Das Staatssekretariat ist jene Behörde der Römischen Kurie, die am engsten dem Papst bei der Ausübung seiner höchsten Gewalt zur Seite steht (Pastor Bonus, Art. 39).
Die geschichtlichen Ursprünge des Staatssekretariats gehen auf das 15. Jahrhundert zurück. Mit der Apostolischen Konstitution Non debet reprehensibile vom 31. Dezember 1487 wurde die Secretaria Apostolica gegründet, die aus 24 Apostolischen Sekretären bestand, von denen einer Secretarius domesticus genannt wurde und eine hervorgehobene Stellung einnahm. Man kann die Kanzlei der Breven, das Sekretariat der Breven an fürstliche Personen und das Sekretariat der lateinischen Briefe auf diese Secretaria Apostolica zurückführen.
Leo X. richtete eine weitere Stelle ein, nämlich die des Secretarius intimus, der dem Kardinal bei der Leitung der staatlichen Angelegenheiten behilflich sein sollte und für die Korrespondenz in italienischer Sprache verantwortlich war, insbesondere mit den Apostolischen Nuntien, die damals mit diplomatischen Aufgaben und einem festen Sitz ausgestattet wurden. So begann das Staatssekretariat sich zu entwickeln, in besonderer Weise während der Zeit des Konzils von Trient.
Der Secretarius intimus, der auch Secretarius Papae oder Secretarius maior genannt wurde, war lange Zeit hindurch fast immer ein Prälat, der nicht selten die Bischofswürde innehatte. Doch zu Beginn des Pontifikates von Innozenz X. wurde in dieses hohe Amt eine Persönlichkeit berufen, die schon mit dem Purpur bekleidet war und nicht zu seiner Verwandschaft gehörte. Innozenz XII. hat dann endgültig das Amt des Kardinalnepoten abgeschafft und der Kardinalstaatssekretär übernahm allein die Machtbefugnis.
Am 19. Juli 1814 rief Pius VII. die Heilige Kongregation für die außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten ins Leben und erweiterte somit die Kongregation Super negotiis ecclesiasticis regni Galliarum, die von Pius VI. im Jahre 1793 gegründet worden war. Der heilige Papst Pius X. hat mit der Apostolischen Konstitution Sapienti Consilio vom 29. Juni 1908 die Heilige Kongregation für die außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten im Sinne des Codex Iuris Canonici vom 1917 (Can. 263) aufgeteilt und die jeweiligen Kompetenzen der drei Sektionen festgelegt: die erste Sektion war wesentlich für die außerordentlichen Angelegenheiten zuständig, die zweite für die ordentlichen Angelegenheiten, die dritte schließlich, die früher eine eigenständige Behörde gewesen war (Kanzlei der Apostolischen Breven), hatte die Aufgabe, die Päpstlichen Breven vorzubereiten und zu versenden.
Paul VI. kam mit der Apostolischen Konstitution Regimini Ecclesiae Universae vom 15. August 1967 dem Wunsch der Väter des II. Vatikanischen Konzils nach und reformierte die Römische Kurie. Dabei gab er auch dem Staatssekretariat ein neues Gesicht. So wurde die dritte Sektion (Kanzlei der Apostolischen Breven) aufgehoben, und die frühere erste Sektion, die Heilige Kongregation für die außerordentlichen kirchlichen Angelegenheiten in eine vom Staatssekretariat zwar unterschiedene, aber mit ihm eng verbundene Behörde umgewandelt. Diese erhielt den Namen Rat für die Öffentlichen Angelegenheiten der Kirche.
Johannes Paul II. hat am 28. Juni 1988 die Apostolische Konstitution Pastor Bonus promulgiert, mit der er im Zuge einer Kurienreform das Staatssekretariat in zwei Sektionen unterteilte: Die Sektion für die Allgemeinen Angelegenheiten und die Sektion für die Beziehungen mit den Staaten; in diese ist der Rat für die Öffentlichen Angelegenheiten der Kirche aufgegangen. Auf diese Weise wurden einerseits die Einzigartigkeit, andererseits die differenzierte Eigenart des Dienstes, den das Staatssekretariat dem Papst zu leisten hat, gewährleistet.
Dem Staatssekretariat steht ein Kardinal mit dem Titel Staatssekretär vor. Als erster Mitarbeiter des Papstes in der Leitung der universalen Kirche kann der Kardinalstaatssekretär als der höchste Repräsentant der diplomatischen und politischen Aktivitäten des Heiligen Stuhls betrachtet werden, der unter bestimmten Umständen die Person des Papstes selbst vertritt.
Die Sektion für die Allgemeinen Angelegenheiten
Gemäß Art. 41-44 der Apostolischen Konstitution Pastor Bonus besteht die Aufgabe, die der Sektion für die Allgemeinen Angelegenheiten oder Ersten Sektion zukommt, darin, dem Papst in den Fragen seines täglichen Dienstes behilflich zu sein, der sich sowohl auf die Sorge um die universale Kirche als auch auf die Beziehungen zu den Dikasterien der Römischen Kurie bezieht. Die Erste Sektion besorgt die Redaktion der Dokumente, die der Heilige Vater ihr anvertraut. Sie bearbeitet die Unterlagen für die Ernennungen der Römischen Kurie und bewahrt das Bleisiegel sowie den Fischerring auf. Sie regelt die Aufgaben und Tätigkeiten der Vertreter des Heiligen Stuhls, vor allem gegenüber den Ortskirchen. Sie erledigt alles, was die Botschaften beim Heiligen Stuhl betrifft. Sie beaufsichtigt die offiziellen Mitteilungsorgane des Heiligen Stuhls und besorgt die Veröffentlichung der ÂÂActa Apostolicae SedisÂÂ und des ÂÂAnnuario PontificioÂÂ.
Die Erste Sektion des Staatssekretariats wird von einem Erzbischof geleitet, dem Substituten für die Allgemeinen Angelegenheiten, der von einem Prälaten, dem Assessor für die Allgemeinen Angelegenheiten, unterstützt wird. Das Amt des Substituten erscheint in der hierarchischen Ordnung des Staatssekretariats im Jahre 1814.
Die Sektion für die Beziehungen mit den Staaten
Der Sektion für die Beziehungen mit den Staaten oder Zweiten Sektion kommt die eigene Aufgabe zu, gemäß Art. 45-47 der Apostolischen Konstitution Pastor Bonus die Angelegenheiten zu erledigen, die mit den Regierungen verhandelt werden müssen. In der Kompetenz der Zweiten Sektion liegen: die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhls mit den Staaten, der Abschluß von Konkordaten und ähnlicher Abkommen inbegriffen; die Vertretung des Heiligen Stuhls bei internationalen Organisationen und Konferenzen; in besonderen Fällen und im Auftrag des Papstes nach Anhörung der zuständigen Dikasterien der Kurie die Besetzung, Errichtung oder Veränderung der Teilkirchen; in enger Zusammenarbeit mit der Kongregation für die Bischöfe die Bischofsernennungen in den Ländern, die mit dem Heiligen Stuhl Konkordate oder Abkommen internationalen Rechts geschlossen haben.
Die Anfänge dieser Sektion gehen auf die Kongregation Super negotiis ecclesiasticis regni Galliarum zurück, die von Pius VI. mit der Konstitution Sollicitudo omnium ecclesiarum am 28. Mai 1793 errichtet worden war, um jene Probleme zu behandeln, die sich der Kirche mit der französischen Revolution stellten. Im Jahre 1814 hat Pius VII. die Kompetenz dieser Kongregation auf die ganze Welt ausgeweitet und ihr den Titel Congregatio extraordinaria praeposita negotiis ecclesiasticis orbis catholici gegeben. Einige Jahre später hat sie Leo XII. in Congregatio pro negotiis ecclesiasticis extraordinariis umbenannt. Dieser Name ist bis zum Jahre 1967 geblieben, als Paul VI. dieses Organ vom Staatssekretariat unterschied und Rat für die Öffentlichen Angelegenheiten der Kirche nannte, der später von der jetzigen Sektion der Beziehungen mit den Staaten ersetzt werden sollte.
Die Zweite Sektion des Staatssekretariats wird von einem Erzbischof geleitet, dem Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten, der von einem Prälaten, dem Untersekretär für die Beziehungen mit den Staaten, unterstützt wird. Außerdem wirken Kardinäle und Bischöfe mit.