Praedicate Evangelium:
ORGANE DER GERICHTSBARKEIT
Art. 189
§ 1. Der Dienst der Organe der Gerichtsbarkeit ist eine der
wesentlichen Funktionen in der Regierung der Kirche. Das Ziel
dieses Dienstes, der von jedem der Organe im Rahmen ihrer
eigenen Zuständigkeit ausgeübt wird, ist die der Kirche eigene
Sendung: das Reich Gottes zu verkünden und anbrechen zu lassen
und durch die mit kanonischer Billigkeit angewandte
Rechtsordnung für das Heil der Seelen zu wirken, das in der
Kirche immer das oberste Gesetz ist.
§ 2. Ordentliche Gerichtsorgane sind die Apostolische
Pönitentiarie, das Oberste Gericht der Apostolischen Signatur
und das Gericht der Römischen Rota. Die drei Organe sind
voneinander unabhängig.
Apostolische Pönitentiarie
Art. 190
§ 1. Die Apostolische Pönitentiarie ist zuständig für alle
Angelegenheiten, die das Forum internum betreffen, sowie für
die Ablässe als Ausdruck der göttlichen Barmherzigkeit.
§ 2. Sie wird vom Großpönitentiar verwaltet, der vom Regenten
unterstützt wird. Ihnen stehen einige Beamte zur Seite.
Art. 191
Für das Forum internum, sei es sakramental, sei es nicht
sakramental, gewährt sie Absolutionen von den Zensuren,
Dispensen, Umwandlungen, Heilungen, Nachlässe und andere
Gnadenerweise.
Art. 192
§ 1. Die Apostolische Pönitentiarie sorgt dafür, dass in den
Päpstlichen Basiliken Roms eine genügende Zahl von
Pönitentiaren vorhanden ist, die mit den erforderlichen
Befugnissen ausgestattet sind.
§ 2. Sie beaufsichtigt die ordnungsgemäße Ausbildung der
Pönitentiare, die in den Päpstlichen Basiliken und andernorts
ernannt werden.
Art. 193
Der Apostolischen Pönitentiarie ist, unbeschadet der
Zuständigkeiten des Dikasteriums für die Glaubenslehre für
die Prüfung aller Fragen der Lehre und des Dikasteriums für
den Gottesdienst und die Sakramentenordnung im rituellen
Bereich, alles anvertraut, was die Gewährung und den Gebrauch
von Ablässen anbelangt.
Oberstes Gericht der Apostolischen Signatur
Art. 194
Die Apostolische Signatur übt die Funktion des obersten
Gerichts der Kirche aus und sorgt ebenso für die
ordnungsgemäße Rechtspflege in der Kirche.
Art. 195
§ 1. Das Oberste Gericht der Apostolischen Signatur besteht aus
Kardinälen, Bischöfen und Priestern, die vom Papst für eine
Amtszeit von fünf Jahren ernannt werden, und wird vom
Kardinalpräfekten geleitet.
§ 2. Bei der Abwicklung der Geschäfte des Gerichts wird der
Präfekt von einem Sekretär unterstützt.
Art. 196
Die Apostolische Signatur urteilt als Gericht der ordentlichen
Gerichtsbarkeit über:
1. Nichtigkeitsbeschwerden und Anträge auf Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gegen Urteile der Römischen Rota;
2. Beschwerden in Personenstandssachen gegen die Ablehnung einer
neuen Behandlung der Klage durch die Römische Rota;
3. Befangenheitseinreden und andere Einwendungen gegen die
Richter der Römischen Rota wegen ihrer Amtsausübung;
4. Kompetenzstreitigkeiten zwischen Gerichten, die nicht
demselben Berufungsgericht unterstehen.
Art. 197
§ 1. Als Verwaltungsgericht der Römischen Kurie entscheidet die
Apostolische Signatur über Beschwerden gegen Verwaltungsakte
für Einzelfälle, die von den Dikasterien und dem
Staatssekretariat erlassen oder von diesen gebilligt worden
sind, und zwar jedes Mal dann, wenn fraglich ist, ob der
beanstandete Akt inhaltlich oder verfahrensmäßig irgendein
Gesetz verletzt hat.
§ 2. In diesen Fällen kann die Apostolische Signatur auch,
neben dem Urteil über die Unrechtmäßigkeit, sofern der
Beschwerdeführer das verlangt, über die Wiedergutmachung von
Schäden entscheiden, die durch den betreffenden Akt entstanden
sind.
§ 3. Sie richtet auch in sonstigen Verwaltungsstreitigkeiten,
die ihr vom Papst oder von den kurialen Einrichtungen
übertragen werden. Schließlich entscheidet sie bei
Kompetenzkonflikten, die zwischen den Dikasterien sowie zwischen
diesen und dem Staatssekretariat auftreten.
Art. 198
Die Apostolische Signatur ist als Verwaltungsorgan der Justiz in
Disziplinarangelegenheiten auch zuständig:
1. die geordnete Amtsführung im Gerichtsbereich in den
verschiedenen kirchlichen Gerichten zu überwachen und
erforderlichenfalls gegen Gerichtspersonal, Anwälte oder
Prozessbevollmächtigte einzuschreiten;
2. über die an den Apostolischen Stuhl gerichteten Bitten zu
entscheiden, mit denen die Überweisung einer Sache an die
Römische Rota erreicht werden soll;
3. über jedes Ersuchen im Zusammenhang mit der Rechtspfle- ge
zu entscheiden;
4. die Zuständigkeit der untergeordneten Gerichte zu
prorogieren;
5. die Genehmigung des Berufungsgerichts zu erteilen, sowie,
sofern es dem Heiligen Stuhl vorbehalten ist, die Genehmigung
zur Errichtung von
interdiözesanen/intereparchialen/interrituellen, regionalen,
nationalen und, falls erforderlich, übernationalen Gerichten.
Art. 199
Die Apostolische Signatur richtet sich nach ihrem eigenen
Gesetz.
Gericht der Römischen Rota
Art. 200
§ 1. Das Gericht der Römischen Rota, das gewöhnlich als
höhere Instanz im Fall der Berufung an den Apostolischen Stuhl
tätig wird, um die Rechte der Kirche zu schützen, sorgt für
die Einheitlichkeit der Rechtsprechung und hilft durch die
eigenen Urteile den untergeordneten Gerichten.
§ 2. Beim Gericht der Römischen Rota ist ein Amt eingerichtet,
das dafür zuständig ist, über die Tatsache des Nichtvollzugs
der Ehe und das Vorliegen eines gerechten Grundes für die
Erteilung der Dispens zu urteilen.
§ 3. Dieses Amt ist auch nach Maßgabe des allgemeinen und
eigenen Rechts, je nach den verschiedenen Fällen, für die
Beurteilung der Nichtigkeit einer heiligen Weihe zuständig.
Art. 201
§ 1. Das Gericht hat eine kollegiale Struktur und setzt sich aus
einer gewissen Anzahl von Richtern zusammen, die durch rechten
Glauben, Kompetenz und Lebenserfahrung ausgewiesen sind und vom
Papst aus verschiedenen Teilen der Welt ernannt werden.
§ 2. Dem Kollegium des Gerichts steht als primus inter pares der
Dekan vor, der vom Papst aus den Reihen der Richter ausgewählt
und auf fünf Jahre ernannt wird.
§ 3. Das Amt für Dispensverfahren für die gültige, aber nicht
vollzogene Ehe und für die Weihenichtigkeitsfälle wird vom
Dekan geleitet, der von eigenen Beamten, beauftragten
Kommissaren und Konsultoren unterstützt wird.
Art. 202
§ 1. Das Gericht der Römischen Rota urteilt in zweiter Instanz
über die von den ordentlichen Gerichten erster Instanz
entschiedenen Sachen, die durch rechtmäßige Berufung an den
Heiligen Stuhl herangetragen wurden.
§ 2. Es urteilt in dritter oder höherer Instanz über Sachen,
die von der Römischen Rota selbst und von anderen Gerichten
schon entschieden worden sind, außer sie sind in Rechtskraft
erwachsen.
Art. 203
§ 1. Das Gericht der Römischen Rota urteilt in erster Instanz:
1. über Bischöfe in Streitsachen, sofern es sich nicht um
Rechte oder Vermögen einer juristischen Person handelt, die vom
Bischof vertreten wird;
2. über die Abtprimaten oder höheren Äbte einer monastischen
Kongregation oder die obersten Leiter von Instituten des
geweihten Lebens und Gesellschaften apostolischen Lebens
päpstlichen Rechts;
3. über Diözesen/Eparchien oder sonstige physische oder
juristische kirchliche Personen, die keinen Oberen unterhalb des
Papstes haben;
4. in allen Sachen, die der Papst diesem Gericht überwiesen
hat.
§ 2. Sofern nichts anderes festgelegt ist, richtet es in diesen
Sachen auch in zweiter und höherer Instanz.
Art. 204
Das Gericht der Römischen Rota richtet sich nach seinem
besonderen Gesetz.
|