Index   Back Top Print

[ DE ]

PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

  

Das »noch Mehr«, das uns Gott schenkt

 Donnerstag, 9. Oktober 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 43, 23. Oktober 2014

 

»Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.« Angeregt durch den heutigen Abschnitt aus dem Lukasevangelium (11,9-10) kam Papst Franziskus in der Frühmesse des 9. Oktober in Santa Marta erneut auf das Thema des Gebets zurück. Dabei galt seine Aufmerksamkeit vor allem der Situation des Bittenden sowie der Liebe Gottes, der antwortet und überreich gibt.

Der Papst wies zunächst auf das vor der Lesung gesprochene Tagesgebet hin: »Gott, unser Vater, alles Gute kommt allein von dir, ohne dich vermögen wir nichts. Erweise allen, die zu dir rufen, deine Liebe. Halte fern, was uns schadet, und gewähre, was uns zum Heile dient.« Franziskus bemerkte, dass »es eine Eigenschaft der göttlichen Barmherzigkeit ist, dass sie nicht nur vergibt – das ist uns allen bekannt –, sondern dass sie auch großzügig ist und mehr und mehr gibt…«, auch das, »was das Gebet nicht zu erhoffen wagt« [wie der italienische Text des Tagesgebets lautet]. Der Heilige Vater hob hervor: »Wir bitten vielleicht im Gebet um dieses oder jenes, und er gibt uns immer noch mehr! Immer, immer noch mehr!« Der Papst kehrte anschließend zum Evangelium zurück und erinnerte daran, dass die Apostel einige Verse zuvor Jesus darum baten, sie beten zu lehren, wie es Johannes mit seinen Jüngern getan habe. »Und der Herr lehrte sie das Vaterunser. « Danach spreche das Evangelium von der »Großherzigkeit Gottes«, von dieser »Barmherzigkeit, die mehr und mehr gibt, weit mehr als alles, was wir für möglich halten«.

Papst Franziskus kam dann auf den Kern des Textes zu sprechen: »Wenn einer von euch einen Freund hat, und um Mitternacht … Dieser Text enthält drei Wörter, drei Schlüsselwörter: der Freund, der Vater und die Gabe.« Das sei das Stichwort, um die Verbindung zu den alltäglichen Erfahrungen zu ziehen: In unserem Leben, so der Papst, gebe es Freunde, die Gold wert seien, »die ihr Leben für einen Freund geben würden«, und dann hätten wir noch viele andere mehr oder weniger gute Freunde: aber einige seien ganz besondere Freunde. Davon gebe es nicht viele: »Die Bibel sagt uns: ›einen, zwei oder drei… mehr nicht‹. Alle anderen sind Freunde, aber nicht so wie diese.«

Der Papst fuhr fort: »Ich gehe zu ihm nach Hause und bitte ihn um etwas. Ich bitte ihn, und schließlich fühlt er sich belästigt durch diese Aufdringlichkeit. Er steht auf und erfüllt die Bitte eine Freundes.« Gerade »die freundschaftlichen Bande bewirken, dass uns gegeben wird, worum wir gebeten haben«. Aber: »Jesus geht einen Schritt weiter und spricht über den Vater«, wobei er seinen Zuhörern diese Fragen stelle: »Oder ist ein Vater unter euch, der seinem Sohn eine Schlange gibt, wenn er um einen Fisch bittet, oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet?« Daraus leite sich die nachfolgende Versicherung ab: »Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel denen geben, die ihn bitten!« Das heiße, dass »nicht nur der Freund, der uns auf unserem Lebensweg begleitet, uns hilft und uns das gibt, worum wir bitten, sondern auch der Vater im Himmel, dieser Vater, der uns sehr liebt.« So sehr, dass er sich, wie Jesus sage, sogar um die Nahrung für die Vögel des Feldes kümmere.

Papst Franziskus machte darauf aufmerksam, dass der Herr auf diese Weise »unser Vertrauen in das Gebet wecken« wolle. Und mit einem erneuten Zitat aus dem Lukasevangelium – »Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet« (11,9-10) – erläuterte er: »Das ist das Gebet: bitten, suchen, wie es geschehen könne, und an das Herz Gottes klopfen, des Freundes, der uns begleitet, an das Herz des Vaters«, der all seine Geschöpfe liebe.

Der Papst hob hervor, dass am Ende des Evangeliumsabschnitts ein Satz stehe, der »uns ein wenig rätselhaft zu sein scheint: ›Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel denen geben, die ihn bitten?‹ Ja! Er wird denen, die ihn darum bitten, den Heiligen Geist geben!« Gerade »das ist die Gabe, das ist das Noch-Mehr Gottes.« Denn der Vater »gibt dir nie ein Geschenk, etwas, worum du ihn bittest, einfach so, ohne es schön einzupacken, ohne ein ›Mehr‹, das es noch schöner macht«. Und »das, was uns der Herr, der Vater ›noch mehr‹ gibt, das ist der Heilige Geist: die eigentliche Gabe des Vaters ist das, was das Gebet sich nicht einmal zu erhoffen wagt.« Der Mensch klopfe mit dem Gebet an Gottes Türe an, um ihn um eine Gnade zu bitten. Und »er, der ein Vater ist, gewährt mir das und noch mehr: die Gabe, den Heiligen Geist«. Und das, so betonte der Papst, sei die Dynamik des Gebets, das man »an einen Freund richtet, der der Gefährte des gesamten Lebensweges ist; man richtet es an den Vater und tut dies im Heiligen Geist.« Dieser wahre Freund sei Jesus: In der Tat sei er es, »der uns begleitet und uns beten lehrt. Und so soll unser Gebet sein: trinitarisch.« Es handelt sich hierbei für Papst Franziskus um etwas sehr Wichtiges.

Abschließend erzählte er von einem typischen Dialog, den er viele Male mit den Gläubigen geführt habe: »Aber Sie: Glauben Sie? – Ja! Jawohl! – An was glauben Sie? – An Gott! – Aber was ist Gott für Sie? – Gott! Gott halt!« Eine etwas vage, abstrakte Vorstellung, die für den Bischof von Rom nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Denn es gebe, wie er bekräftigte, »den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist: das sind Personen, nicht eine aus der Luft gegriffene Idee!« Er präzisierte, dass es »diesen Gott wie Spray nicht gibt: es gibt die Personen!« Die abschließende Botschaft des Papstes lautete, kurz zusammengefasst: »Jesus ist der Weggefährte, der uns das gibt, worum wir bitten. Der Vater sorgt für uns und liebt uns. Und der Heilige Geist ist die Gabe, dieses ›noch Mehr‹, das der Vater uns schenkt; er ist das, was unser Gewissen nicht einmal zu erhoffen wagt.«

 


Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana