HOCHFEST DER HEILIGEN APOSTEL PETRUS UND PAULUS
PAPST FRANZISKUS
ANGELUS
Petersplatz
Samstag, 29. Juni 2019
Die Heiligen Petrus und Paulus, die wir heute feiern, werden auf Ikonen manchmal dargestellt, wie sie das Gebäude der Kirche tragen. Dies erinnert uns an die Worte des heutigen Evangeliums, in dem Jesus zu Petrus sagt: »Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen« (Mt 16,18). Es ist das erste Mal, dass Jesus das Wort »Kirche« ausspricht, doch ich möchte euch einladen, weniger an das Substantiv zu denken als vielmehr an das Adjektiv, das ein Possessivpronomen ist, »meine«: meine Kirche. Jesus spricht nicht von der Kirche als einer äußeren Realität, sondern bringt die große Liebe zum Ausdruck, die er zu ihr hat: meine Kirche. Er liebt die Kirche, er liebt uns. Der heilige Paulus schreibt: »Christus [hat] die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben« (Eph 5,25), das heißt, wie der Apostel erklärt: Jesus liebt die Kirche als seine Braut. Für den Herrn sind wir keine Gruppe von Gläubigen oder eine religiöse Organisation, wir sind seine Braut. Er schaut zärtlich auf seine Kirche, er liebt sie mit absoluter Treue, trotz unserer Fehler und unseres Verrates. Wie an jenem Tag zu Petrus, so sagt er heute zu uns allen: »Meine Kirche, ihr seid meine Kirche.«
Und auch wir können es wiederholen: meine Kirche. Wir sagen dies nicht mit dem Gefühl einer exklusiven Zugehörigkeit, sondern mit einer einschließenden Liebe. Nicht um uns von den anderen abzusetzen, sondern um die Schönheit des Miteinanders zu lernen, denn Jesus will, dass wir vereint und offen sind. Die Kirche ist in der Tat nicht »meine«, weil sie meinem Ich, meinen Wünschen entspricht, sondern damit ich meine Zuneigung in sie einfließen lasse. Sie ist »meine«, damit ich mich ihrer annehme, denn wie die Apostel auf der Ikone trage bzw. stütze auch ich sie. Wie? Mit der brüderlichen Liebe. Mit unserer geschwisterlichen Liebe können wir sagen: meine Kirche.
In einer anderen bildlichen Darstellung werden die Heiligen Petrus und Paulus gezeigt, wie sie einander umarmen. Sie waren sehr verschieden voneinander: ein Fischer und ein Pharisäer mit sehr unterschiedlichen Lebenserfahrungen, Charakteren, Herangehensweisenweisen und Empfindungen. Es fehlte nicht an gegensätzlichen Meinungen und offenen Debatten (vgl. Gal 2,11ff.). Doch was sie verband, war unendlich größer: Jesus war der Herr von beiden, gemeinsam sagten sie »mein Herr« zu dem, der »meine Kirche« sagt. Als Brüder im Glauben laden sie uns ein, die Freude wiederzuentdecken, Brüder und Schwestern in der Kirche zu sein. An diesem Fest, das zwei so unterschiedliche Apostel vereint, wäre es schön, wenn jeder von uns sagen würde: »Danke, Herr, für diese Person, die anders ist als ich: Sie ist ein Geschenk für meine Kirche.« Wir sind verschieden, aber das bereichert uns, das ist die Geschwisterlichkeit. Es ist gut, die Qualitäten anderer zu schätzen, die Gaben der anderen ohne Bosheit und ohne Neid anzuerkennen.
Der Neid! Der Neid verursacht Bitterkeit im Inneren, er ist Essig im Herzen. Die Neider haben einen bitteren Blick. So oft möchte man, wenn man einen neidischen Menschen findet, gerne fragen: Aber was hat er heute gefrühstückt, Milchkaffe oder Essig? Denn der Neid ist bitter. Er macht das Leben bitter. Wie schön ist es dagegen, zu wissen, dass wir zueinander gehören, weil wir denselben Glauben, dieselbe Liebe, dieselbe Hoffnung, denselben Herrn gemeinsam haben. Wir gehören zueinander und das ist großartig, zu sagen: Unsere Kirche! Brüderlichkeit.
Am Ende des Evangeliums sagt Jesus zu Petrus: »Weide meine Schafe« (Joh 21,17). Er spricht von uns und sagt »meine Schafe« mit derselben Zärtlichkeit, mit der er meine Kirche sagte. Mit wie viel Liebe, mit wie viel Zärtlichkeit liebt uns Jesus doch! Er sieht uns als die Seinen. Hier haben wir also die Zuneigung, die die Kirche aufbaut. Heute bitten wir auf die Fürsprache der Apostel um die Gnade, unsere Kirche zu lieben.
Wir bitten um Augen, die es verstehen, in ihr Brüder und Schwestern zu sehen, um ein Herz, das die anderen anzunehmen weiß mit der zärtlichen Liebe, die Jesus zu uns hat. Und wir bitten um die Kraft, für diejenigen zu beten, die nicht wie wir denken – der da hat eine andere Meinung als ich, ich bete für ihn –, zu beten und zu lieben, was das Gegenteil davon ist, über andere schlecht zu reden, vielleicht hinter ihrem Rücken. Nie schlecht über einen anderen reden, beten und lieben. Die Gottesmutter, die Eintracht unter die Apostel brachte und mit ihnen betete (vgl. Apg 1,14), behüte uns als Brüder und Schwestern in der Kirche.
Nach dem Angelus:
Liebe Brüder und Schwestern!
Ich wünsche den Römern und allen, die in dieser Stadt leben, zu diesem Fest der Hauptschutzpatrone Roms alles Gute. Ich fordere alle auf, mit Bürgersinn auf die Probleme der Gesellschaft zu reagieren.
Ich danke erneut der Delegation des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel und sende meinem Bruder, Seiner Heiligkeit Bartholomaios I., einen herzlichen und brüderlichen Gruß. Ich grüße voll Zuneigung die Pilger, die gekommen sind, um die Metropolitan-Erzbischöfe zu feiern, für die ich heute Vormittag die Pallien gesegnet habe. Sehr herzlich danke ich den Floristikmeistern und allen Mitarbeitern, die den von der römischen »Pro Loco« organisierten historischen Blumenteppich verwirklicht haben.
Ich grüße euch alle, liebe Pilger, vor allem jene aus Vietnam, der Slowakei, El Paso (Texas), Kansas City und Deutschland. Ich grüße die »Yago School« aus Sevilla mit dem großen Kinderchor und das »Colegio ›Ahlzahir‹« aus Cordoba; die Gruppe des Radiosenders »Voix de la Charité« aus dem Libanon sowie die Gruppe der »Eucharistischen Jugendbewegung« aus Spanien und die Resurrektionistenpatres.
Ich grüße die Gläubigen aus Donori, Forlì, Lanciano, Brindisi und Castelfranco Veneto sowie den »Piccolo Coro Francesco d’Assisi« aus Mesagne. Allen wünsche ich ein frohes Fest, und ich bitte um ein Gebet für mich auf Fürsprache der Heiligen Petrus und Paulus. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!
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