III Gottes eingeborener Sohn
441
,,Gottessohn" ist im Alten Testament ein Titel, der den Engeln gegeben
wird [Vgl. Dtn 32,8 LXX; Ijob 1,6.], dem auserwählten Volk [Vgl. Ex 4,22; Hos
11,1; Jer 3,19; Sir 36,11; Weish 18,3.], den Kindern Israels [Vgl. Dtn 14,1;
los 2,1.]und seinen Königen [Vgl. 2 Sam 7,14; Ps 82,6.]. Er bedeutet eine
Adoptivsohnschaft, die zwischen Gott und seinem Geschöpf eine besonders innige
Verbindung herstellt. Wenn der verheißene MessiasKönig ,,Sohn Gottes"
genannt wird [Vgl. 1 Chr 17,13; Ps 2,7.], so heißt das dem wörtlichen Sinn
dieser Texte nach nicht unbedingt, daß er mehr als ein bloßer Mensch ist. Jene,
die Jesus als den Messias Israels [Vgl. Mt 27,54.]so bezeichneten, wollten
vielleicht damit nicht mehr sagen [Vgl. Lk 23,47.- 18.].
442 Das gilt nicht
für Petrus, wenn er Jesus als den ,,Messias, den Sohn des lebendigen
Gottes" bekennt (Mt 16,16), denn dieser antwortet darauf feierlich:
,,Nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im
Himmel" (Mt 16,17). Ebenso sagt Paulus im Blick auf seine Bekehrung auf
dem Weg nach Damaskus: ,,Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt
und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte,
damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate
.. .,, (Gal 1,15-16). ,,Und sogleich verkündete er Jesus in den Synagogen und
sagte: Er ist der Sohn Gottes" (Apg 9,20). Dieses Bekenntnis war von
Anfang an [Vgl. 1 Thess 1,10.]das Zentrum des apostolischen Glaubens [Vgl. Job
20,31.]. Als erster hat Petrus diesen Glauben als Fundament der Kirche bekannt
[Vgl. Mt 16,18.].
443 Petrus
konnte den transzendenten Charakter der Gottessohnschaft Jesu, des Messias,
deshalb erkennen, weil Jesus diesen deutlich zu verstehen gegeben hatte. Auf
die Frage seiner Ankläger: ,,Du bist also der Sohn Gottes?"
antwortete Jesus vor dem Hohen
Rat: ,,Ihr sagt es - ich bin es" (Lk 22,70) [Vgl. Mt 26,64; Mk 14,61.].
Schon lange vorher hatte er sich als den ,,Sohn" bezeichnet, der den Vater
kennt [Vgl. Mt 11,27; 21,37-38.]und sich von den ,,Knechten"
unterscheidet, die Gott früher seinem Volk geschickt hatte [Vgl. Mt 21,34-36.],
und der sogar höher steht als die Engel [Vgl. Mt 24,36.]. Er unterschied seine
Sohnschaft von derjenigen der Jünger, indem er nie ,,unser Vater" sagte
[Vgl. Mt 5,48; 6,8; 7,21; Lkl 1,13.], außer um ihnen aufzutragen: ,,So sollt
ihr beten: Unser Vater" (Mt 6,9). Ja, er hob den Unterschied deutlich
hervor. ,,mein Vater und euer Vater (Joh 20,17).
444 Wie die
Evangelien berichten, ertönte in zwei feierlichen Momenten, bei der Taufe und
der Verklärung Christi, die Stimme des Vaters, der ihn als seinen ,,geliebten
Sohn" bezeichnete [Vgl. Mt 3,17; 17,5.]. Jesus nennt sich Gottes
,,eingeborenen [einziggezeugten] Sohn" (Joh 3,16) und bekräftigt damit
seine ewige Präexistenz [Vgl. Joh 10,36.]. Er verlangt, ,,an den Namen des
eingeborenen Sohnes Gottes" (Joh 3,18) zu glauben. Dieses christliche
Bekenntnis erscheint schon im Ausruf des Hauptmanns angesichts des am Kreuze hängenden
Jesus: ,,Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn!" (Mk 15,39). Denn erst
im Pascha-Mysterium kann der Glaubende dem Titel ,,Sohn Gottes" seine
volle Bedeutung geben.
445 Nach der
Auferstehung Jesu tritt seine Gottessohnschaft in der Macht seiner
verherrlichten Menschennatur zutage: Er ist ,,dem Geist der Heiligkeit nach
eingesetzt ... als Sohn Gottes in Macht seit der Auferstehung von den
Toten" (Röm 1,4) [Vgl. Apg 13,33.]. Die Apostel können dann bekennen:
,,Wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes
vom Vater, voll Gnade und Wahrheit" (Joh 1,14).
|