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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

  

Zwei Bedingungen

 Dienstag, 23. September 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 41, 10. Oktober  2014

 

Das Wort Gottes ist kein »Comic«, sondern eine Lehre, die man mit dem Herzen hören und im Alltagsleben in die Tat umsetzen soll. Ein Einsatz, der für alle möglich ist, denn auch wenn »wir es etwas schwieriger dargestellt haben«, ist das christliche Leben »einfach, sehr einfach«: In der Tat sind die beiden einzigen »Bedingungen« für jene, die Jesus nachfolgen wollen, dass sie »das Wort Gottes hören und es in die Tat umsetzen«.

Das ist für Papst Franziskus der kurz zusammengefasste Sinn der Tageslesungen vom 23. September. In der Predigt der heiligen Messe, die er in Santa Marta feierte, richtete er die Aufmerksamkeit vor allem auf den Abschnitt aus dem Lukasevangelium (8,19-21), wo von der Mutter und den Brüdern Jesu erzählt wird, denen es »aufgrund der vielen Leute« nicht gelingt, »zu ihm zu gelangen«. Der Bischof von Rom ging aus von der Feststellung, dass Jesus einen Großteil seiner Zeit »auf der Straße, unter dem Volk« zugebracht habe, und bemerkte, dass unter den vielen Menschen, die ihm nachfolgten, Personen gewesen seien, die »eine neue Vollmacht, eine neue Art zu sprechen an ihm« bemerkten und die von ihm angebotene »Kraft der Erlösung« spürten. »Es war der Heilige Geist«, so kommentierte der Papst, »der ihre Herzen hierfür anrührte.«

Aber es habe unter der Menge auch Menschen gegeben, die Jesus mit Hintergedanken nachgefolgt seien. Einige deshalb, »weil es ihnen Vorteile einbrachte«, andere vielleicht aus dem »Wunsch heraus, etwas besser zu werden«. So ein bisschen »wie wir«, sagte er, indem er das Thema aktualisierte, denn »wir wenden uns sehr oft deshalb an Jesus, weil wir etwas brauchen, aber dann vergessen wir ihn und lassen ihn wieder allein«. Eine Geschichte, die sich ständig wiederhole, wenn man bedenke, dass Jesus schon damals mitunter diejenigen tadelte, die ihm folgten.

Das geschehe beispielsweise im Anschluss an das Brotwunder, als er zu den Menschen sage: »Ihr kommt nicht zu mir, um das Wort Gottes zu hören, sondern weil ich euch neulich zu essen gegeben habe«; oder im Falle der zehn Aussätzigen, von denen nur einer umkehrt, um ihm zu danken, während »die anderen neun glücklich waren, wieder gesund zu sein, und Jesus vergaßen«. Trotz allem, so bekräftigte der Papst, »fuhr Jesus fort, zu den Menschen zu sprechen« und sie zu lieben, und ging dabei so weit, »diese riesige Menschenmenge als ›meine Mutter und meine Brüder‹« zu bezeichnen. Die Angehörigen Jesu seien also »jene, die das Wort Gottes hören« und »danach handeln«. Das, so offenbarte er, »ist das christliche Leben: weiter nichts. Ganz, ganz einfach. Vielleicht haben wir es etwas schwierig dargestellt, mit vielen Erläuterungen, die niemand versteht, aber das christliche Leben besteht darin: Das Wort Gottes hören und danach handeln. Deshalb haben wir im Psalm gebetet: ›Führe mich, Herr, auf dem Pfad deiner Gebote"‹, deines Wortes, deiner Gebote, um danach zu handeln.«

Daraus leite sich die Aufforderung ab, »das Wort in der Bibel, im Evangelium wirklich zu hören«, über die Schrift nachzusinnen, um das, was in ihr steht, im Alltag in die Tat umzusetzen. Aber der Papst stellte klar: Wenn wir das Evangelium nur überfliegen und an der Oberfläche bleiben, dann »heißt das nicht, dass wir das Wort Gottes hören: das heißt, das Wort Gottes lesen, so wie man einen Comic lesen kann«. Dagegen bestehe das Hören auf Gottes Wort darin, »es zu lesen« und sich zu fragen: »Aber was sagt das meinem Herzen? Was sagt mir Gott mit diesem Wort?« In der Tat könne nur auf diese Weise »unser Leben sich ändern«. Und das geschehe »jedes Mal, wenn wir das Evangelium aufschlagen und einen Abschnitt lesen und uns fragen: ›Spricht Gott durch diese Worte zu mir, sagt er mir etwas? Und wenn er etwas sagt, was sagt er mir dann?‹« Das bedeute es, »das Wort Gottes zu hören, es mit den Ohren zu vernehmen und mit dem Herzen zu hören, das Herz für das Wort Gottes zu öffnen«. Im Gegensatz dazu »hörten die Gegner Jesu zwar das Wort Jesu, aber sie hielten sich in seiner Nähe auf, um einen Irrtum zu finden, um ihm eine Falle zu stellen« und »seine Autorität zu schmälern. Aber sie haben sich nie gefragt: ›Was will mir Gott mit diesem Wort sagen?‹«

Überdies, so fügte der Papst hinzu, »spricht Gott nicht nur zu allen Menschen, sondern er spricht zu einem jeden von uns. Das Evangelium ist für einen jeden von uns geschrieben worden. Und wenn ich die Bibel in die Hand nehme, wenn ich das Evangelium aufschlage und lese, dann soll ich mir die Frage stellen, was der Herr zu mir sagt.« Im Übrigen »ist es das, was nach den Worten Jesu seine wahren Verwandten, seine wahren Brüder tun: das Wort Gottes mit dem Herzen hören. Und dann, so sagt er, ›danach‹.« Gewiss, so räumte Franziskus ein, »ist es einfacher, in aller Ruhe zu leben, ohne sich Gedanken über die Forderungen zu machen, die Gottes Wort stellt«. Aber »der Vater hat uns auch diese Arbeit abgenommen«. Tatsächlich seien die Gebote gerade »eine Art und Weise«, das Wort Gottes »in die Tat umzusetzen«. Und dasselbe gelte auch für die Seligpreisungen. Dieser Abschnitt aus dem Matthäusevangelium«, so bemerkte der Papst, »enthält alles, was wir tun müssen, um nach dem Wort Gottes zu handeln«. Schließlich »sind da noch die Werke der Barmherzigkeit«, die gleichfalls im Matthäusevangelium angegeben würden: in Kapitel 25. Kurz gesagt seien das die Beispiele »dafür, was Jesus will, wenn er uns dazu auffordert, nach Gottes Wort ›zu handeln‹«.

Abschließend fasste der Papst seine Gedanken zusammen, indem er daran erinnerte, dass »viele Menschen Jesus folgten‹: manche »der Neuheit wegen«, andere »weil sie das Bedürfnis verspürten, ein gutes Wort zu hören«. In Wirklichkeit aber hätten nicht viele von ihnen dann wirklich »nach dem Wort Gottes gehandelt«. Und doch »vollbrachte der Herr sein Werk, denn er ist barmherzig und vergibt allen, er beruft alle, erwartet alle, weil er geduldig ist«.

Auch heutzutage, so betonte der Papst, »gehen viele Menschen in die Kirche, um das Wort Gottes zu hören, aber vielleicht verstehen sie den Prediger nicht, wenn er etwas kompliziert predigt, oder sie wollen ihn nicht verstehen. Denn auch das ist wahr: Unser Herz will oft gar nicht verstehen.« Doch Jesus nimmt auch weiterhin alle Menschen an, »auch die, die hingehen, um das Wort Gottes zu hören, und die es dann verraten «, wie Judas, der ihn »Freund« nannte. Der Herr, so bekräftigte Franziskus, »sät sein Wort immer aus«, und im Gegenzug »verlangt er nur ein offenes Herz, um es zu hören, und den guten Willen, danach zu handeln. Aus diesem Grund soll unser heutiges Gebet dem Psalm entnommen sein: ›Führe mich, Herr, auf dem Pfad deiner Gebote‹, also auf dem Pfad deines Wortes, und dass ich es lernen möge, unter deiner Führung danach zu handeln.«



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