auf das eigene Wohl bedacht sei. Und »es ist hässlich«, so sagte Franziskus, »wenn wir in den Institutionen der Kirche, einer Diözese, in den Pfarrgemeinden Menschen finden, die das eigene Interesse suchen, nicht den Dienst und die Liebe«. Es sei gerade das, was auch »Jesus uns im Evangelium sagt: Sucht nicht euer eigenes Interesse, schlagt nicht den Weg der Gegenleistung ein, den Weg des do ut des.« Kurz, man solle nicht sagen: »Aber ja, ich habe dir diesen Gefallen getan, aber du musst mir dafür jenen Gefallen erweisen. « Daran erinnere Jesus in dem Gleichnis im Tagesevangelium (Lk 14,12-14), wo von der Einladung zum Gastmahl an die erzählt werde, »die nichts vergelten können: das ist die Unentgeltlichkeit.«
»Wenn in einer Kirche Harmonie herrscht«, so betonte der Papst, »wenn Eintracht herrscht, dann schaut man nicht auf das eigene Wohl: das ist die Haltung der Unentgeltlichkeit.« Auf diese Art »tue ich Gutes« und »treibe keinen Handel mit dem Guten«. Allerdings herrsche eine »Gewohnheit, utilitaristisch zu sein«; aber »die Liebe, die Paulus fordert, lehnt den Utilitarismus ab: Tu Gutes, sei demütig denen gegenüber, die du in deinem Herzen für besser als dich selber hältst.«
Franziskus regte an, im Lauf des Tages darüber nachzudenken: »Wie ist meine Gemeinde?« oder »Wie ist meine Gemeinschaft?« Und sich zu fragen, ob diese Wirklichkeiten und alle unsere Institutionen »diesen Geist der Liebe, der Einmütigkeit, der Eintracht« hätten, »ohne Rivalität und Prahlerei«. Leben sie »in der Demut und im Gedanken, dass die andern besser sind als wir?« Ob wirklich »dieser Geist« herrsche oder ob »wir vielleicht entdecken, dass man da noch etwas verbessern könnte?« In dem Fall, so ermahnte er, sei es gut, wenn wir uns fragten: »Wie kann ich das heute verbessern?« Und so dem Rat des heiligen Paulus folgen, »damit seine Freude – die Freude des Bischofs – vollkommen sei, damit die Freude Jesu vollkommen sei«.
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