PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Das Ärgernis der Inkohärenz
Donnerstag, 27. Februar 2014
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 12, 21. März 2014
Christen, die nicht kohärent sind, erregen Ärgernis, da sie vor denen, die nicht glauben, ein negatives Zeugnis geben. Jesus gebraucht in Bezug auf das Thema der Kohärenz sehr starke Worte, so dass jemand, der sie vernimmt, sogar sagen könnte: »Aber das sind die Worte eines Kommunisten.« Nein, in Wirklichkeit »ist es das Wort Gottes!«
Papst Franziskus widmete die Predigt, die er am Donnerstag früh, 27. Februar, in der Kapelle des Hauses Santa Marta hielt, dem Thema der christlichen Kohärenz, das angeregt wurde durch die Spendung des Sakraments der Firmung. »Christ sein«, so klärte der Papst sofort, »das heißt Zeugnis für Jesus Christus ablegen«. In der Tat »ist der Christ ein Mensch – Mann oder Frau –, der Zeugnis für Jesus Christus ablegt«.
Der Papst entwarf dann das geistliche Profil des Christen, wobei er gerade auf die Kohärenz als das zentrale Element hinwies. In allen Dingen des Lebens, so sagte er, müsse man »als Christ denken, als Christ fühlen und handeln wie ein Christ«. Das sei »die Kohärenz des Lebens eines Christen«, der die Gegenwart des Herrn »durch sein Handeln, durch sein Fühlen, durch seine Gedanken« anerkennt.
Der Papst warnte auch vor der Tatsache, dass »wenn eine von diesen« Eigenschaften »fehlt«, »der Christ fehlt«. Im Übrigen »kann einer auch sagen: ich bin ein Christ!« Aber »wenn du nicht lebst wie ein Christ; wenn du nicht handelst wie ein Christ; wenn du nicht denkst wie ein Christ und nicht fühlst wie ein Christ, dann stimmt etwas nicht. Da liegt ein gewisser Mangel an Kohärenz vor!« Wir Christen, so warnte der Papst, »sind alle aufgerufen, von Jesus Christus Zeugnis zu geben«. Die Christen, die dagegen »als Normalzustand für gewöhnlich inkohärent leben, richten sehr viel Schaden an«.
Der heilige Apostel Jakobus spricht in dem Brief, der in der heutigen Liturgiefeier verlesen wurde (5,1-6), ausdrücklich über sie, als er ganz direkt »einige Inkohärente« kritisiert, »die sich rühmten, Christen zu sein, die aber ihre Arbeiter ausbeuteten«. Der heilige Jakobus schreibt: »Aber der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, schreit zum Himmel; die Klagerufe derer, die eure Ernte eingebracht haben, dringen zu den Ohren des Herrn der himmlischen Heere.«
»Der Herr ist drastisch!«, kommentierte der Papst, nachdem er den Text des heiligen Jakobus erneut verlesen hatte. So drastisch, dass »wenn einer« diese Worte »hört, er denken könnte: das hat ein Kommunist gesagt! Nein, nein«, so präzisierte der Papst, »das hat der Apostel Jakobus gesagt: es ist das Wort des Herrn!« Das Problem sei also »die mangelnde Kohärenz« und »die Christen, die nicht kohärent sind, erregen Ärgernis«.
Jesus, so erinnerte der Papst in Anspielung auf die heutige Lesung aus dem Markusevangelium (9, 41-50), spricht heftige Worte gegen dieses Ärgernis und »sagt: ›Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt‹ – auch nur einen einzigen von diesen Brüdern, Schwestern, die glauben – ›für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.‹« Wirklich, erläuterte der Papst, »ein inkohärenter Christ richtet großen Schaden an«, und das starke Bild, dessen Jesus sich bediene, sei sehr deutlich. Daher, so fuhr er fort, »ist das Leben des Christen der Weg der Kohärenz«, aber man müsse sich auch »mit der Versuchung, inkohärent zu sein und großes Ärgernis zu erregen«, auseinandersetzen. »Und das Ärgernis tötet!«
Die Folgen seien für jedermann ersichtlich. Es sei allen Christen schon einmal passiert, so kommentierte der Papst, sich anhören zu müssen: »Ich glaube an Gott, aber nicht an die Kirche, denn ihr Christen sagt das eine und tut dann etwas anderes!« Das seien Worte, »die wir alle schon haben sagen hören: ich glaube an Gott, aber nicht an euch!« Und das geschehe eben »aufgrund der mangelnden Kohärenz« der Christen, so erläuterte der Papst.
Die beiden heutigen Lesungen, so bekräftigte er, helfen uns, »für die Kohärenz der Christen zu beten, dafür, dass man handelt, fühlt und denkt wie Christen«. Und »um in christlicher Kohärenz zu leben«, so ermahnte er, »ist das Gebet nötig, denn die christliche Kohärenz ist ein Geschenk Gottes«. Sie ist ein Geschenk, um das zu bitten wir uns bemühen müssen, indem wir sagen: »Herr, gib, dass ich kohärent bin! Herr, gib, dass ich nie Ärgernis errege! Gib, dass ich ein Mensch bin, der denkt wie ein Christ, der fühlt wie ein Christ, der handelt wie ein Christ!« Und das, so sagte der Papst, »ist das heutige Gebet für uns alle: wir brauchen Kohärenz!«
Bedeutungsvoll war dann auch das vom Papst genannte praktische Beispiel: »Wenn du mit einem Atheisten zu tun hast, der zu dir sagt, dass er nicht an Gott glaubt, dann kannst du ihm eine ganze Bibliothek vorlesen, in der gesagt wird, dass es Gott gibt, und wo auch bewiesen wird, dass es Gott gibt, und er wird doch nicht glauben. « Aber, so fuhr der Papst fort, »wenn du vor diesem Atheisten Zeugnis von Kohärenz ablegst, von einem christlichen Leben, dann wird in seinem Herzen etwas anfangen zu wirken«. Und »es wird gerade dein Zeugnis sein, das in ihm eine Unruhe hervorruft, in der der Heilige Geist wirksam werden kann«.
Papst Franziskus erinnerte daran, dass wir den Herrn um »die Gnade, kohärent zu sein«, bitten müssen, »wir alle, die ganze Kirche«. Indem wir bekennen, dass wir Sünder, schwache und inkohärente Menschen sind, die aber stets bereit sind, den Herrn um Vergebung zu bitten. Denn wir alle »haben die Fähigkeit, Gott um Vergebung zu bitten, und Gott wird nie müde zu vergeben«.
Es sei also wichtig, so mahnte der Papst, »die Demut zu besitzen, um Verzeihung zu bitten«, wenn wir nicht kohärent gewesen sind. Im Grunde gehe es darum, »im Leben mit christlicher Kohärenz voranzugehen«, indem wir Zeugnis für unseren Glauben an Jesus Christus ablegen und uns bewusst sind, Sünder zu sein. Aber mit »dem Mut, dann, wenn wir Fehler machen, um Verzeihung zu bitten«, und »einer sehr großen Angst davor, Ärgernis zu erregen«. »Der Herr«, so wünschte der Papst abschließend, »möge uns allen diese Gnade gewähren.«
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