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S.P. 42: Libro d'Ore "Borromeo" miniato da Cristoforo de Predis, Sec.XV
Biblioteca Ambrosiana

NEUNTE STATION
Jesus
begegnet den Frauen von Jerusalem

   

V/. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.
L. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.


Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. 23, 27-31

Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte: »Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder! Denn es kommen Tage, da wird man sagen: Wohl den Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben. Dann wird man zu den Bergen sagen: Fallt auf uns!, und zu den Hügeln: Deckt uns zu! Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden?«

BETRACHTUNG

An jenem Freitag im Frühling drängten sich auf dem Weg, der nach Golgota führte, nicht nur die Nichtstuer, die Neugierigen und die Jesus feindlich gesinnten Menschen. Da ist nämlich auch eine Gruppe Frauen, die vielleicht einer Gemeinschaft angehören, deren Aufgabe der Trost und die rituelle Wehklage für die Sterbenden und die zum Tode Verurteilten ist. Während seines irdischen Lebens hatte Christus, indem er sich über gesellschaftliche Konventionen und Vorurteile hinwegsetzte, oft Frauen um sich gehabt, mit ihnen gesprochen und ihren kleinen und großen Problemen Gehör geschenkt: vom Fieber der Schwiegermutter des Petrus bis hin zum großen Unglück der Witwe von Naïn, von der weinenden Prostituierten bis hin zum inneren Kampf der Maria aus Magdala, von der Zuneigung Martas und Marias bis hin zu den Leiden der Frau, die an Blutungen litt, von der jungen Tochter des Jaïrus bis hin zur alten Frau mit dem verkrümmten Rücken, von der vornehmen Dame Johanna, der Frau des Chuzas, bis hin zur armen Witwe und zu den Frauen in der Menge, die ihm folgte.

Um Jesus herum drängen sich also bis zu seiner letzten Stunde viele Mütter, Töchter und Schwestern. In Gedanken stellen wir jetzt auch all die gedemütigten und vergewaltigten Frauen an seine Seite, diejenigen, die ausgegrenzt und unwürdigen Stammespraktiken unterworfen sind, die Frauen, die angesichts ihrer Mutterschaft eine Krise erleben und allein sind, die jüdischen und die palästinensischen Mütter und diejenigen aller Länder, in denen Krieg herrscht, die Witwen und die alten Frauen, die von ihren Kindern vergessen wurden…Es ist eine große Schar von Frauen, die vor einer gefühlsarmen und erbarmungslosen Welt Zeugnis ablegt von der Gabe der Zärtlichkeit und des Mitgefühls, so wie sie es für den Sohn Marias an jenem späten Vormittag in Jerusalem taten. Sie lehren uns die Schönheit der Gefühle: Man muß sich nicht schämen, wenn das Herz vor Mitleid schneller schlägt, wenn manchmal Tränen in die Augen steigen, wenn man das Bedürfnis nach einer zärtlichen Geste und einem Wort des Trostes verspürt.

* * *

Jesus übersieht nicht die liebevolle Beachtung, die diese Frauen ihm schenken, ebenso wie er einst andere zarte Gesten entgegengenommen hatte. Aber paradoxerweise ist er es jetzt, der Anteilnahme zeigt an den Leiden, die jenen »Frauen von Jerusalem« bevorstehen: »Weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder!«. In der Tat zeichnet sich am Horizont ein Brand ab, der niedergehen wird auf das Volk und auf die Heilige Stadt, »ein dürres Holz«, das bereit liegt, um das Feuer zu schüren.

Der Blick Jesu richtet sich in die Zukunft, auf das göttliche Urteil gegen das Böse, die Ungerechtigkeit, den Haß, die jene Flamme nähren. Christus rührt der Schmerz an, der über diese Mütter hereinbrechen wird mit dem gerechten Eingreifen Gottes in die Geschichte. Aber seine bebenden Worte besiegeln kein verzweifeltes Schicksal, denn seine Stimme ist die Stimme der Propheten, und diese bringt nicht Sterben und Tod hervor, sondern Umkehr und Leben: »Sucht den Herrn, dann werdet ihr leben … Dann freut sich das Mädchen beim Reigentanz, jung und alt sind fröhlich. Ich verwandle ihre Trauer in Jubel, tröste und erfreue sie«[1].

Alle:

Pater noster, qui es in caelis
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Eia, mater, fons amoris,
me sentire vim doloris
fac, ut tecum lugeam
.

 


[1] Amos 5,6; Jeremia 31,13.

 

© Copyright 2007 - Libreria Editrice Vaticana

   

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