PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Die "heilige" Geduld
Montag, 17. Februar 2014
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 10/11, 7. März 2014
Es gibt Menschen, die auch im Leiden zu lächeln verstehen und die trotz aller Prüfungen und Krankheiten die »Freude des Glaubens« bewahren. Das sind die Menschen, die »die Kirche durch ihre Heiligkeit im Alltag voranbringen«, ja die zu authentischen Bezugspunkten »in unseren Pfarreien, in unseren Institutionen« werden. In der von Papst Franziskus am Montag, 17. Februar, in der Kapelle des Hauses Santa Marta gehaltenen Predigt zum Thema »die vorbildliche Geduld des Volkes Gottes« ist ein Bezug zu den am Sonntag Nachmittag in der römischen Stadtrandpfarrei erfolgten Begegnungen zu erkennen.
»Wenn wir in die Gemeinden gehen«, so sagte der Bischof von Rom, »dann begegnen wir Menschen, die leiden, die Probleme haben, die ein behindertes Kind oder eine Krankheit haben, die aber trotzdem geduldig ihr Leben weiterleben.« Das sind Menschen, die nicht um »ein Wunder« bitten, sondern die mit »göttlicher Geduld« leben und »die Zeichen der Zeit« lesen. Und »die Welt« ist dieses heiligen Volkes Gottes »nicht würdig«, so bekräftigte der Papst, der ausdrücklich das elfte Kapitel des Hebräerbriefes zitierte und versicherte, dass »wir sagen können, dass die Welt dieser Menschen aus unserem Volk – Menschen, die leiden, die sehr viele Leiden haben und doch nicht das Lächeln des Glaubens verlieren, die die Freude des Glaubens haben – nicht würdig ist: sie ist ihrer unwürdig! Der Geist der Welt ist dieser Menschen unwürdig!«
Die Meditationen des Papstes über den Wert der Geduld ging wie üblich von den Schriftlesungen zum Tage aus: von einem Abschnitt aus dem Jakobusbrief (1,1-11) und einem aus dem Markusevangelium (8,11-13). »Seid voll Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet«: in seiner Auslegung dieser Worte, die der ersten Lesung entnommen waren, merkte der Papst an, dass »das, was uns der Apostel Jakobus sagt, ein wenig seltsam anmutet«. Es scheine fast, so bemerkte er, »eine Aufforderung dazu, den Fakir zu spielen«. Ja, so fragte er sich, »wie ist es möglich, dass es uns Freude bereitet, einer Prüfung unterzogen zu werden?« Der Papst fuhr fort mit der Lesung des Abschnitts aus dem Jakobusbrief: »Ihr wisst, dass die Prüfung eures Glaubens Ausdauer bewirkt.
Die Ausdauer aber soll zu einem vollendeten Werk führen; denn so werdet ihr vollendet und untadelig sein, es wird euch nichts mehr fehlen.« Die Anregung laute, »das Leben zu diesem Rhythmus der Geduld zu führen«. Aber »die Geduld «, so warnte er, »ist nicht dasselbe wie Resignation, sie ist etwas anderes«. Geduld bedeute tatsächlich »die Wechselfälle des Lebens auf sich zu nehmen, die Dinge, die nicht gut sind, die hässlichen Dinge, die Dinge, die wir nicht wollen. Und eben diese Geduld wird unser Leben reif werden lassen.« Wer hingegen keine Geduld hat, »will alles gleich, hat bei allem Eile«. Und »wer diese Weisheit nicht kennt, die in der Geduld liegt, der ist ein launischer Mensch«, der sich letztendlich so verhält, wie »eigensinnige Kinder «, die sagen: »Ich will dies, ich will das, das da mag ich nicht«, und die nie und mit nichts zufrieden sind.
»Was fordert diese Generation ein Zeichen?«, frage der Herr in der Lesung aus dem " Markusevangelium als Antwort auf die Forderungen derPharisäer. Und damit habe er sagen wollen, so bekräftigte der Papst, dass »diese Generation den Kindern gleicht, die dann, wenn sie fröhliche Musik hören, nicht tanzen, und wenn sie Trauermusik hören, nicht weinen. Nichts ist ihnen recht!« In der Tat, so fuhr der Papst fort, »ist ein Mensch ohne Geduld ein Mensch, der nicht weiter wächst, der stehenbleibt bei der Launenhaftigkeit von Kindern, der das Leben nicht so zu nehmen weiß, wie es kommt«, und der nichts zu sagen wisse als: »entweder das oder gar nichts!«
Wenn die Geduld fehle, »dann ist das eine Versuchung, kapriziös zu werden« wie die Kinder. Und eine weitere Versuchung jener Menschen, »die keine Geduld haben, ist das Gefühl der Allmacht«, das in dem Anspruch enthalten ist: »Ich will alles sofort!« Der Herr beziehe sich gerade hierauf, als die Pharisäer von ihm »ein Zeichen vom Himmel« fordern. In Wirklichkeit, so betonte der Papst: »Was wollten sie? Sie wollten ein Spektakel, ein Zeichen vom Himmel.« Letztendlich sei dies genau die Versuchung, mit der der Teufel in der Wüste an Jesus herantrete, wo er ihm vorschlage, »etwas« zu tun, »so dass wir alle glauben und dieser Stein zu Brot wird« oder sich vom Tempel zu stürzen, um seine Macht zu zeigen. Dadurch aber, dass sie von Jesus ein Zeichen fordern, »verwechseln« die Pharisäer »Gottes Vorgehensweise mit der Vorgehensweise eines Hexenmeisters«. Aber, so präzisierte der Heilige Vater, »Gott geht nicht vor wie ein Hexenmeister. Gott hat seine eigene Vorgehensweise – die Geduld Gottes«. Und wir »singen jedes Mal, wenn wir zum Sakrament der Versöhnung gehen, einen Hymnus auf die Geduld Gottes. Wie trägt uns der Herr doch auf seinen Schultern, mit wie viel Geduld!«
»Das christliche Leben«, so regte der Papst an, muss dieser Musik der Geduld folgen, denn gerade das war die Musik unserer Väter: des Volkes Gottes«. Die Musik »jener, die an das Wort Gottes geglaubt haben, die das Gebot befolgt haben, das der Herr unserem Vater Abraham gegeben hat: ›Geh deinen Weg vor mir, und sei rechtschaffen!‹«
Das Volk Gottes, so fuhr er fort, indem er erneut Kap. 11 des Hebräerbriefes zitierte, »hat viel gelitten: sie wurden verfolgt, getötet, sie mussten sich in Löchern und Höhlen verbergen. Und doch hatten sie die Freude, das Glück – wie der Apostel Jakobus sagt – das Verheißene von fern zu grüßen«. Genau das sei »die Geduld, die wir bei Prüfungen aufbringen müssen«. Es sei »die Geduld eines Erwachsenen; die Geduld Gottes, der uns trägt, der uns auf seinen Schultern trägt; und es ist die Geduld unseres Volkes«, so bemerkte der Papst, der dann ausrief: »Wie geduldig ist unser Volk auch in diesem Augenblick!«
Der Bischof von Rom erinnerte daran, dass es viele leidende Menschen gebe, die dazu fähig seien, »geduldig ihr Leben fortzusetzen. Sie bitten um kein Zeichen«, wie es die Pharisäer taten, »aber sie verstehen es, die Zeichen der Zeit zu lesen«. So »wissen sie, dass zur Zeit der Blüte des Feigenbaums der Frühling kommt«. Die »ungeduldigen« Menschen hingegen, von denen im Evangelium die Rede ist, »forderten ein Zeichen«, aber sie »verstanden es nicht, die Zeichen der Zeiten zu lesen. Deshalb haben sie Christus nicht erkannt.«
Der Hebräerbrief, so der Papst, sagt ganz klar, dass »die Welt des Volkes Gottes nicht würdig war«. Heute aber »können wir dasselbe über die Menschen unseres Volkes sagen: Menschen, die leiden, die an sehr vielem leiden, die aber doch das Lächeln des Glaubens nicht verlieren, die die Freude des Glaubens haben«. Ja, auch all ihrer »ist die Welt nicht würdig!« Und gerade »dieses Volk, unser Volk, in unseren Gemeinden, in unseren Institutionen« ist es, das »die Kirche mit seiner Heiligkeit des Alltags, jeden Tags, voranbringt«.
Abschließend las der Papst noch einmal den Abschnitt aus dem Brief des heiligen Jakobus, den er bereits zu Beginn der Predigt zitiert hatte. Und er bat den Herrn darum, »uns allen die Geduld« zu geben: »die freudige Geduld, die Geduld der Arbeit, des Friedens«, indem er uns »die Geduld Gottes« schenke und »die Geduld unseres treuen Volkes, das so vorbildlich ist«.
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