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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Wenn eine Liebe scheitert

 Freitag, 28. Februar 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 12, 21. März 2014

 

Wenn eine Liebe scheitert, dann dürfen die Menschen nicht verurteilt werden, sondern sie müssen begleitet werden. Das empfahl Papst Franziskus in der heiligen Messe, die er am 28. Februar in der Kapelle des Gästehauses Santa Marta feierte. Die Schönheit und Größe der Liebe, so erklärte der Papst, sind bereits im Meisterwerk der Schöpfung zu erkennen, von der das Buch Genesis erzählt und die von Gott selbst als »Bild« gewählt wurde, um das Wesen der Liebe zwischen Mann und Frau zu erklären – und auch zwischen Christus und der Kirche.

»Jesus war immer unter den Menschen«, erklärte der Papst unter Bezugnahme auf den Abschnitt aus dem Markusevangelium (10,1-12), der in der Liturgie verlesen worden war. Und mitten unter den Menschen lehrte Jesus, hörte zu und heilte Kranke. Manchmal seien in der Menge aber auch Schriftgelehrte gewesen, die ihn in Wirklichkeit »auf die Probe stellen« wollten, indem sie versuchten, ihm eine Falle zu stellen. Der Grund dafür sei offensichtlich: »Sie sahen die moralische Autorität, die Jesus hatte.« Eine offensichtliche Tatsache, die von ihnen jedoch als »Tadel gegen sie selbst« empfunden wurde. Und so »versuchten sie, ihn zu Fall zu bringen, um ihm diese moralische Autorität zu nehmen«. Das Markusevangelium berichte, dass die Pharisäer Jesus, gerade »um ihn auf die Probe zu stellen«, »die Frage der Scheidung« vorlegten. Eine Frage, die sie ihm in dem für sie üblichen »Stil« stellten, der auf die »Kasuistik« gegründet war. Wer Jesus in Schwierigkeiten bringen wollte, habe ihm in der Tat niemals »eine offene Frage« gestellt. Man habe es dagegen vorgezogen, »auf die Kasuistik zurückzugreifen, immer auf einen kleinen Einzelfall« und ihn zu fragen: »Ist das erlaubt oder nicht?«

Die »Falle«, die sie Jesus stellen wollten, sei Teil dieser Sicht der Dinge. Denn, so warnte der Papst, »hinter der Kasuistik, hinter dem kasuistischen Denken liegt immer eine Falle, immer!« Und er fügte hinzu: »Eine Falle, die gegen den Menschen gerichtet ist, gegen uns und gegen Gott, immer!« So berichte der Evangelist Markus, dass die Frage, die die Pharisäer Jesus stellen, laute, »ob ein Mann seine Frau aus der Ehe entlassen dürfe«. Und Jesus antworte zunächst mit der Frage danach, »was das Gesetz sagt, und er erklärt dann, warum Mose jenes Gesetz so gemacht hat«.

Aber der Herr bleibe nicht bei dieser ersten Antwort stehen und gehe »von der Kasuistik direkt zum Kern des Problems«. Ja, so präzisierte der Heilige Vater, »er geht hier sogar zu den Tagen der Schöpfung zurück«, indem er sich eines »sehr schönen« Bibelzitats bediene, das dem Buch Genesis entnommen ist: »Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins.«

Papst Franziskus las diese Stelle erneut vor und erläuterte, dass »der Herr vom Meisterwerk der Schöpfung spricht«. In der Tat »schuf Gott das Licht und sah, dass es gut war«. Dann »schuf er die Tiere, die Bäume, die Sterne: alles war gut«. Aber »als er den Menschen erschaffen hatte«, da ging er so weit, zu sagen »dass er sehr gut war«. In der Tat »stellt die Erschaffung des Mannes und der Frau das Meisterwerk der Schöpfung dar«.

Auch deshalb, weil Gott »nicht wollte, dass der Mensch allein bleibt: er wollte, dass er eine Gefährtin habe, seine Weggefährtin«. Das sei auch der Augenblick gewesen, so sagte der Papst, in dem »die Liebe anfing«. Und gerade die Begegnung zwischen Adam und Eva sei »sehr poetisch «. Gott empfehle ihnen, gemeinsam voranzugehen »als ein Fleisch«. So »nimmt der Herr immer den kasuistischen Gedanken und verfolgt ihn zurück zum Beginn der Offenbarung«. Aber, so der Papst, »dieses Meisterwerk des Herrn ist damals, in den Tagen der Schöpfung, noch nichtbeendet worden«. In der Tat habe der Herr gerade »dieses Bild gewählt, um die Liebe zu erklären, die er seinem Volk entgegenbringt, die Liebe, die ihn mit seinem Volk verbindet«. Eine Liebe, die so groß ist, »dass er, als das Volk ihm untreu wird«, dennoch weiterhin »mit den Worten der Liebe zu ihm spricht«. »Denken wir etwa«, so fügte er hinzu, »an die Beschreibung, die der Herr im 16. Kapitel des Propheten Ezechiel von der Treulosigkeit seines Volkes gibt«.

Auf diese Art, so erläuterte er, »nimmt der Herr diese Liebe zum Meisterwerk der Schöpfung, um die Liebe zu erklären, die er zu seinem Volk hegt. Und noch einen Schritt weiter: als Paulus das Mysterium Christi erläutern will, da tut er dies auch im Hinblick auf seine Braut. Denn Christus ist verheiratet: er hatte die Kirche geheiratet, sein Volk«. Und gerade so, »wie der Vater das Volk Israel zur Braut genommen hatte, so tat dies Christus mit seinem Volk«.

»Das«, so bekräftigte der Papst, »ist die Geschichte der Liebe. Das ist die Geschichte des Meisterwerks der Schöpfung. Und angesichts dieses Wegs der Liebe, angesichts dieses Bildes, fällt die Kasuistik weg und wird Schmerz.« Schmerz angesichts des Scheiterns: »Wenn das Verlassen von Vater und Mutter, um sich mit einer Frau zu vereinen, um ein Fleisch zu sein und so gemeinsam weiterzugehen, wenn diese Liebe scheitert – denn sehr oft scheitert sie –, dann müssen wir den Schmerz dieses Scheiterns spüren.« Und genau in diesem Augenblick müssen wir auch »jene Personen begleiten, die in ihrer Liebe dieses Scheitern erlebt haben«. Man darf sie nicht »verurteilen«, sondern man muss »mit ihnen gehen«. Vor allem aber »mit ihrer Lage keine Kasuistik betreiben«.

All das, so fuhr der Papst fort, lasse uns an »einen Plan der Liebe« denken, an »den Weg der Liebe der christlichen Ehe, die Gott im Meisterwerk seiner Schöpfung gesegnet hat, mit einem Segen, den er niemals wieder entzogen hat. Nicht einmal der Sündenfall hat ihn zerstört.« Und »wenn man daran denkt«, so präzisierte der Papst, dann finde man es ganz natürlich anzuerkennen, »wie schön die Liebe ist, wie schön die

Ehe ist, wie schön die Familie ist, wie schön dieser Weg ist«. Aber auch, »wie viel Liebe und Nähe wir jenen Brüdern und Schwestern entgegenbringen müssen, die in ihrem Leben das Unglück hatten, das Scheitern der Liebe zu erleben«. Einer Liebe, so erinnerte er, »die auf poetische Art beginnt, denn die zweite Erzählung über die Erschaffung des Menschen im Buch Genesis ist poetisch«. Und die »in der Bibel auch poetisch endet, in den Briefen des heiligen Paulus, wenn er von der Liebe spricht, die Christus zu seiner Braut hat, der Kirche«. Aber, so warnte der Papst, »auch hier müssen wir achtgeben, dass die Liebe nicht endet«, dass wir am Ende nicht »über einen Christus sprechen, der allzu sehr ›Junggeselle‹ ist: Christus hat die Kirche zur Braut genommen!

Und man kann Christus nicht ohne die Kirche verstehen«, so wie man »die Kirche nicht ohne Christus verstehen kann«. Eben »das«, so wiederholte er, »ist das große Geheimnis des Meisterwerks der Schöpfung«. Papst Franziskus schloss seine Meditation mit der Bitte an den Herrn, uns die Gnade zu gewähren, dieses Geheimnis zu verstehen, »und auch die Gnade, niemals in diese kasuistische Haltung der Pharisäer und der Schriftgelehrten zu fallen.«



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