PAPST FRANZISKUS
GENERALAUDIENZ
Mittwoch, 8. Januar 2020
Katechese über die Apostelgeschichte - 19. "Niemand von euch wird sein Leben verlieren" (Apg 27,22). Die Prüfung des Schiffbruchs: zwischen Gottes Rettung und der Gastfreundschaft der Malteser.
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Die Apostelgeschichte berichtet im letzten Teil, dass das Evangelium seinen Weg nicht nur zu Land, sondern auf dem Meer fortsetzt, auf einem Schiff, das Paulus als Gefangenen von Cäsarea nach Rom bringt (vgl. Apg 27,1-28,16), in das Herz des Reiches, damit sich das Wort des Auferstandenen erfülle: »Ihr werdet meine Zeugen sein […] bis an die Grenzen der Erde« (Apg 1,8). Lest das Buch der Apostelgeschichte, und ihr werdet sehen, wie das Evangelium durch die Kraft des Heiligen Geistes zu allen Völkern gelangt, universal wird. Nehmt es. Lest es.
Die Schiffsreise trifft von Anfang an auf widrige Umstände. Die Reise wird gefährlich. Paulus rät, die Schifffahrt nicht fortzusetzen, aber der Hauptmann schenkt ihm keinen Glauben und vertraut dem Steuermann und dem Kapitän. Die Reise wird fortgesetzt, und es kommt ein so heftiger Wind auf, dass die Mannschaft die Kontrolle verliert und das Schiff abdriften lässt. Als der Tod schon nahe zu sein scheint und alle von Verzweiflung ergriffen werden, greift Paulus ein und beruhigt die Gefährten, indem er das sagt, was wir gehört haben: »In dieser Nacht ist ein Engel des Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene, zu mir gekommen und hat gesagt: Fürchte dich nicht, Paulus! Du musst vor den Kaiser treten. Und siehe, Gott hat dir alle geschenkt, die mit dir fahren« (Apg 27,23-24). Auch in der Prüfung hört Paulus nicht auf, Hüter über das Leben der anderen zu sein und ihnen Hoffnung zu schenken.
So zeigt Lukas uns, dass der Plan, der Paulus nach Rom führt, nicht nur den Apostel, sondern auch seine Reisegefährten in Sicherheit bringt und dass der Schiffbruch vom Unglück zur von der Vorsehung geschenkten Gelegenheit wird, das Evangelium zu verkündigen. Auf den Schiffbruch folgt die Landung auf der Insel Malta, deren Bewohner fürsorgliche Gastfreundschaft beweisen. Die Malteser sind gute, sanftmütige Menschen, sie sind bereits zu jener Zeit gastfreundlich. Es regnet und ist kalt, und sie entzünden ein Feuer, um den Schiffbrüchigen etwas Wärme und Linderung zu schenken. Auch hier stellt Paulus sich als wahrer Jünger Christi in den Dienst, um das Feuer mit etwas Reisig zu schüren. Dabei wird er von einer Viper gebissen, erleidet aber keinen Schaden. Als die Menschen das sehen, sagen sie: »Der muss ein großer Übeltäter sein, wenn er aus einem Schiffbruch gerettet wird und am Ende durch den Biss einer Viper stirbt!« Sie warteten auf den Moment, in dem er tot umfallen würde, aber er erleidet keinen Schaden und wird sogar – statt für einen Übeltäter – für eine Gottheit gehalten. In Wirklichkeit kommt jene Wohltat vom auferstandenen Herrn, der ihm beisteht, gemäß der Verheißung, die er vor seiner Himmelfahrt an die Gläubigen gerichtet hat: »Wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden« (Mk 16,18). Die Geschichte sagt, dass es seit jener Zeit keine Vipern mehr auf Malta gibt: Das ist der Segen Gottes für die Gastfreundschaft dieses so guten Volkes.
Tatsächlich wird der Aufenthalt auf Malta für Paulus zur guten Gelegenheit, dem Wort, das er verkündigt, »Fleisch« zu verleihen und so einen barmherzigen Dienst in der Heilung der Kranken zu üben. Und das ist ein Gesetz des Evangeliums: Wenn ein Gläubiger die Erfahrung des Heils macht, dann behält er sie nicht für sich, sondern bringt sie in Umlauf. »Das Gute neigt immer dazu, sich mitzuteilen. Jede echte Erfahrung von Wahrheit und Schönheit sucht von sich aus, sich zu verbreiten, und jeder Mensch, der eine tiefe Befreiung erfährt, erwirbt eine größere Sensibilität für die Bedürfnisse der anderen« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 9). Ein »leidgeprüfter « Christ kann den Leidenden gewiss näher sein, weil er weiß, was das Leiden ist, und sein Herz offen und empfänglich für die Solidarität gegenüber den anderen machen.
Paulus lehrt uns, die Prüfungen zu leben, indem wir uns an Christus klammern, um »die Überzeugung heranreifen zu lassen, dass Gott in jeder Situation handeln kann, auch inmitten scheinbarer Misserfolge« und »dass sicher Frucht bringen wird, wer sich Gott aus Liebe darbringt und sich ihm hingibt« (ebd., 279). Die Liebe ist immer fruchtbar, die Liebe zu Gott ist immer fruchtbar, und wenn du dich vom Herrn ergreifen lässt und die Gaben des Herrn empfängst, dann wird dir das gestatten, sie den anderen zu geben. Die Liebe zu Gott überschreitet alle Grenzen. Bitten wir heute den Herrn, uns zu helfen, jede Prüfung getragen von der Kraft des Glaubens zu leben; und einfühlsam zu sein gegenüber den vielen Schiffbrüchigen der Geschichte, die erschöpft an unseren Küsten ankommen, damit auch wir sie mit jener brüderlichen Liebe anzunehmen wissen, die aus der Begegnung mit Jesus kommt. Das ist es, was aus der eisigen Kälte der Gleichgültigkeit und der Unmenschlichkeit rettet.
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Mit Freude heiße ich die Pilger aus den Ländern deutscher Sprache willkommen. Der heilige Paulus ermutigt uns, jeden Augenblick, auch die Prüfungen, im Vertrauen auf die Nähe Christi zu leben. Getragen von seiner Liebe wollen auch wir unseren bedürftigen Brüdern und Schwestern nahe sein. Der Herr begleite euch in diesem neuen Jahr mit seiner Gnade.
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