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AMT FÜR DIE LITURGISCHEN FEIERN DES PAPSTES

KREUZWEG
MIT PAPST JOHANNES PAUL II.
AM KOLOSSEUM IN ROM

KARFREITAG 2002

Ilustrazione tratta da una serie di 18 smalti di Limoges dipinti su piastre di rame conservati nei Musei Vaticani.

DIE TEXTE DER KREUZWEGBETRACHTUNG
WURDEN VORBEREITET VON:

John M. Thavis (Vereinigte Staaten von Amerika)
Alexej Bukalov (Russische Föderation)
Henri Trincq (Frankreich)
Greg Burke (Vereinigte Staaten von Amerika)
Angel Gómez Fuentes (Spanien)
Erich Kusch (Bundesrepublik Deutschland)
Hiroshi Miyahira (Japan)
Jacek Moskwa (Polen)
Marina Ricci (Italien)
Aura Miguel (Portugal)
Luigi Accattoli (Italien)
Sophie de Ravinel (Frankreich)
Valentina Alazraki (Mexiko)
Marie Czernin (Österreich)

—————

EINFÜHRUNG

Jedes Jahr versammelt sich die Gemeinschaft der Christen in Rom zusammen mit zahllosen Pilgern aus der ganzen Welt am Abend des Karfreitags, dem liturgischen Gedenken des Leidens und Sterbens des Herrn, beim Kolosseum um den Nachfolger Petri zum traditionellen frommen Brauch des Kreuzweges.

Millionen Gläubige nehmen über das Fernsehen an dieser Stunde der Besinnung und des Gebetes teil. Die Stadt und der Erdkreis sind gewissermaßen um das Geheimnis des Leidens und des Todes des Herrn versammelt, das in Bibellesungen, Gebeten, Kommentaren und Gesängen dargestellt wird. Der Weg des Kreuzes führt aus dem Inneren des Kolosseums bis zu den Abhängen des Palatin.

Die vierzehn Stationen verlaufen, wie schon andere Male in den letzten Jahren, nach einem streng biblischen Schema mit Texten, die vorwiegend dem Markusevangelium entnommen sind.

Jedes Jahr lädt der Heilige Vater Personen verschiedener Nationalität und verschiedener Kirchen oder kirchlicher Gemeinschaften ein, die Kreuzweg-Stationen zu kommentieren. Das Neue an den Kommentaren der Via Crucis 2002 ist die Vielfalt der Autoren: Vierzehn Journalisten und im Bereich der sozialen Kommunikation tätige Männer und Frauen, durchweg Laien aus verschiedenen Nationen, die beim Pressesamt des Heiligen Stuhls akkreditiert sind, Korrespondenten bekannter Zeitungen und Fernsehnetze, die die Tagesereignisse mitverfolgen, aber auch für die Welt des Geistes empfänglich sind, ausgebildet in der klaren, nüchternen Sprache der “Medien”, vertraut mit der Übertragung der Tagesnachrichten. Sie haben es verstanden, das Geheimnis des Jesus von Nazareth mit den Ereignissen der Zeitgeschichte zu verbinden: Menschen und Gesichter, Umstände und Orte unserer Welt stellen auch einen täglichen Kreuzweg dar, wo Christus lebt und noch immer in so vielen unserer Brüder und Schwestern leidet: in den Kleinen und in den Armen, in den Entrechteten und in den Kranken, in den Gefangenen und in den Verfolgten, in den Obdachlosen und Heimatlosen. Oft verbindet die Meditation zu den einzelnen Stationen die Geschichte Jesu von Nazareth mit jener der Männer und Frauen unserer Zeit, den Opfern von Gewalt, Krieg, Verfolgung und Terrorismus.

Den Journalistinnen wurde der Kommentar zu den Stationen übertragen, in denen die Frauen - Maria, die Mutter Jesu, die Jüngerinnen, die dem Meister bis nach Golgota folgten, die Töchter Jerusalems - Hauptfiguren und Zeugen verschiedener Episoden der Passionsgeschichte des Herrn sind.

Auch heute - das haben die Kommentatoren dieser Via Crucis 2002 schön zum Ausdruck gebracht - erstrahlt im Angesicht Christi das Angesicht Gottes. An seinem Leiden und Sterben lassen sich die Leiden der Menschheit ablesen. In den gefolterten Gesichtern von Männern und Frauen unserer Zeit bricht das Gesicht des angeklagten, verspotteten, gekreuzigten Christus durch. Aber sein österlicher Sieg, sein Triumph über das Böse und über den Tod ist eine Hoffnung für die ganze Menschheit, Verheißung und Vorwegnahme eines neuen Lebens.


ERÖFFNUNGSGEBET

Der Heilige Vater:

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

R/. Amen.

Brüder und Schwestern!

Schon ist der Abend hereingebrochen,
der Abend des Karfreitags 2002.
Wieder schickt sich die Kirche von Rom an,
den letzten Abschnitt des Lebens Christi
im Hören des Wortes nachzuerleben:
vom Ölberg bis zu dem im Garten neu ausgehobenen Grab.

* * *

Via Crucis

Schmerzvoller Weg,
den Christus im Gehorsam
gegenüber dem Heilsplan des Vaters geht.
Sein und unser Weg:
»Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst,
nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach« (Mt 16,24).

Via Crucis

Ort der Offenbarung der dreifaltigen Liebe:
des Vaters, der »die Welt so sehr geliebt hat,
daß er seinen einzigen Sohn hingab« (Joh 3,16);
des Sohnes, der seine Freunde so geliebt hat,
daß er sein Leben für sie hingab (vgl. Joh 15,13);
des Geistes des Friedens, der Barmherzigkeit und des Trostes.

Via Crucis

Schule eines evangeliumsgemäßen Lebens,
wo der Schüler, den Blick auf den Gekreuzigten gerichtet,
lernt, wie man Gott über alles liebt
und sein Leben für die Brüder hingibt;
wie Kränkung durch Vergebung besiegt
und Bösem mit Gutem vergolten wird;
wie sich das Herz dem Freund öffnet
und sich die Pein des Gequälten lindert.

Via Crucis

Gebet um Versöhnung und Frieden,
damit die in Asien, in Afrika und im Nahen Osten
ausgetragenen schwerwiegenden Konflikte ein Ende finden,
das Blutvergießen aufhöre
und durch das Wirken des Geistes
die Hartherzigkeit gebrochen werde
und »sich die Feinde dem Dialog öffnen,
die Gegner einander die Hand reichen,
und die Völker sich in Eintracht begegnen« (Röm. Lit.).

* * *

Der Heilige Vater:

Friede sei allen in der Nähe und in der Ferne!
Friede sei dir, Jerusalem,
vom Herrn geliebte Stadt!
Friede sei dir, Rom,
Stadt der vielen Märtyrer,
Wurzel der christlichen Kultur!


Laßt uns beten.

Kurze Stille.

Heiliger und barmherziger Vater,
laß uns voll Glaube und Liebe
noch einmal den Kreuzweg gehen,
damit wir in Anteilnahme am Leiden und Sterben Christi
mit ihm zur Herrlichkeit deines Reiches
gelangen können.

Durch Christus unseren Herrn.

R/. Amen.

 

ERSTE STATION

Jesus in Todesangst im Garten Getsemani

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.14, 32-36

Sie kamen zu einem Grundstück, das Getsemani heißt. Und Jesus nahm Petrus, Jakobus und Johannes mit sich. Da ergriff ihn Furcht und Angst, und er sagte zu ihnen: »Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht!« Und er ging ein Stück weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, daß die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe. Er sprach: »Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst (soll geschehen)«.

 

MEDITATION

Der Olivenhain bietet heute Abend keinen Trost.
Das auf die Erde gedrückte Gesicht erregt Mitleid,
es quält die Angst, die schwer auf dem Herzen lastet.
Die Freunde, auserwählt als Gefährten, schlafen;
es sind dieselben, die versprochen hatten:
Wir werden immer bei dir sein, Jesus.
Auch die Versprechungen ruhen jetzt.
Noch kurz zuvor, nach dem Abendmahl, rühmte sich Petrus:
Auch wenn alle fliehen, ich werde bleiben.
Aber jetzt bringt er es nicht einmal fertig, seine Augen offen zu halten.
Diese letzten Schritte mußte Jesus allein gehen.
Der lange Weg der Worte und Wunder,
ein Weg, der von Menschen bevölkert gewesen war,
hat ihn hierher geführt:
an einen steinigen Erdenwinkel,
in eine unendliche Einsamkeit, die Angst macht.
Das Gesicht auf dem Boden: an dieser Szene ist nichts von Erhabenheit
außer der Aufrichtigkeit eines Menschen, der bekennt:
Meine Seele ist zu Tode betrübt.
Er, der die vom Wind aufgepeitschten Wogen beruhigt hatte,
kann jetzt selber keine Ruhe finden.
Der Sturm ist die Angst,
der ihm Herz und Sinne erschüttert,
so wie er die Seele von Millionen von Männern und Frauen erschüttert.
Gestern, heute und morgen.
Der Kampf kann lange dauern,
und hier in diesem Garten wird er erst enden,
wenn der Sohn zum Vater sagt:
»Was du willst soll geschehen«.
Tiefer Friede
wird diesem Gebet folgen.

GEBET

Jesus,

der du Getsemani voller Angst betreten
und es mit entschlossenem, beruhigtem Herzen verlassen hast,
tröste alle, die vor Angst stöhnen oder von Zweifeln erschüttert werden.
Du, der du unsere Schwachheit erfahren hast,
gewähre allen Verzweifelten auf Erden
Kraft und Hoffnung.
Du, der du jeden Tag
an der Seite derer wandelst, die vom Leben überlastet sind,
bleibe neben jedem von uns,
Schritt für Schritt.

Dir, Jesus,
auf der Erde liegend, das Gesicht blutüberströmt,
sei Ehre und Herrlichkeit,
zusammen mit dem Vater und dem Geist
in alle Ewigkeit.

R. Amen.

Alle:

Pater noster, qui es in caelis
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in caelo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimite nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Stabat mater dolorosa
iuxta crucem lacrimosa,
dum pendebat Filius.


ZWEITE STATION

Jesus, von Judas verraten, wird gefangengenommen

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.14, 43. 45-46

Noch während er redete, kam Judas, einer der Zwölf, mit einer Schar von Männern, die mit Schwertern und Knüppeln bewaffnet waren; sie waren von den Hohenpriestern, den Schriftgelehrten und den Ältesten geschickt worden. Er ging sogleich auf Jesus zu und sagte: »Rabbi!« Und er küßte ihn. Da ergriffen sie ihn und nahmen ihn fest.

MEDITATION

In jener tragischen finsteren Nacht von Getsemani,
»der Nacht, in der er ausgeliefert wurde«
(1 Kor 11,23),
weckt der Sohn Gottes in uns mit seinen Worten und Gesten
unterschiedliche, mitunter widersprüchliche Gefühle:
wir weisen hin auf die Fülle des geistlichen Gesprächs mit den Jüngern
und erleben die Freude über das gemeinsame Mahl;
wir betrachten die Höhepunkte hehrer Absichten
und erschaudern angesichts der Hinterhältigkeit des Verrates.


Kaum daß der verräterische Jünger vom Baum gefallen war,
kam der Teufel geflogen, näherte sich seinem Angesicht...
mit einem Kuß hat er die Lippen verbrannt,
die in der Nacht des Verrates Christus geküßt hatten.
Alexandr Puskin, russischer Dichter (1836)

Jesus, der weise und allsehend
dem Heilsplan des Vaters folgt,
opfert sich für die Befreiung des Menschengeschlechts.
Dem verräterischen Jünger bleibt allgemeine Verachtung in Ewigkeit,
die »Verdammnis des Judas«,
der dunkle Abgrund.
Aus Christi Tod
erblüht das neue Leben,
Gedächtnis und Ankündigung einer unvergänglichen Hoffnung:
das universale Heil.

GEBET

Herr Jesus,
zeige uns in unseren Spaltungen, der bitteren Frucht der Sünde,
den Weg zur Einheit,
den Weg, der zu der unsagbaren Fülle
des Evangeliums und der Erlösung führt.
Er soll den vom Vater festgelegten Zeitpunkt erreichen,
an dem die vergebende und einigende Liebe offenbar wird.
Du, weiser Meister des Lebens,
du, gütig und geduldig
angesichts des Verrates des Jüngers
und der Anmaßung der Herrschenden,
schenke uns
in diesen Tagen unfaßbarer Gewalt
und brutaler Gegnerschaft zwischen den Menschen
einen Strahl deiner Ruhe und deiner Gelassenheit.
Schenke uns das Empfinden für Frieden und Vergebung,
denn es gibt keinen Frieden ohne Vergebung,
es gibt keine Vergebung ohne Mitleid.
Dir, Jesus,
der du dem Freund, der dich verrät,
dein sanftes Antlitz zeigst,
sei Lob und Ehre,
mit dem Vater und dem Geist
jetzt und in Ewigkeit.

R. Amen.

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Cuius animam gementem,
contristatam et dolentem
pertransivit gladius.

DRITTE STATION

Jesus wird vom Hohen Rat zum Tod verurteilt

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.14, 55. 60-62. 64

Die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat bemühten sich um Zeugenaussagen gegen Jesus, um ihn zum Tod verurteilen zu können; sie fanden aber nichts.  Da stand der Hohepriester auf, trat in die Mitte und fragte Jesus: »Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?« Jesus sagte: »Ich bin es!« Und sie fällten einstimmig das Urteil: Er ist schuldig und muß sterben.

 

MEDITATION

Die Maschinerie der Justiz ist in Betrieb.
Jener Apparat, der ohne Beweise verurteilt, grundlos anklagt,
letztinstanzliche Urteile fällt, den Unschuldigen an die Wand drückt.
Pauschaljustiz,
Schnellverfahren in den modernen Diktaturen
und in Kriegssituationen.
Bisweilen wird diese Rechtsprechung - höchste Gotteslästerung! -
im Namen jenes Gottes vollzogen, der Vergebung und Gnade gewährt.
Jesus vor dem Richter.
Wie alle Opfer von Willkür,
mutmaßliche Beschuldigte für Taten aus Gewissensgründen.
Sie leisten Widerstand, sie beugen sich nicht dem Joch des Systems,
des Zwanges, der die Persönlichkeit und ihre Identität
unterdrückt und vernichtet.
Identitätskontrolle: »Wer bist du?«

Jeder, der im Gefängnis eintrifft, erhält eine Nummer.
Ständig muß er seine Registriernummer vorzeigen,
die Erkennungsmarke aushändigen.
In der Stunde der Willkür
ist es Aufgabe und Stolz der Kirche, ihm zu sagen,
daß er keine Nummer ist,
daß jeder Mensch das Recht hat, bei seinem Namen gerufen zu werden.
»Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?«
(Mk 14, 61).
Die Antwort ist leuchtend klar: »Ich bin es!« (Mk 14, 62).
Seine Identität anzugeben und seinen Glauben zu verkündigen,
sind mitunter strafbare, ja todeswürdige Handlungen.
Aber wie viele sind es, die Gott suchen?
Wie viele, die ihn hinter Gefängnisgittern suchen?
Wie viele im Gefängnis ihres Lebens, ihrer Leiden?
Wie viele in der Verhöhnung, die sie ertragen, und in der Folter, die sie erduldet haben?
Männer und Frauen aller Gefängnisse,
gehetzt, gezeichnet, verwundet,
ohne Antwort auf die wesentlichen Fragen:
über den Sinn des Lebens und über das Böse,
über Reue, Vergebung und Rettung,
über das Geheimnis des Kreuzes und der Erlösung.
Volk aus Fleisch und Blut.
Land der Begegnungen, Gesichter, Stimmen, Schreie.
Land des Evangeliums.

GEBET

Jesus, es genügt, daß du sagst »Ich bin es«,
damit wir zu dir eilen.
In den Gefängnissen flehen Männer und Frauen zu dir.
Sie wachen die Nacht durch und beten.
Sie unterrichten uns über die Luft, die sie dort atmen,
über das Böse, das sie unterdrückt,
über die Freiheit, die sie suchen.
Höre ihre flehentliche Bitte.
Wenn sie nicht spüren, daß ihnen vergeben wird,
wenn sie sich nicht von dir und von uns geliebt fühlen,
wenn ihnen die Hoffnung versagt wird,
sind sie doppelt verurteilt, eingesperrt im Griff des Todes.
Gewähre ihnen, was du uns gewährt hast:
den Glauben an dich und an deine Gegenwart,
die Liebe zum Leben,
die Hoffnung auf eine neue Welt.
Gib uns und ihnen die Mittel, um dich zu suchen,
die Wartezeit anzunehmen und dich zu finden.
Dir, Jesus,
Guter Hirt und Herr unseres Lebens,
Freund mit gnädigem Angesicht,
sei der reine und dankbare Lobpreis,
zusammen mit dem Vater und dem Geist
in Zeit und Ewigkeit.

R. Amen.

 

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

O quam tristis et afflicta
fuit illa benedicta
Mater unigeniti!
VIERTE STATION

Jesus wird von Petrus verleugnet

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.14, 72

Gleich darauf krähte der Hahn zum zweitenmal, und Petrus erinnerte sich, daß Jesus zu ihm gesagt hatte: »Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen«. Und er begann zu weinen.

MEDITATION

Der Hahn kräht zum zweitenmal,
und die Tränen des Petrus fallen auf den Boden.
Was ist dem Kephas, dem Felsen, passiert?
Er hat seinen Erlöser verleugnet,
nicht einmal, nicht zweimal, sondern dreimal.
Wie sein Glaube wankte,
als er über das Wasser zu gehen versuchte,
so enthüllt Petrus noch einmal seine Schwachheit.
Er hatte leichtsinnig versprochen, lieber zu sterben
als seinen Meister zu verleugnen.
Aber schließlich brauchte es nur eine junge Magd,
damit er sich
seiner Freundschaft mit Jesus schämte.
Aber kaum kreuzt sich der Blick Jesu mit dem des Petrus,
erkennt der Apostel seinen traurigen Fehler.
Erniedrigt weint er und bittet Gott um Vergebung.
Es ist eine bittere Lektion, die Petrus zuteil wird:
selbst die engsten Freunde werden Jesus durch die Sünde beleidigen.
Das Krähen des Hahnes
wird für den Apostelfürsten nie mehr dasselbe sein:
es wird ihn immer an
seine Angst und seine Schwäche erinnern.

 

GEBET

Herr,
schenke uns ein demütiges und bußfertiges Herz.
Laß uns Tränen über unsere Schuld vergießen,
damit wir jedesmal, wenn wir uns von dir abgewandt haben,
in deine liebevolle Umarmung zurückkehren.
Laß uns von Petrus lernen,
nicht unseren Glauben für eine abgemachte Sache zu halten
noch uns anzumaßen, besser als die anderen zu sein.
Hilf uns, uns selbst zu erkennen, wie wir wirklich sind:
schwach, Sünder,
die ständig deiner Vergebung bedürftig sind.
Dir, Jesus,
der du mit freundlichem Gesicht den Freund anblickst,
sei Lob und Ehre,
zusammen mit dem Vater und dem Geist
in alle Ewigkeit.

R. Amen.

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Quae maerebat et dolebat
pia mater, cum videbat
Nati poenas incliti.

FÜNFTE STATION

Jesus wird von Pilatus gerichtet

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.15, 14-15

Die Menge schrie noch lauter: »Kreuzige ihn!« Darauf ließ Pilatus, um die Menge zufriedenzustellen, Barabas frei und gab den Befehl, Jesus zu geißeln und zu kreuzigen.

 

MEDITATION

»Ans Kreuz mit ihm!« (Mt 27, 22).
Dieses laute Geschrei ertönt
immer dann, wenn ein Mensch mißhandelt wird.
Jeden Tag verwandelt sich jeder von uns in einen Richter.
Wir meinen, wir hätten das Recht, über das Verhalten der anderen
zu richten und es zu verurteilen,
weigern uns aber, Objekt
fremden Tadels oder Urteils zu sein.
Wir finden immer eine Rechtfertigung
für unsere Schuld und unsere Irrtümer.
Jesus antwortet mit Schweigen
auf die Scheinheiligkeit und den Hochmut der Macht,
auf die Gleichgültigkeit derer,
die sich ihrer Verantwortung entziehen.
Er bestätigt damit, was er seine Jünger gelehrt hat:
»Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden.
Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden«
(Lk 6,37).
Jesus hat die Hände gefesselt,
aber er fühlt sich frei.
Während er das Geheimnis des Kreuzes annimmt,
weist er uns auf die wahre Liebe und die wahre Gerechtigkeit hin.

 

GEBET

Herr Jesus,
befreie uns von der Scheinheiligkeit und Gleichgültigkeit,
von der Versuchung, uns angesichts der Ungerechtigkeit
die Hände in Unschuld zu waschen.
Gewähre uns die nötige Demut,
um unsere Irrtümer zu erkennen.
Lehre uns, jeglichen Kompromiß
mit der Ungerechtigkeit und der Lüge abzulehnen.
Hilf uns, innerlich still zu werden,
um den Schrei der Leidenden zu hören.
Erleuchte diejenigen, die immer
eine Rechtfertigung für ihre Schuld suchen.
Uns allen,
Herr, der du dein Blut
als Preis für unsere Freiheit vergossen hast,
schenke deine Stimme,
damit wir sie erheben zur Verteidigung der Unterdrückten,
aller, die schweigend leiden,
auf daß Friede, Gerechtigkeit und Vergebung
in der Welt Wirklichkeit werden.
Dir, Jesus,Verurteilter mit dem unschuldigen Angesicht,
sei lauteres und dankbares Lob,
zusammen mit dem Vater und mit dem Geist
in Zeit und Ewigkeit.

R. Amen.

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Quis est homo qui non fleret,
matrem Christi si videret
in tanto supplicio?
SECHSTE STATION

Jesus wird gegeißelt und mit Dornen gekrönt

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.15, 15-19

Die Soldaten legten ihm einen Purpurmantel um und flochten einen Dornenkranz; den setzten sie ihm auf und grüßten ihn: »Heil dir, König der Juden!«. Sie schlugen ihm mit einem Stock auf den Kopf und spuckten ihn an, knieten vor ihm nieder und huldigten ihm.

MEDITATION

O Christus, du bist der wahre König,
aber die Menschen haben dich verspottet,
sie haben dich gekrönt,
nicht um dich zu verehren, sondern um dich zu schmähen.
Wir leiden mit dir, weil die Menschen
blind und taub sind für deine Heilsbotschaft.
Dein Reich ist nicht von dieser Welt,
aber wir Menschen erwarten für uns Gunst, Macht, Erfolg, Reichtum:
eine Welt ohne Leiden.
Wir jedoch bereiten den anderen Schmerz,
selbst den Ungeborenen und den Tieren.
Durch dein Opfer
hast du uns gelehrt, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen.
Als wahrer Mensch hast du unsägliche Schmerzen erlitten;
wenn wir dein Antlitz betrachten,
vermögen wir unsere Schmerzen zu ertragen,
in der Hoffnung, in dein Reich,
das wahre und einzige Reich, aufgenommen zu werden.

 

GEBET

O Jesus, unser König,
vergib uns unsere Inkonsequenz:
wir beweinen deinen Schmerz
und schlagen die anderen,
um unseren Egoismus durchzusetzen.
Sei für uns Verirrte sichere Führung,
für uns Schwache Stärke in der Prüfung,
für uns Wankelmütige Festigkeit in der Nachfolge.
Laß die Gewalt der Menschen
von deiner Sanftheit besiegen
und das unbegreifliche, im Glauben angenommene Leiden
zu einem Friedens- und Heilswerkzeug werden.
Dir, Jesus,
dornengekrönter König mit dem sanften und friedlichen Antlitz,
sei Lobpreis und Ehre,
zusammen mit dem Vater und dem Geist,
in der flüchtigen Zeit und in Ewigkeit.

R. Amen.

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Quis non posset contristari,
piam matrem contemplari
dolentem cum Filio?
SIEBTE STATION

Jesus wird das Kreuz aufgeladen

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.15, 20

Nachdem sie so ihren Spott mit ihm getrieben hatten, nahmen sie ihm den Purpurmantel ab und zogen ihm seine eigenen Kleider wieder an. Dann führten sie ihn hinaus, um ihn zu kreuzigen.

MEDITATION

Jesus hat jenes Kreuz
auf sich genommen, das
für jeden von uns bestimmt war.
Es erscheint unseren Augen
als das Symbol des Paradoxen und des Widerspruchs.
Obwohl Jesus vom Vater
mit Herrlichkeit und Macht ausgestattet worden war,
hatte er einen schrecklichen, unrühmlichen,
ja schändlichen Tod auf sich genommen.
Er wußte, daß das Kreuz der einzige Weg war,
um in die intime Vertrautheit des Menschen einzutreten;
sein gewaltsamer Tod das einzige Mittel,
um sanft in unsere Herzen einzuziehen.
Es ist schwierig, dieses Kreuz des Paradoxen
in die heutige, globalisierte Welt zu tragen,
die von der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Macht beherrscht wird.
Die Mächtigen der Welt verbünden sich,
um Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen,
um die armen und zermürbten Völker zu treffen.

Man rechtfertigt sogar den Terrorismus
im Namen der »Gerechtigkeit« und der »Verteidigung« der Armen.
Eine gewaltsame Botschaft
der Machthaber:
sie bricht gewaltsam in unser Herz ein,
und unser Herz erstarrt.
Auch für diesen großen Teil der leidenden Menschheit,
für die Opfer von Gewalt und Ungerechtigkeit
trägt Jesus das Kreuz.

GEBET

Herr,
gib uns die Kraft und den Mut,
im Alltagsleben und im beruflichen Engagement
dein Kreuz und deine Leiden zu teilen.
Flöße uns den Dienst- und Opfergeist ein,
damit wir nicht nach Macht und Ruhm streben,
sondern danach, Werkzeug der Solidarität und des Friedens
für diejenigen zu werden, die von der Gewalt
und der Ungerechtigkeit der Machthaber der Welt erdrückt werden.
Dir, Jesus,
beladen mit dem Kreuz, mit müdem Antlitz,
gilt unser Gruß voll anerkennendem Staunen,
zusammen mit dem Vater und dem Geist
von Ewigkeit zu Ewigkeit.

R. Amen.

 

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Pro peccatis suae gentis
vidit Iesum in tormentis
et flagellis subditum.
ACHTE STATION

Simon von Zyrene hilft Jesus das Kreuz tragen

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.15, 21

Einen Mann, der gerade vom Feld kam, Simon von Zyrene, den Vater des Alexander und des Rufus, zwangen sie, sein Kreuz zu tragen.

MEDITATION

Ein Mann, der vom Feld kam,
betrat Jerusalem aus Geschäftsgründen.
Ein seltsamer Zug versperrte ihm den Weg.
In einer engen Gasse drängten sich
Soldaten, weinende Frauen,
einige Fanatiker mit haßerfüllten Augen
und ein Verurteilter, der keine Kraft mehr hat,
den Schandpfahl auf seinen Schultern zu tragen.
Die Soldaten suchen jemanden,
der ihm diese Last abnehmen könnte.
Sie tun das nicht aus Mitleid:
sie müssen die Stunde der Hinrichtung einhalten.
Sie wählen den Ersten, der ihnen in die Hände kommt,
weil er recht kräftig zu sein scheint.
Ein Mann, der vom Feld kam,
betrat Jerusalem aus Geschäftsgründen.
Gewonnen hat er dabei
fünf Minuten in der Heilsgeschichte,
einen Satz im Evangelium.
Er hat umsonst die Last des Kreuzes kennengelernt.
Da enthüllt sich das Geheimnis.
Das Kreuz ist zu schwer für Gott,
der Mensch geworden ist.
Jesus braucht Solidarität.
Der Mensch braucht Solidarität.
Uns ist gesagt worden:
»Einer trage des anderen Last«
(Gal 6,2).

Solidarität.

 

GEBET

Herr,
du hast gesagt:»Wer mein Jünger sein will,
der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich
und folge mir nach«
(Mk 8, 34).
Wie kann ich das machen?
Lehre du mich dies
und besiege durch deine Gnade in mir
die Angst vor dem Haß der anderen,
die Angst vor dem Schmerz
die Angst vor einem einsamen Tod,
die Angst vor der Angst.
Herr, erbarme dich meiner Schwachheit.
Dir, Jesus,
entkräftet von der Mühe, das Gesicht von Müdigkeit gezeichnet,
gilt unsere solidarische und dankbare Liebe,
zusammen mit dem Vater und mit dem Geist,
mit denen du eins bist,
in der vergänglichen Zeit und in der unvergänglichen Ewigkeit.

R. Amen.

 

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Tui Nati vulnerati,
tam dignati pro me pati
poenas mecum divide.

NEUNTE STATION

Jesus begegnet den Frauen von Jerusalem

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Lukas. 23, 27-28. 31

Es folgte eine große Menschenmenge, darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten. Jesus wandte sich zu ihnen und sagte: »Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder. Denn wenn das mit dem grünen Holz geschieht, was wird dann erst mit dem dürren werden?«.

 

MEDITATION

Eine Totenklage begleitet
den Weg des zum Tode Verurteilten.
Entlang der Straße, die nach Golgota führt,
weinen und klagen die Frauen und schlagen sich an die Brust.
Sie wissen nicht, daß sie für ihre Tränen
die schreckliche Prophezeiung
über die kommende Zeit erhalten werden.
Weint nicht über mich.
Spart euer Klagen
für die kommenden Jahre und Tage,
denn wenn sie schon den Unschuldigen so behandeln,
was wird dann mit euch und euren Kindern geschehen?
Jesus kennt die Antwort auf die Frage,
die er an die Frauen von Jerusalem richtet.

Beladen mit dem Kreuz
wankt er unter der Last der Sünde und des Schmerzes der Menschen,
die er zu Brüdern haben wollte.
Er weiß schon, wie lange in der Geschichte
der Leidensweg ist, der zu den »Richtstätten« der Welt führt.

GEBET

Herr Jesus Christus,
der du die Tiefe unseres Herzens,
die in jedem Menschen angelegte
Fähigkeit zu Gut und Böse kennst,
lehre uns zu vergeben
und um Vergebung zu bitten,
um Mitleid mit uns selbst und mit den anderen zu haben.
Gedenke Jerusalems,
der von deiner Liebe gesegneten Stadt,
die vom Haß der Menschen zerrissen wird.
Schenke den Männern und Frauen
jenes Heiligen Landes
Frieden und Auferstehung.
Dir, Jesus,
in dessen Angesicht sich das Licht des Vaters
und die Sanftheit der Mutter widerspiegelt,
sei Lob und Ehre
zusammen mit dem ewigen Licht und der ewigen Liebe,
in der Zeit der Erwartung und in der ewigen Erfüllung.

R. Amen.

 

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Eia, mater, fons amoris,
me sentire vim doloris
fac, ut tecum lugeam.
ZEHNTE STATION

Jesus wird gekreuzigt

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.15, 24

Dann kreuzigten sie ihn. Sie warfen das Los und verteilten seine Kleider unter sich und gaben jedem, was ihm zufiel.

MEDITATION

Jesus wird gekreuzigt.
Seine Hände und seine Füße werden von unbarmherzigen Nägeln durchbohrt.
Nachdem man ihn seiner Kleider beraubt hat,
wird er jetzt von den Sünden der Welt bedeckt.
Aus Liebe läßt er sich kreuzigen,
in der Liebe gewinnt das menschliche Leiden Heilswert.
Getragen von dieser Gewißheit,
folgen Generationen von Männern und Frauen, Jungen und Alten
dem Gekreuzigten
in dieser radikalen Erfahrung der Liebe.
Die Wunden des Heilandes bluten heute noch immer;
sie werden verschlimmert durch die Nägel der Ungerechtigkeit,
der Lüge und des Hasses,
der Schmähungen, der Gotteslästerungen und der Gleichgültigkeit.
Auf der Handfläche seiner von Nägeln durchbohrten Hände
steht der Name derer geschrieben,
die weiter mit ihm gekreuzigt werden.

 

GEBET

Herr Jesus,
der du aus Liebe zu uns an das Holz genagelt wurdest,
schenke uns deine Freiheit.
Lehre uns die Angst vor dem Leiden
durch die Kraft besiegen, die von deinem Kreuz ausgeht.
Laß uns in dieses Geheimnis der Liebe eindringen,
das in Augenblicken der Gnade
auch die bescheidenen Alltagsangelegenheiten verwandelt.
Jesus, am Kreuz erhöht,
ziehe alle an dich, die dein Angesicht suchen;
hilf allen, die an deinen Leiden teilnehmen,
den Sinn ihrer geheimnisvollen Berufung zu entdecken
und dein Leiden und Sterben und den Schmerz der Welt zu teilen.
Dir, Jesus,
Gekreuzigter, auf dessen Antlitz die Barmherzigkeit leuchtet,
gilt unsere gedenkende und dankbare Anbetung,
zusammen mit dem Vater und dem Geist,
heute und in Ewigkeit.

R. Amen.

 

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Fac ut ardeat cor meum
in amando Christum Deum,
ut sibi complaceam
.
ELFTE STATION

Jesus verheißt dem guten Schächer sein Reich

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Lukas. 23, 29-43

Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: »Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns!« Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: »Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan«. Dann sagte er: »Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst«. Jesus antwortete ihm: »Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein«.

MEDITATION

»Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein«(Lk 23,43):
das ist das tröstlichste Wort,
das Jesus im Evangelium verkündet.
Noch ermutigender ist die Tatsache,
daß er sich an einen Verbrecher wendet.
Der gute Schächer hatte mit Sicherheit getötet,
vielleicht sogar mehrmals,
und wußte nichts von Jesus
außer dem, was er von der schreienden Menge gehört hatte.
Aber da hört er die Worte der Vergebung,
die der Mann aus Nazaret an seine Peiniger richtet,
und ahnt, gleichsam blitzartig,
von welchem Reich jener »Prophet« gesprochen hat.
Und sogleich verteidigt er ihn vor dem Spott des anderen Verbrechers
und fleht ihn um das Heil an.
Ein Gefühl der Solidarität
und ein Hilferuf genügten, um ihn zu retten.

Jener Schächer steht stellvertretend für uns alle.
Sein kurzes Abenteuer lehr uns,
daß das von Jesus verkündete Reich
für jeden, der ihn anruft,
nicht schwer zu erreichen ist.

GEBET

Herr Jesus,
dem Verbrecher, der von seinem Kreuz neben deinem zu dir sprach,
hast du das Paradies versprochen;
gedenke auch unser, jetzt, wo du in deinem Reich bist.
Laß zum Trost
deine Verheißung des ewigen Lebens und der ewigen Liebe
zu jeder Frau und zu jedem Mann gelangen,
die dem Tod entgegentreten.

Dir, Jesus,
Verurteilter mit dem gütigen Angesicht,
sei ewig Lob und Dank,
zusammen mit dem Vater und mit dem Geist,
heute und in Ewigkeit.

R. Amen.

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Sancta mater, istud agas,
Crucifixi fige plagas
cordi meo valide..

ZWÖLFTE STATION

Jesus am Kreuz, die Mutter und der Jünger

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Johannes 19, 26-27

Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: »Frau, siehe, dein Sohn!« Dann sagte er zu dem Jünger: »Siehe, deine Mutter!« Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

 

MEDITATION

Maria, du stehst aufrecht zu Füßen des Kreuzes;
der jüngste Jünger steht neben dir.
Mitten in dem Lärm der Soldaten und der Menge
erhebt ihr schweigend den Blick zu Christus.
Maria, hast du die Hände erhoben,
um das Blut, das vom Holz herabtropfte,
Saft des Lebensbaumes, zu sammeln?
Haben deine Tränen die Erde benetzt,
wo allzu viele Mütter ihre Kinder begraben?
Du hast von Anfang an
in deinem Herzen,
in der Stille und in der Verlassenheit,
im Frieden und im Vertrauen
über das nachgedacht, was sahst und hörtest.
Jetzt bietest du der Welt deinen Sohne dar
und nimmst den Jünger auf, den er liebte.
Von jenem Augenblick an nimmt dich Johannes
in die Wohnstatt des Herzens und in sein Leben auf,
und die Kraft der Liebe breitet sich in ihm aus.
Er ist jetzt in der Kirche Zeuge des Lichtes
und enthüllt mit seinem Evangelium die Liebe des Erlösers.

GEBET

Jesus, der du vom Kreuz herab
auf die Mutter und den Jünger blickst,
schenke uns inmitten der Leiden
den Mut und die Freude, dich aufzunehmen
und dir mit vertrauensvoller Hingabe zu folgen.
Christus, Quelle des Lebens,
jeder Gnade und jeder Schönheit,
laß uns dein lächelndes Antlitz schauen,
das Antlitz dessen, der die Welt rettet und sie um Vater führt.
Herr, zu dir steigt unser Lob empor,
angeführt von der Kirche und von deiner Mutter:
laß uns in dem Wahnsinn des Kreuzes
die Verheißung unserer Auferstehung erkennen.
Dir Jesus,
dessen Antlitz in der Stunde der Finsternis leuchtet,
als Antlitz des Meisters, des Sohnes, des Freundes,
gilt unsere Liebe und unsere Dankbarkeit,
zusammen mit dem Vater und mit dem Geist,
in der Zeit, die entflieht, und in der sicheren Ewigkeit.

R. Amen.

 

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Vidit suum dulcem Natum
morientem desolatum,
cum emisit spiritum.
DREIZEHNTE STATION

Jesus stirbt am Kreuz

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.15, 34. 36-37

Und in der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloi, Eloi, lema sabachtani?, Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Einer lief hin, tauchte einen Schwamm in Essig, steckte ihn auf einen Stock und gab Jesus zu trinken. Dabei sagte er: »Laßt uns doch sehen, ob Elija kommt und ihn herabnimmt«. Jesus aber schrie laut auf. Dann hauchte er den Geist aus.

MEDITATION

Niemals
ist uns Jesus so nahe gewesen
wie in seiner Todesstunde,
der bedeutsamsten Stunde in der Geschichte der Menschheit.
Wie einer von uns im Augenblick des Endes,
so befindet sich Jesus in der Ohnmacht, eine Beute der Angst.
Er stirbt allein.
Die Nägel durchbohren sein Fleisch,
aber vor allem seinen Geist.
Hat ihn vielleicht der Vater verlassen?
Er leidet wegen der Qual seiner Mutter,
die auserwählt war, einem Sohn das Leben zu schenken,
den sie sterben sehen muß.
Doch Jesus nimmt, in Liebe und Gehorsam,
den Plan des Vaters an.
Er weiß, daß ohne das Geschenk seines Lebens
unser Tod ohne alle Hoffnung wäre;
die Finsternis der Verzweiflung
nicht zu Licht würde;
der Schmerz nicht in den Trost,
in die Hoffnung auf die Ewigkeit einmünden würde.

GEBET

Danke Jesus,
daß du durch deinen Tod
unseren Tod besiegt hast:
laß die Kreuze all derer, die wie du
durch die Hand anderer Menschen sterben,
sich in Lebensbäume verwandeln.
Danke Jesus,
daß du das Kreuz,
Ort des Leidens und Sterbens,
zum Zeichen unserer Versöhnung mit dem Vater gemacht hast:
laß dein Opfer
alle Tränen auf der Welt trocknen,
vor allem die Tränen derer, die wie deine Mutter
das Kreuz des Todes eines Unschuldigen tragen.
Dir, Jesus,
mit dem am Kreuz geneigten Haupt und dem fast erloschenen Angesicht,
gilt das anbetende und gedächtnisreiche Lob
am Tag, der vergeht,
und am Tag des unauslöschlichen Lichtes.

R. Amen.

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Fac me vere tecum flere,
Crucifixo condolere,
donec ego vixero.

VIERZEHNTE STATION

Jesus wird ins Grab gelegt

V. Adoramus te, Christe, et benedicimus tibi.

R. Quia per sanctam crucem tuam redemisti mundum.

Aus dem Evangelium nach Markus.15, 46

Josef von Arimathäa kaufte ein Leinentuch, nahm Jesus vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang des Grabes.

MEDITATION

Nach dem furchtbaren Donner im Augenblick des Todes
herrscht jetzt die große Stille.
Die Jünger, die in der Nacht
aus Furcht dem Meister verborgen folgten,
fürchten sich jetzt nicht mehr.
Bei Tageslicht
bitten sie Pilatus um den Leichnam Jesu für die Bestattung.
Die Jungfrau des großen Schweigens,
die die gesegnete Frucht in ihrem Schoß getragen hatte
- Ihn, den das Universum nicht fassen kann -,
nimmt den vom Kreuz abgenommenen Leib Jesu
wieder in ihren Schoß:
sie betrachtet ihn anbetend, sie verehrt ihn in ihrem grenzenlosen Schmerz.
Der König schläft, aber seine Braut wacht:
es ist der Ruhetag Gottes.
Zusammen mit dem König schläft auch die Schöpfung
in der Erwartung des Wiedererwachens.
Der Sohn Gottes steigt hinab in die Unterwelt,
um jene, die der Tod festhält, loszukaufen.
Sein Licht erschüttert die Finsternis des Hades.
Die Erde erbebt und die Gräber öffnen sich.
Jesus kommt, die Gerechten zu befreien
und sie zurückzubringen in das Licht der Auferstehung.
Er wurde vom Dunkel des Todes verschlungen,
aber nur, um wieder in die Fülle des Lichtes und des Lebens zurückzukehren.
Wie der Walfisch den Jonas in seinem Bauch behielt,
um ihn nach drei Tagen wieder auszuspeien,
so wird die Erde ihren Rachen öffnen,
um den leuchtenden Leib des Lebendigen freizugeben.

GEBET

Jesus, du hast dich zum Geringsten unter den Menschen gemacht,
du hast dich wie ein Weizenkorn in die Erde fallen lassen.
Nun ist aus diesem Korn
der Baum des Lebens, der das Universum umfaßt, aufgegangen.
Herr, bewirke, daß
so wie sich die frommen Frauen mit Balsam und wohlriechenden Salben
am frühen Morgen zu deinem Grab begeben haben,
auch wir dir entgegengehen
mit dem Aroma und den Wohlgerüchen unserer armseligen Liebe.
Jesus, du wartest in unseren Kirchen:
warte bange auf einen,
der es fertigbringt, klein und demütig zu werden wie du in der Eucharistie,
dich anzubeten und deine Liebe vor den Menschen zu bezeugen,
dich im Armen und Leidenden zu erkennen.
Laß jeden von uns
zu deinem Anbeter und deinem Zeugen werden
im Geheimnis des eucharistischen Tabernakels
und im Sakrament des hungernden, dürstenden, kranken Menschen.
Dir, Jesus,
mit dem ruhigen Angesicht in der strengen Feierlichkeit des Todes,
gilt unsere Liebe und unsere Anbetung,
in dieser Abendstunde und an dem Tag, der keinen Sonnenuntergang kennt.

R. Amen.

Alle:

Pater noster, qui es in cælis:
sanctificetur nomen tuum;
adveniat regnum tuum;
fiat voluntas tua, sicut in cælo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie;
et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris;
et ne nos inducas in tentationem;
sed libera nos a malo.

Quando corpus morietur,
fac ut anime donetur
paradisi gloria. Amen.

Der Heilige Vater richtet sein Wort an die Anwesenden.

Am Ende der Ansprache erteilt der Heilige Vater den Apostolischen Segen:

Dominus vobiscum...

    

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