PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Drei Frauen
Montag, 15. September 2014
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 39, 26. September 2014
Zwei Frauen und Mütter – Maria und die Kirche – bringen Christus zu einer dritten Frau, die den ersten beiden ähnelt, aber »kleiner« ist: zu unserer Seele. Mit diesem rundum weiblichen Bild wollte der Papst bekräftigen, dass uns ohne die Mutterschaft Marias und der Kirche Christus fehlen würde. »Wir sind keine Waisen«, daran erinnerte er in der Frühmesse, die er am 15. September in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte.
Franziskus hob sofort hervor, dass »die Kirche uns in ihrer Liturgie zweimal, zwei Tage lang, einen nach dem anderen, auf den Kalvarienberg führt«: Tatsächlich »hat sie uns gestern dazu veranlasst, uns in das Kreuz Jesu zu vertiefen, heute in seine Mutter, die bei dem Kreuz stand« (Joh 19,25-27). Besonders »gestern ließ sie uns ein Wort aussprechen: glorreich«. Ein Wort, das sich auf »das Kreuz des Herrn« bezogen habe, »weil es das Leben gebracht hat, weil es uns die Herrlichkeit gebracht hat«. Aber »heute lautet das stärkste Wort der Liturgie ›Mutter‹. Glorreich ist das Kreuz; demütig, sanft die Mutter«, die in der heutigen Liturgie als Schmerzensreiche Jungfrau gefeiert werde.
Das Nachdenken über die Mutter führe uns direkt zu Jesus als Sohn. »Im Abschnitt aus dem Hebräerbrief, den wir gehört haben«, so der Papst unter Bezugnahme auf Kapitel 5 (7-9), »hebt Paulus, als er über Jesus als Sohn spricht, drei eindrückliche Worte hervor: er lernte, er gehorchte und er erduldete.« Kurz, Jesus »lernte Gehorsam und erduldete«. Das sei »das Gegenteil dessen, was unserem Vater Adam widerfahren war, der das nicht hatte lernen wollen, was der Herr befohlen hatte, der weder hatte erdulden noch gehorchen wollen«. Überdies »erinnert uns diese Lesung aus dem Brief an die Hebräer an jenen anderen Abschnitt aus dem Brief an die Philipper:
Obwohl er Gott gleich war, hielt er doch nicht daran fest, wie Gott zu sein; er entäußerte sich, demütigte sich und wurde wie ein Sklave. Das ist die Herrlichkeit des Kreuzes Jesu.« Jesus sei »in die Welt gekommen, um zu lernen, ein Mensch zu sein, und als Mensch mit den Menschen zu gehen. Er ist in die Welt gekommen, um zu gehorchen, und er hat gehorcht.« Aber »diesen Gehorsam lernte er durch das Leiden«.
»Adam verließ das Paradies mit einer Verheißung «, so fuhr er fort, »die viele Jahrhunderte lang weitergegangen ist. Diese Verheißung wird heute durch diesen Gehorsam, diese Selbstzurücknahme, diese Selbsterniedrigung Jesu zur Hoffnung.« Und »das Volk Gottes geht mit dieser sicheren Hoffnung voran«. Auch Maria, »die Mutter, die neue Eva, wie Paulus selbst sie nennt, hat Anteil an diesem Weg des Sohnes: sie lernte, sie litt und sie gehorchte«.
Sie »wird Mutter«. Wir könnten sagen, dass sie eine »gesalbte Mutter« sei, bekräftigte der Papst, und dasselbe gelte auch für die Kirche. Dies also »ist unsere Hoffnung: wir sind keine Waisen, wir haben Mütter«: Maria vor allem. Und dann auch die Kirche, die Mutter sei, »wenn sie denselben Weg Jesu und Marias geht: den Weg des Gehorsams, den Weg des Leidens, und wenn sie diese Einstellung hat, unablässig den Weg des Herrn zu lernen«.
»Diese beiden Frauen« – Maria und die Kirche – »bringen die Hoffnung voran, die Christus ist; sie geben uns Christus, sie zeugen Christus in uns«, unterstrich der Bischof von Rom. So »hätte es ohne Maria Jesus Christus nicht gegeben; ohne die Kirche können wir nicht vorangehen«. Sie seien »zwei Frauen und zwei Mütter«. »Maria«, so erläuterte Franziskus, »verharrte standhaft unter dem Kreuz, sie war mit dem Sohn verbunden, weil sie es akzeptiert hatte und mehr oder weniger wusste, dass sie ein Schwert erwartete: Simeon hatte es ihr vorhergesagt.« Maria sei »die standhafte Mutter«, die »uns auf diesem Weg des Lernens, des Leidens und Gehorchens Sicherheit verleiht«. Und auch die Mutter Kirche »ist standhaft, wenn sie Jesus Christus anbetet und uns leitet, uns lehrt, uns umhüllt, uns auf diesem Weg des Gehorsams, des Leidens, des Erlernens dieser Weisheit Gottes hilft«.
Überdies, so bekräftigte der Papst weiter, »hat auch unsere Seele hieran Anteil, wenn sie sich Maria und der Kirche gegenüber öffnet: dem Mönch Isaak, Abt von Stella, zufolge ist auch unsere Seele weiblicher Natur und gleicht Maria und der Kirche auf analoge Weise.« So »sehen wir heute, wenn wir diese Frau unter dem Kreuz betrachten – die standhaft ihrem Sohn im Leiden folgt, um Gehorsam zu lernen –, die Kirche und sehen unsere Mutter«. Aber »auch wenn wir unsere kleine Seele betrachten, die sich dann niemals verirren wird, wenn sie fortfährt, auch weiterhin eine Frau zu sein, die diesen beiden großen Frauen nahe ist, die uns in unserem Leben begleiten: Maria und der Kirche«.
Franziskus schloss, indem er daran erinnerte, dass »so wie unsere Väter das Paradies mit einer Verheißung verlassen haben, auch wir heute mit einer Hoffnung vorangehen können: der Hoffnung, die uns unsere Mutter Maria schenkt, die standhaft unter dem Kreuz steht, und unsere heilige Mutter, die hierarchische Kirche«.
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