PAPST FRANZISKUS
GENERALAUDIENZ
Mittwoch, 22. November 2017
Die Heilige Messe - 3. Die Messe ist das Gedächtnis des österlichen Geheimnisses Christi
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Wir setzen die Katechesen über die Messe fort und können uns fragen: Was ist die Messe eigentlich? Die Messe ist das Gedächtnis des österlichen Geheimnisses, des Paschamysteriums Christi. Sie lässt uns teilhaben an seinem Sieg über die Sünde und den Tod und gibt unserem Leben die volle Bedeutung. Daher müssen wir, um den Wert der Messe zu begreifen, also zunächst die biblische Bedeutung des »Gedächtnisses« verstehen. Es ist »nicht nur ein Sich-Erinnern an Ereignisse der Vergangenheit, sondern die Verkündigung der großen Taten, die Gott für die Menschen getan hat. In der liturgischen Feier dieser Ereignisse werden sie gegenwärtig und wieder lebendig« (Katechismus der Katholischen Kirche, 1363). Durch sein Leiden, seinen Tod, seine Auferstehung und Himmelfahrt hat Jesus Christus das Pascha vollendet. Und die Messe ist das Gedächtnis seines Pascha, seines »Exodus«, den er für uns vollbracht hat, um uns aus der Knechtschaft zu führen und uns in das Gelobte Land des ewigen Lebens zu bringen. Sie ist nicht nur eine Erinnerung, nein, sie ist mehr: Sie ist die Vergegenwärtigung dessen, was vor 20 Jahrhunderten geschehen ist.
Die Eucharistie bringt uns immer auf den Höhepunkt des Heilswirkens Gottes: Jesus, der Herr, macht sich für uns zum gebrochenen Brot und gießt all seine Barmherzigkeit und Liebe über uns aus, wie er es am Kreuz getan hat, um so unser Herz, unser Dasein und unsere Beziehung zu ihm und zu den Geschwistern zu erneuern. Das Zweite Vatikanische Konzil sagt: »Sooft das Kreuzesopfer, in dem Christus, unser Osterlamm, dahingegeben wurde, auf dem Altar gefeiert wird, vollzieht sich das Werk unserer Erlösung« (Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 3).
Jede Eucharistiefeier ist ein Strahl jener Sonne ohne Untergang, die der auferstandene Christus ist. An der Messe teilzunehmen, insbesondere am Sonntag, bedeutet, in den Sieg des Auferstandenen einzutreten, von seinem Licht erleuchtet, von seiner Wärme gewärmt zu werden. Durch die Eucharistiefeier lässt der Heilige Geist uns am göttlichen Leben teilhaben, das unser ganzes sterbliches Dasein verklären kann. Und in seinem Übergang vom Tod zum Leben, von der Zeit zur Ewigkeit, zieht Jesus, der Herr, auch uns mit sich, um Pascha zu halten. In der Messe wird Pascha gehalten. In der Messe sind wir bei Jesus, der gestorben und auferstandenen ist, und er nimmt uns mit, zum ewigen Leben. In der Messe sind wir mit ihm vereint. Ja, Christus lebt in uns, und wir leben in ihm. Der heilige Paulus sagt: »Ich bin mit Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat« (Gal 2,19-20). So dachte Paulus.
Denn sein Blut befreit uns vom Tod und von der Angst vor dem Tod. Es befreit uns nicht nur von der Herrschaft des physischen Todes, sondern vom geistlichen Tod – dem Bösen, der Sünde –, der uns immer dann erfasst, wenn wir unserer eigenen Sünde oder der Sünde anderer Menschen zum Opfer fallen. Dann wird unser Leben verunreinigt, verliert es an Schönheit, verliert es an Bedeutung, verwelkt es.
Christus dagegen gibt uns das Leben zurück; Christus ist die Fülle des Lebens, und als er den Tod auf sich genommen hat, hat er ihn für immer vernichtet: Er hat »durch seine Auferstehung den Tod bezwungen und das Leben neu geschaffen« (Viertes Eucharistisches Hochgebet). Das Pascha Christi ist der endgültige Sieg über den Tod, denn er hat seinen Tod in den höchsten Akt der Liebe verwandelt. Er ist aus Liebe gestorben! Und in der Eucharistie will er uns seine österliche, siegreiche Liebe mitteilen. Wenn wir sie im Glauben annehmen, können auch wir Gott und den Nächsten wirklich lieben, können wir so lieben wie er uns geliebt hat, in der Hingabe des Lebens.
Wenn die Liebe Christi in mir ist, dann kann ich mich dem anderen ganz hinschenken, in der inneren Gewissheit, dass ich auch dann, wenn der andere mich verletzen sollte, nicht sterben würde; sonst müsste ich mich verteidigen. Die Märtyrer haben gerade aufgrund dieser Gewissheit des Sieges Christi über den Tod das Leben hingegeben. Nur wenn wir diese Macht Christi erfahren, die Macht seiner Liebe, sind wir wirklich frei, uns ohne Angst hinzuschenken. Das ist die Messe: in dieses Leiden, diesen Tod, diese Auferstehung und Himmelfahrt Christi einzutreten. Wenn wir in die Messe gehen, dann ist es als gingen wir nach Golgota; es ist dasselbe. Denkt einmal darüber nach: dass wir im Augenblick der Messe nach Golgota gehen – stellen wir uns das in Gedanken vor – und wissen, dass dieser Mensch dort Jesus ist.
Werden wir es uns dann erlauben zu schwatzen, zu fotografieren, so zu tun als wäre es eine Show? Nein! Weil es Jesus ist! Wir würden gewiss in Schweigen verharren, in Trauer und auch in der Freude, erlöst zu sein. Wenn wir in die Kirche gehen, um die Messe zu feiern, dann müssen wir daran denken: Ich gehe nach Golgota, wo Jesus sein Leben für mich hingibt. Und so verschwindet die Show, verschwindet das Geschwätz, die Kommentare und all die Dinge, die uns fernhalten von diesem Wunderschönen, was die Messe ist: der Sieg Jesu.
Ich glaube, dass jetzt deutlicher geworden ist, inwiefern das Pascha vergegenwärtigt wird und wirkt, jedes Mal wenn wir die Messe feiern – also der Sinn des »Gedächtnisses«. Die Teilnahme an der Eucharistie lässt uns in das Paschamysterium Christi eintreten, es lässt uns mit ihm vom Tod zum Leben übergehen, also dort auf Golgota. Die Messe bedeutet, erneut nach Golgota zu gehen; sie ist keine Show.
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Herzlich heiße ich die Pilger deutscher Sprache willkommen. Die heilige Messe ist das größte Geschenk, das der Herr uns macht. Sie ist wirklich die Begegnung mit Jesus, der sich uns selbst schenkt. Ich wünsche euch, häufig diese Nähe des Herrn zu erfahren. Gott segne euch alle.
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