PAPST FRANZISKUS
ANGELUS
Petersplatz
Sonntag, 17. Januar 2016
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Das Evangelium des heutigen Sonntags unterbreitet das wunderbare Ereignis, das sich in Kana, einem Ort in Galiläa, während einer Hochzeit zugetragen hat, an der auch Maria und Jesus zusammen mit seinen ersten Jüngern teilnehmen (vgl. Joh 2,1-11). Die Mutter macht ihren Sohn darauf aufmerksam, dass der Wein ausgegangen ist, und nachdem Jesus ihr geantwortet hat, dass seine Stunde noch nicht gekommen sei, geht er dennoch auf ihr Bitten ein und macht den Brautleuten den besten Wein des ganzen Festes zum Geschenk. Der Evangelist unterstreicht: »So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn« (V. 11).
Die Wunder sind also außerordentliche Zeichen, welche die Verkündigung der Frohen Botschaft begleiten und den Zweck haben, den Glauben an Jesus zu wecken oder zu stärken. Im in Kana vollbrachten Wunder können wir einen Akt des Wohlwollens Jesu gegenüber den Brautleuten erkennen, ein Zeichen des Segens Gottes für die Ehe. Die Liebe zwischen Mann und Frau ist also ein guter Weg, um das Evangelium zu leben, das heißt sich voll Freude auf den Weg der Heiligkeit zu begeben.
Doch das Wunder von Kana betrifft nicht allein die Brautleute. Jeder Mensch ist dazu berufen, dem Herrn in seinem Leben zu begegnen. Der christliche Glaube ist ein Geschenk, das wir mit der Taufe empfangen und das uns ermöglicht, Gott zu begegnen. Wie bei jeder echten Erfahrung der Liebe durchlebt der Glaube Zeiten der Freude und des Schmerzes, des Lichts und der Finsternis. Der Bericht von der Hochzeit zu Kana lädt uns ein, neu zu entdecken, dass sich Jesus uns weder als Richter vorstellt, der uns wegen unserer Schuld verurteilen will, noch als ein Befehlshaber, der uns auferlegt, seinen Anordnungen blind zu gehorchen. Er offenbart sich als Heiland der Menschheit, als Bruder, als unser älterer Bruder, Sohn des Vaters: er präsentiert sich als der, der den Erwartungen und Verheißungen der Freude entspricht, die im Herzen eines jeden von uns wohnen.
So können wir uns fragen: Kenne ich den Herrn wirklich auf diese Weise? Spüre ich seine Nähe zu mir, zu meinem Leben? Antworte ich ihm auf der Wellenlänge jener bräutlichen Liebe, die er alle Tage einem jeden, wirklich jedem Menschen zeigt? Es geht darum, sich darüber klar zu werden, dass Jesus uns sucht und uns einlädt, ihm im Innersten unseres Herzens Raum zu geben. Und auf diesem Glaubensweg werden wir nicht allein gelassen: wir haben das Geschenk des Blutes Christi empfangen. Die großen steinernen Krüge, die Jesus mit Wasser füllen lässt, um es in Wein zu verwandeln (V. 7), sind Zeichen für den Übergang vom Alten zum Neuen Bund: anstelle des für die rituelle Reinigung verwandten Wassers haben wir das Blut Jesu empfangen, das sakramental in der Eucharistie und auf blutige Weise in der Passion und am Kreuz vergossen wird. Die Sakramente, die dem Paschageheimnis entspringen, gießen in uns die übernatürliche Kraft aus und erlauben es uns, die unendliche Barmherzigkeit Gottes zu verkosten.
Die Jungfrau Maria, Vorbild in der Betrachtung der Worte und Gesten des Herrn, helfe uns, gläubig die Schönheit und den Reichtum der Eucharistie und der anderen Sakramente wiederzuentdecken, die die treue Liebe Gottes zu uns gegenwärtig machen. So werden wir es vermögen, uns immer mehr in Jesus, den Herrn, unseren Bräutigam, zu verlieben und ihm mit den brennenden Lampen unseres frohen Glaubens entgegenzugehen, um so zu seinen Zeugen in der Welt zu werden.
Nach dem Angelusgebet:
Liebe Brüder und Schwestern, heute begehen wir den Welttag des Migranten und Flüchtlings, der im Kontext des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit auch als Jubiläum der Migranten gefeiert wird. Ich freue mich daher, mit großer Zuneigung die hier anwesenden ethnischen Gemeinschaften grüßen zu können, euch alle, die ihr aus verschiedenen Regionen Italiens und vor allem aus Latium kommt. Liebe Migranten und Flüchtlinge, jeder von euch trägt eine Geschichte, eine Kultur, kostbare Werte in sich; und leider oft auch Erfahrungen des Elends, der Unterdrückung, der Angst. Eure Anwesenheit auf diesem Platz ist Zeichen der Hoffnung auf Gott. Lasst euch die Hoffnung und die Lebensfreude nicht wegnehmen, die der Erfahrung der göttlichen Barmherzigkeit entspringen, dies auch dank der Menschen, die euch aufnehmen und euch beistehen. Das Durchschreiten der Heiligen Pforte und die heilige Messe, die ihr in Kürze feiern werdet, mögen euer Herz mit Frieden erfüllen. Bei dieser Messe möchte ich – und auch ihr mit mir – den Häftlingen des Gefängnisses von Opera für das Geschenk der Hostien danken, die von ihnen hergestellt wurden und in dieser Messfeier Verwendung finden. Wir grüßen sie alle zusammen mit einem Applaus von hier aus…
Voll Zuneigung grüße ich euch alle, die Pilger aus Italien und anderen Ländern: besonders den Kulturverein Napradek aus Sarajewo; die spanischen Schüler aus Badajoz und Palma de Mallorca; und die Jugendlichen aus Osteria Grande (Bologna). Jetzt lade ich euch ein, alle gemeinsam ein Gebet an Gott für die Opfer der Attentate zu richten, die in den letzten Tagen in Indonesien und in Burkina Faso verübt wurden. Der Herr nehme sie in sein Haus auf und stütze den Einsatz der internationalen Gemeinschaft für den Aufbau des Friedens. Beten wir zur Gottesmutter: »Gegrüßet seist du, Maria…« Allen wünsche ich einen schönen Sonntag. Bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!
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